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Der Fall Struensee

Der Fall Struensee

Titel: Der Fall Struensee
Autoren: Rita Hausen
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meiner Kritik nicht nachließ, bewegte man König Christian VI. dazu, mich vom Hofe zu entfernen. Es ist schwierig etwas gegen Kirche und Obrigkeit zu sagen, da zieht man leicht den Kürzeren.“
    „Aber warum werden denn die Bauern so schlecht behandelt? Sie sind doch wichtig, da sie für Nahrung sorgen.“
    „Die Bauern haben das Land vorwiegend nicht als freies Eigentum, sondern sie haben nur ein Nutzungsrecht. Dafür müssen sie dem Grundherrn und dem Gerichtsherrn mannigfache Abgaben und Leistungen entrichten. Dazu gehören: Grundzinse, Frondienste und der Zehnte.
    Der Frondienst ist so umfangreich, dass die Bauern nicht dazu kommen, ihr eigenes Land zu bestellen. Und von dem, was sie erwirtschaften, sollen sie auch noch den Zehnten abgeben. Es bleibt ihnen oft nicht das Nötigste zum Leben. Auf ihnen liegt eine schier unerträgliche Last. Deshalb fliehen viele, wenn sie können. Sie gehen in die Stadt und suchen dort Arbeit. Aber das ist auch nicht einfach, oft finden sie kein Auskommen und es bleibt ihnen nichts anderes übrig, als betteln zu gehen.
    Als ich mit dem königlichen Hof in Frederiksborg war, wurde ich zu einem Bauern in der Umgebung gerufen, der fürchterlich zugerichtet war. Ihm waren Zähne ausgeschlagen worden und er hatte Platzwunden im ganzen Gesicht. Ich versorgte seine Wunden und fragte ihn, wer ihm das angetan hatte. Da erzählte er mir, was passiert war. Er war in der Scheune, um mehrere Latten, die sich gelöst hatten, festzunageln. Seine Frau war nicht da, sie war zur Nachbarin gegangen. Da hörte er seinen Hund wie verrückt bellen, bald darauf winseln und erneut bellen. Er ging zum Tor, da kam ihm auch schon ein Kerl mit dunklem Umhang und breitkrempigem Hut entgegen, gleich darauf ein zweiter. Vor seiner Kate standen ein Ochsenkarren und vier Pferde. Sie packten ihn ohne ein Wort zu sagen und schleiften ihn zum Haus. Er schrie verzweifelt: „Wer seid ihr? Was wollt ihr von mir?“ Sie trieben ihn mit Faustschlägen über die Schwelle, zerrten ihn hinein und schlossen die Tür. Sie waren zu fünft. Der Anführer antwortete jetzt: „Ich bin der Reitvogt deines Gutsherrn. Wir sind gekommen, die Abgaben einzufordern.“ Er drückte ihn auf einen Stuhl, lehnte sich an den Küchentisch und sagte mit drohendem Unterton in der Stimme: „Du hast im letzten und im vorletzten Jahr deine Abgaben nicht entrichtet. Und das missfällt unserem Herrn. Dabei hat er dir sogar Geld für Saatgut geliehen. Also her mit dem Zehnt auf dein Korn für dieses Jahr.“ Der Bauer begann vor Angst zu zittern und klagte: „Es war kein guter Sommer. Ich habe nichts. Die Fronarbeit war zu lang, mir blieb keine Zeit, die eigenen Felder zu bestellen.“
    „Das sagen alle, wenn ich komme und den Zins eintreibe. Aber das hilft dir nichts. Du wirst schon sehen, was jemandem zustößt, der seine Schulden nicht bezahlt.“ Er schlug ihm mehrmals mit dem Peitschenstiel hart ins Gesicht. Ihm lief das Blut in die Augen und aus dem Mund. Der Vogt sagte: „Wir werden alles, was du hast, mitnehmen. Du wirst deine Lektion erhalten. Und du darfst zusehen, wie wir aufladen.“ Dann zerrte er ihn hinaus und band ihn mit den gefesselten Händen an den Querbalken des Scheunentors. „Wir sorgen dafür, dass unser Herr seinen Zehnten erhält.“
    Dann befahl er seinen Männern, mit dem Aufladen zu beginnen. Sie führten die Kuh aus dem Stall. Sie zogen die drei Schafe über den Hof zum Wagen, sie fingen die Hühner ein. Mit jedem Stück Vieh, das ihm genommen wurde, verlor der Bauer ein Stück Leben. Sie schleppten Korb für Korb vorbei und er musste mit schreckgeweiteten Augen zusehen, wie die magere Ernte fortgeschafft wurde. Es gab nur wenige Vorräte an Bohnen, Hirse, Erbsen und Zwiebeln. Und diese wurden nun auf den Karren geladen. Er begann laut zu lamentieren, da schlugen sie ihn mit der Peitsche und sagten, er solle das Maul halten. Sie entdeckten im Regal in der Küche einen verschlossenen Krug mit Branntwein. Lachend kosteten sie davon und nahmen ihn auch mit.
    Zum Schluss schleiften sie drei prall gefüllte Säcke zum Karren. Der Bauer rief schluchzend: „Nein, nicht das Saatkorn, bitte …“ Der Anführer fuhr ihn an: „Glaub ja nicht, dass deine Schulden damit beglichen sind. Also arbeite fleißig und leg nächstes Jahr mehr als den Zehnten zurück.“ Er ging über den Hof und sprang auf den Kutschbock. „Und versuch bloß nicht, davonzulaufen. Wir würden dich überall finden, uns entkommst du nicht. Und dann
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