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Der falsche Freund

Titel: Der falsche Freund
Autoren: Nicci French
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seinen Fingern hin und her. »Ich wünsche mir, dass du meine Frau wirst, Miranda.«
    Glück blubberte in mir hoch wie eine unterirdische Quelle, die den Weg an die Oberfläche gefunden hatte. Ein unerwartetes, unverdientes Glück, das in mein durch Verluste geprägtes Leben getreten war, als ich ihn kennen lernte.
    »Ich möchte Kinder mit dir haben …«, fuhr er fort.
    »Don«, sagte ich.
    »Ich möchte mit dir alt werden. Nur mit dir. Mit niemand anderem als mit dir. So, jetzt weißt du es.«
    »Oh«, antwortete ich.
    »Ich habe so was noch nie gesagt.« Er schnitt eine Grimasse und rieb sich die Augen. »Eigentlich wärst du jetzt mit einer Antwort dran, glaube ich.«
    »Hör zu, Don«, begann ich.
    »Ich höre.«
    Ich beugte mich vor, nahm sein wundervolles, kluges, liebes Gesicht in beide Hände und küsste ihn erst auf die Augenlider und dann auf den Mund.
    »Ich liebe dich«, sagte ich. »Ich liebe dich sehr. Sehr, sehr, sehr. Nur dich.«

    »Das ist gut«, antwortete er.
    »Kannst du ein bisschen warten?«
    »Warten?«
    »Ja.« Ich wich seinem Blick nicht aus.
    »Natürlich kann ich warten – aber bedeutet das, dass du dir nicht sicher bist? Was mich betrifft, meine ich?«
    »Nein. Das bedeutet es überhaupt nicht.«
    »Was dann?«
    »Ich bin mir meiner Gefühle für dich absolut sicher. Früher habe ich mich immer gefragt, woran man wohl erkennt, dass es der Richtige ist. Inzwischen weiß ich es.«
    »Warum willst du dann warten?«
    »Das ist ziemlich kompliziert«, antwortete ich ausweichend.
    »Hast du Angst?«
    »Du meinst, mich zu binden oder so was?«
    »Nicht direkt. Aber vielleicht hast du nach allem, was du durchgemacht hast, das Gefühl, dass es falsch ist, glücklich zu sein.«
    »Nein, das ist es nicht.«
    »Oder vielleicht glaubst du, dass du immer noch in Gefahr bist und damit jeder, der mit dir zusammen ist, ebenfalls. Wir haben darüber schon ein paarmal gesprochen – dass du das Gefühl hattest, die anderen anzustecken. Ist es das? Hast du Angst, dass jeder, den du liebst, sterben muss?«
    »Du bist der Psychologe«, antwortete ich.
    »Ich habe damit nämlich kein Problem«, erklärte er. »Das ganze Leben ist ein Risiko. Man muss sich nur entscheiden, auf welche Art von Risiko man sich einlassen möchte. Ich habe mich schon vor langer Zeit entschieden. Jetzt musst du es auch tun.«
    Ich legte meine Hände über seine, drehte seine Handflächen nach oben und küsste sie. »Ich habe mich entschieden«, sagte ich.
    »Du weinst ja«, stellte er fest. »In dein Essen.«
    »Tut mir Leid.«
    »Natürlich werde ich warten.«

    Ich habe einen Mann kennen gelernt. Don. Ich wünschte, du könntest ihn auch kennen lernen. Ich glaube, du würdest ihn mögen. Er würde dich bestimmt mögen. Das ist ein ganz seltsames, beunruhigendes Gefühl – ach, ich weiß auch nicht, irgendwie kommt es mir einfach nicht richtig vor, dass ich wieder jemanden liebe. Ich hätte nie gedacht, dass mir das noch mal passieren würde – nicht nach alldem. Ich dachte, das wäre für mich endgültig vorbei. Und manchmal – nein, eigentlich sogar ziemlich oft – habe ich plötzlich das panische Gefühl, dass es wirklich nicht richtig ist. Glücklich zu sein, meine ich, obwohl du nicht mehr bei mir bist, Laura nicht mehr lebt und Mum und Dad völlig am Ende sind und so viele Menschen gelitten haben.
    Durch meine Schuld. Zumindest denke ich das. Ich habe alle mit diesem ganzen Schrecken angesteckt. Du würdest über diesen Satz wahrscheinlich süffisant grinsen, ich sehe dein Gesicht förmlich vor mir, aber ich habe trotzdem Recht. Du wirst mir immer fehlen, Troy. Jede Minute jedes Tages jeder Woche jedes Jahres, das mir noch bleibt. Wie kann ich mir da erlauben, wieder glücklich zu sein? Vielleicht ist das gar nicht möglich.
    Wir werden sehen.

    40. KAPITEL
    Meine Augen waren fest geschlossen, mein Atem ging stoßweise. Mein Herz schlug so schnell, dass mein ganzer Körper zu surren schien. Ich schwitzte. Den Schmerz spürte ich kaum, auch wenn ich wusste, dass er da war. In meinem Gesicht, im Bereich des Kinns. Ich schmeckte Blut, warm und metallisch. Mein Hals hatte auch etwas abbekommen. Meine Rippen schmerzten, wahrscheinlich hatte ich Blutergüsse. Meine Augen waren noch immer geschlossen, aus Angst vor dem, was ich sehen würde. Ich hörte jemanden kommen, spürte die Schritte auf der Treppe. Die Finger, die mich schließlich berührten, strichen nur ganz sanft über mein Gesicht und meine Wangen, ließen mich aber
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