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Der Federmann

Der Federmann

Titel: Der Federmann
Autoren: Max Bentow
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ihm erhalten:
    Jana,
    bin froh, dass wir mal wieder einen Kaffee zusammen trinken konnten. Danke.
    G
    Er hat um sie geworben, dachte er. Dieses Schwein hat versucht, sich an sie ranzumachen.
    Trojan klickte sich noch einmal durch sämtliche Eingänge, aber er fand nichts weiter, was ihm von Bedeutung erschien. Dann öffnete er den Ordner der gesendeten E-Mails, um zu überprüfen, was Jana ihm geantwortet hatte, doch in dem Ordner befanden sich nur noch die E-Mails der letzten drei Wochen, und darin war kein Hinweis auf Brotter zu finden.
    Trojan klappte den Laptop zu und blickte auf die Straße.
    Die üblichen Schaulustigen hatten sich vor den Absperrungen versammelt.
    Ein Kriminaltechniker im weißen Overall trug einen Plastiksack aus dem Haus.
    Trojan dachte angestrengt nach.
    Mit einem Mal kribbelte es in seiner Magengrube, aber er konnte sich nicht erklären, warum.
    Schließlich verließ er den Wagen, um wieder in Brotters Wohnung hinaufzugehen.
    Er wollte die Umgebung auf sich wirken lassen, sich in Brotter hineinversetzen.
    Er musste tief in seine kranke Seele hinabsteigen.

    Die folgenden Stunden erschienen Trojan wie die qualvollsten seines Lebens. Mittlerweile hatten sie aus der Rechtsmedizin die Nachricht bekommen, dass der Kopf zu einer etwa fünfundzwanzigjährigen Frau gehörte, die aller Voraussicht nach bereits vor zwei Jahren ums Leben gekommen war. Es wurde in den Datenbanken nach sämtlichen weiblichen Leichenfunden der vergangenen Jahre gesucht, bei denen ein Kopf fehlte, aber das konnte dauern.
    Es war bereits 17 Uhr, als Landsberg das Team zu einer Besprechung zusammenrief. Sie trugen ihre Ergebnisse zusammen. Je weiter der Tag vorrückte, desto apathischer wurde Trojan. Er versuchte sich immer wieder zusammenzureißen und verschiedene lose Enden in seinem Hirn zu verknüpfen, aber er wusste einfach nicht, wo sie nach Jana suchen könnten. Die überall im Stadtgebiet und an den Stadtgrenzen eingerichteten Straßensperren brachten ebenfalls keinen Erfolg.
    Ständig waren sie in Kontakt mit sämtlichen Dienststellen im Bundesgebiet.
    »Nils?«
    Trojan zuckte leicht zusammen.
    »Entschuldige.«
    »Deine Einschätzung?«
    Er holte tief Luft.
    »Wenn sie noch am Leben ist, dann hält Brotter sie in Berlin versteckt. Einen weiteren Ortswechsel würde er nicht riskieren. In der Nacht hat er wenig Zeit gehabt, also gehe ich von einem Radius von etwa zwanzig Kilometern aus, gemessen ab der Mainzer Straße, wo er mit ihr gegen zehn Uhr abends verschwand. Er hatte drei Stunden Zeit,
sie zu verstecken, um mich dann in der Crellestraße anzutreffen. «
    »Okay, also zwanzig Kilometer, das haben wir bereits. Straßensperren und Polizeistreifen wurden in dem Bereich verstärkt. Was noch?«
    Trojan raufte sich das Haar.
    »Vierundzwanzig Stunden«, sagte er leise. »Länger lässt er sie nicht am Leben. Die frühen Abendstunden sind seine Zeit, zwischen acht und halb neun. Ich vermute, dass er sie auf besondere Art quälen will, länger als die anderen. Sonst hätte er sie nicht verschleppt.«
    Alle Anwesenden schwiegen für einen Moment.
    Wenn seine Einschätzung richtig war, blieben ihnen also nicht mehr als drei Stunden.
    »Warum ausgerechnet sie?«, fragte Stefanie.
    »Sie ist seine Kollegin«, antwortete Trojan kaum hörbar. »Die anderen Frauen ähneln ihr. Aber auf sie ist er besonders fixiert.«
    Schließlich meldete sich Holbrecht zu Wort.
    Er berichtete ausführlich von den Geldbewegungen auf Brotters Konto. Ihm seien einige Überweisungen merkwürdig vorgekommen. Er habe sich bereits von Brotters Geldinstitut sämtliche Namen zu den Kontonummern geben lassen. Er begann die Liste zu verlesen, als Trojan ihn ärgerlich unterbrach.
    »Entschuldige, Dennis, aber das führt uns wirklich nicht weiter. Sollte Brotter noch eine zweite Wohnung angemietet haben, in der er Jana Michels versteckt hält, wird er nicht so blöd sein, die Mietzahlungen über sein Konto laufen zu lassen.«

    Er sah, wie Holbrecht die Röte ins Gesicht stieg.
    »Trojan hat recht«, murmelte Landsberg. »Weiter, wer hat noch was Wichtiges?«
    Trojan stand auf und ging zur Tür.
    »Wo willst du hin, Nils?«
    »Wir reden und reden«, zischte er, »das bringt doch alles nichts.«
    Er hörte noch, wie ihm Landsberg etwas nachrief, aber da war er schon draußen auf dem Flur. Er eilte die Treppe hinunter, verließ das Kommissariat und stieg in seinen Wagen.
    Wenn ich Brotter wäre, dachte er, was würde ich tun? Wohin würde ich mich
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