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Der FC Bayern und seine Juden

Der FC Bayern und seine Juden

Titel: Der FC Bayern und seine Juden
Autoren: Dietrich Schulze-Marmeling
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Die Sport-und Fußballvereine waren gewissermaßen Studentenverbindungen ohne Antisemitismus.
    Der FC Bayern und seine Juden
    Der FC Bayern der Jahre 1900 bis 1933 war ein – zumindest für die damaligen Verhältnisse – weltoffener und liberaler Klub, in dem auch Juden eine Heimat fanden. Religiöse und nationale Zugehörigkeit spielten in seinen Reihen keine Rolle.
    Zu den Gründern der Fußballabteilung des Männer-Turn-Vereins von 1879, der Keimzelle des späteren FC Bayern, gehörte der bereits vorgestellte Walther Bensemann. Auch der süddeutsche Fußballpionier und DFB-Mitbegründer Gus Manning gab entscheidende Anstöße zur Gründung des FC Bayern und fungierte in den ersten Jahren des Klubs mit seinem Freiburger FC als Pate. 1913 wurde Manning erster Präsident des nationalen Fußballverbands der USA und nach dem Zweiten Weltkrieg erstes US-amerikanisches Mitglied des FIFA-Exekutivkomitees .
    Mindestens zwei der 17 Unterzeichner der Gründungsurkunde des FC Bayern waren Juden: Joseph Pollack, auch erster Schriftführer und erster Torjäger in der Geschichte des Klubs, und Benno Elkan, der später zu einem berühmten Bildhauer avancierte. Nur drei Jahre nach seiner Gründung leistete sich der FC Bayern mit dem niederländischen Sportpionier Willem Hesselink einen ausländischen Präsidenten. 1911 wurde dann der Jude Kurt Landauer erstmals Präsident des FC Bayern. Unter dem langjährigen Präsidenten Landauer errang der FC Bayern 1932 seinen ersten deutschen Meistertitel. Trainer der Meisterelf war der österreichisch-ungarische Jude Richard Dombi, drei seiner Vorgänger – Izidor »Dori« Kürschner, Leo Weisz und Kálmán Konrád – waren Glaubensbrüder. Die Nachwuchsarbeit des FC Bayern wurde in den Jahren der Weimarer Republik maßgeblich vom Münchner Juden Otto Albert Beer geprägt. Und unter dem Dach des Klubs kickten auch die Betriebsmannschaften der jüdischen Kaufhäuser Hermann Tietz und Uhlfelder.
    Bensemann, Manning, Pollack, Elkan, Landauer, Beer, Dombi, Kürschner, Weisz und Konrád waren nicht die einzigen Juden, die mit dem FC Bayern in irgendeiner Weise assoziiert waren. Fünf Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg führt eine Festschrift des Klubs namentlich sieben Bayern-Mitglieder auf, die Opfer des NS-Regimes wurden. Ein achtes Mitglied wurde vergessen. Mindestens sechs der acht Opfer – darunter der bereits erwähnte Otto Albert Beer sowie die Landauer-Brüder Leo und Franz – waren Juden.
    Weiterhin heißt es, dass »eine nicht unerhebliche Anzahl alter und bewährter Mitglieder aus ihrem einstigen Vaterland und aus München vertrieben (wurde). Sie mussten draußen sich neue Existenzen gründen und sind uns dadurch vielfach verloren gegangen.« (Hervorhebungen durch den Autor)
    Ein »Judenklub« waren die Bayern aber nicht. Juden bildeten stets nur eine kleine Minderheit im Klub. Andere Adressen wie beispielsweise Ungarns Nummer eins MTK Budapest, der für die spielkulturelle Entwicklung des FC Bayern eine wichtige Rolle spielte, wiesen erheblich mehr Juden in ihren Reihen auf. In Deutschland gilt dies vermutlich für Eintracht Frankfurt und vor allem für Tennis Borussia Berlin. Der Berliner Klub, erste Trainerstation der späteren Reichsbzw. Bundestrainer Otto Nerz und Sepp Herberger, verlor durch die nationalsozialistische Machtübernahme etwa ein Drittel seiner Mitglieder. Und schon gar nicht darf man den FC Bayern mit exklusivjüdischen Zusammenschlüssen wie den Hakoah- und Makkabi-Vereinen verwechseln.
    Die Bedeutung des FC Bayern bestand darin, dass er Juden in seinen Reihen nicht nur willkommen hieß, sondern ihnen auch keine geringeren Aufstiegs- und Pronlierungsmöglichkeiten bot als ihren christlichen Klubkameraden. Das zählte nicht wenig, denn München war eine Stadt, die, gemeinsam mit dem Land Bayern, nach dem Ersten Weltkrieg eine Vorreiterrolle bezüglich antisemitischer Maßnahmen praktizierte. In Münchens Verwaltung wie Öffentlichkeit grassierte schon sehr früh eine antisemitische Stimmung, bereits 1920 wurden Hunderte von Juden vertrieben. Im selben Jahr konstituierte sich dort die NSDAP, die Stadt war im November 1923 Schauplatz eines nationalsozialistischen Putschversuches, begleitet von der Terrorisierung der jüdischen Bevölkerung, und an der Münchner Universität wurde bereits Mitte der 1920er Jahre die Präsenz von Juden ganz offen in Frage gestellt. In einer Stadt, in der sich – als Reaktion auf die Repressalien – ein jüdisches Eigenleben in
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