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Der FC Bayern und seine Juden

Der FC Bayern und seine Juden

Titel: Der FC Bayern und seine Juden
Autoren: Dietrich Schulze-Marmeling
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Bayern zeigt aber, dass es noch andere Möglichkeiten gab, Anstand zu bewahren.
    Die Nazis blieben dem FC Bayern gegenüber bis zum Schluss skeptisch bis ablehnend. Wohl wissend, dass es in dem Klub unverändert Mitglieder gab, die ihren ehemaligen jüdischen Präsidenten nicht vergessen hatten und das Regime nicht mochten. Am 9. April 1943 wurde mit dem Bankier Josef Sauter erstmals ein überzeugter Nationalsozialist an die Spitze des Klubs gehievt. Sieben Monate später bestritten die Bayern ein Freundschaftsspiel im Züricher Hardtturmstadion, auf dessen Tribüne auch der emigrierte Kurt Landauer saß. Die Spieler ließen es sich nicht nehmen, ihrem Ex-Präsidenten zuzuwinken, was einer Ohrfeige für Sauter und seine Hintermänner gleichkam.
    Die Rache folgte ein halbes Jahr später. Als der FC Bayern im Mai 1944 südbayerischer Meister wurde, der einzige halbwegs erwähnenswerte Titel für den Klub in den NS-Jahren, lehnte der nationalsozialistische Oberbürgermeister eine Ehrung der Meisterelf mit der Bemerkung ab, »dass der FC Bayern bis zur Machtübernahme von einem Juden geführt worden ist«. Elf Jahre, nachdem Kurt Landauer sein Amt als Präsident »mit Rücksicht auf die staatspolitische Neugestaltung der Verhältnisse« niedergelegt hatte, und fünf Jahre nach seiner Flucht in die Schweiz war für die Nazis noch immer Kurt Landauer – und nicht Parteigenosse Sauter – die prägende Figur des FC Bayern.
    Der verspätete Rekordmeister
    Ohne die Jahre des Nationalsozialismus hätte der Aufstieg des heutigen Rekordmeisters zum Branchenführer des deutschen Profifußballs möglicherweise deutlich eher begonnen. Zumindest aber hätte der FC Bayern auf seinen zweiten nationalen Meistertitel nicht bis 1969 warten müssen, also 37 lange Jahre.
    Obwohl die Nazi-Periode zunächst einmal die weitgehende Zerstörung seiner liberalen Fußballkultur bedeutete, lässt sich beim FC Bayern doch deutlicher als bei vielen anderen Klubs ein roter Faden der Geschichte ausmachen. Je intensiver man sich mit der Zeit vor 1933 beschäftigt, desto augenscheinlicher werden die Übereinstimmungen des FC Bayern der Ära Kurt Landauer mit dem heutigen Klub.
    Der FC Bayern der Jahre 1900 bis 1933, zumal der Jahre 1919 bis 1933, war von seinem Denken her nicht so viel anders als der moderne FC Bayern. Die Identität des heutigen FC Bayern wurde zu Teilen bereits von Kurt Landauer geprägt. Unter dem »bayerischen Urgestein« Landauer wurde der FC Bayern ein »Volksverein«, blieb aber vornehm und bewahrte sich einen Rest an »Anderssein«. Der FC Bayern avancierte zu einer modernen und treibenden Kraft im deutschen Fußball. Eine Tradition, die spätestens mit dem Manager Uli Hoeneß wieder aufgenommen wurde. Es sind die Jahre 1933 bis 1945, und in sportlicher Hinsicht noch die sich anschließende Zeit bis 1963, bis zur Einführung der Bundesliga, die aus dem Rahmen fallen.
    Dieses Buch erzählt in groben Zügen die Geschichte des FC Bayern und seiner Juden. Zwangsläufig müssen dabei die politischen Entwicklungen in Deutschland, Bayern und München sowie die allgemeineren Tendenzen im deutschen Fußball mitbetrachtet werden. Dazu gehören auch der enorme Einfluss, den das Auftreten ungarischer (und vielfach jüdischer) Spitzenkicker in München auf den FC Bayern hinterließ; und natürlich die Konflikte, die moderne Klubs wie der FC Bayern München mit der Führung des DFB um die Frage des Berufsfußballs ausfochten.
    Auch werden einige Klubs gestreift, denen die Münchner auf dem Spielfeld begegneten und die ebenfalls, einige in einem noch stärkeren Maß als die Bayern, als »Judenklubs« galten. So vor allem eine Reihe von Klubs aus Wien (Austria, WAC), Budapest (MTK, VAC) und Prag (DFC, Slavia), den Metropolen des sogenannten Donaufußballs, aber auch die AS Rom, der Racing Club de Paris oder die Tottenham Hotspurs. Selbst in Deutschland stand der FC Bayern mit seinen jüdischen Funktionsträgern und Mitgliedern unter den Spitzenklubs nicht alleine, wie u.a. die Beispiele Eintracht Frankfurt und 1. FC Nürnberg zeigen. Die Begegnungen mit diesen Klubs verdeutlichen, wie reichhaltig die kontinentaleuropäische Fußballkultur vor 1933 war – und wie viel sie durch den Nationalsozialismus und dessen europaweiten Vernichtungsfeldzug gegen die jüdische Bevölkerung anschließend verlor.
    Aber die Geschichte des FC Bayern und seiner Juden endet nicht 1933 und auch nicht mit dem Holocaust. Die letzten Kapitel des Buches widmen sich
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