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Der falsche Freund

Titel: Der falsche Freund
Autoren: Nicci French
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ob Sie es glauben oder nicht.«
    Er schüttelte lächelnd den Kopf.
    »Mr. Block macht gerade seine Aussage. Ein paar Telefonate, dann können wir diese Farce beenden. Wenn Sie meine ehrliche Meinung hören wollen …« In dem Moment wurde Pryor vom Klingeln seines Handys unterbrochen. Mit einem genervten Seufzer zog er es aus der Tasche. »Ja?«
    Plötzlich änderte sich sein Gesichtsausdruck. »Was sagen Sie da?« Er warf mir einen raschen Blick zu. Seine Augen wirkten plötzlich seltsam glasig. »Ja, ich komme sofort.«
    Nachdem er das Gespräch beendet hatte, murmelte er Brett etwas zu, stürmte dann aus dem Raum und knallte die Tür hinter sich zu. Brett schnitt eine Grimasse. Ich glaube, im Großen und Ganzen war er auf meiner Seite. Er folgte Pryor. Endlich war ich mal ein paar Minuten allein. Ich ließ mich auf mein Kissen sinken, starrte zur Decke und versuchte meinen Kopf von alldem zu befreien. Plötzlich hatte ich das Gefühl, mich in einer ganz anderen Welt zu befinden, in der mich diese Ereignisse und Probleme nicht mehr betrafen. Als die Tür wieder aufging, wandte ich nur leicht den Kopf. Es war eine weitere Polizeibeamtin. Sie setzte sich in die Ecke, unternahm aber keinen Versuch, ein Gespräch mit mir anzufangen. Ich versuchte zu schlafen, aber das war hoffnungslos. Trotzdem schloss ich die Augen, damit sie mich in Ruhe ließen.
    Etwa nach einer Stunde ging die Tür erneut auf, und jemand trat an mein Bett.
    »Sind Sie wach?«
    Ich schlug die Augen auf. Brett.

    »So halb«, antwortete ich. »Was ist los? Sie sehen so fröhlich aus.«
    »Entschuldigung«, sagte er. »Wie fühlen Sie sich?«
    »Ich weiß nicht so recht.«
    »Morgen wird es schlimmer sein.«
    »Ja, das hat mir der Arzt auch schon gesagt. Sie haben mir Tabletten gegen die Schmerzen gegeben.« Wir schwiegen einen Moment. »Was ist passiert? Was war denn plötzlich mit Pryor los?«
    Auf Bretts Gesicht breitete sich ein Lächeln aus.
    »Er ist im Augenblick kein sehr glücklicher Mann«, antwortete er. »Meine Kollegin hat mit Naomi Stone gesprochen. Nur um zu sehen, ob sie sich wegen des Alibis auch wirklich sicher ist. Sie hat Ms. Stone von den Haaren erzählt, die am Tatort gefunden wurden. Und von dem Messer.«
    »Und?«
    »Sie hat ihr Alibi zurückgezogen. Und es kommt noch besser: Wir haben das dunkelblaue Hemd gefunden.«
    »Wo?«
    »Es war nicht bei seinen anderen Sachen, sondern steckte ganz unten in einer Mülltüte vor seinem Haus. Es hat ein paar Flecken. Sie müssen zwar erst noch genauer untersucht werden, aber wir wissen bereits, dass es sich um Blut handelt.
    Menschliches Blut.«
    »Meines?«
    »Wir werden sehen. Ich habe zu Rob Pryor gesagt, dass er kommen und sich bei Ihnen entschuldigen soll.«
    »Was hat er geantwortet?«
    »Dass er zu einem wichtigen Termin muss. Es ist noch nicht offiziell, aber ich glaube, ich kann Ihnen trotzdem schon verraten, dass wir morgen früh Anklage gegen Mr. Block erheben werden.« Er nahm meine Hand. »Wir lassen Sie jetzt allein.«
    Brett und die Polizistin verließen den Raum. Bevor sie die Tür hinter sich zuzogen, schalteten sie das Licht aus. Ich dachte noch eine Weile über alles nach, versuchte meine Gedanken zu ordnen, aber inzwischen war ich so müde, dass ich bald in einen traumlosen Schlaf sank.

    41. KAPITEL
    Ich verbrachte viel Zeit damit, einen geeigneten Ort auszuwählen. Zuerst dachte ich an einen Platz mit vielen Menschen, Oxford Street oder Trafalgar Square. In einer Menschenmenge konnte man sich zumindest verlieren, namenlos und unsichtbar werden. Aber ich verwarf den Gedanken gleich wieder. Als Nächstes zog ich eine Autobahnraststätte in Betracht, wo man auf einem Parkplatz stehen oder an einem Ecktisch neben einem Fenster sitzen und Doughnuts essen und dazu bitteren Kaffee trinken konnte. Aber an einer solchen Raststätte machten zu viele Menschen Halt, und schon ein Einziger genügte. Vielleicht vor einer U-Bahn-Station in irgendeinem Vorort, an der Endstation, wo London langsam ausläuft, man aber trotzdem noch nicht auf dem Land ist. Oder irgendwo auf einer sumpfigen Wiese. Ich konnte die Strecke vorher abfahren und dann eine detaillierte Wegbeschreibung formulieren: die M11 bis Junction 10, dann die A 505 in östlicher Richtung. Eine Mülldeponie, eine Wäscherei in einer tristen Kleinstadt, ein Rastplatz an einer Schnellstraße, ein Wald in der Nacht …
    An einem schönen und klirrend kalten Neujahrstag stand ich ganz früh auf. Bevor ich ging, küsste ich
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