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Der Fall Peggy: Die Geschichte eines Skandals (German Edition)

Der Fall Peggy: Die Geschichte eines Skandals (German Edition)

Titel: Der Fall Peggy: Die Geschichte eines Skandals (German Edition)
Autoren: Ina Jung , Christoph Lemmer
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Beamten noch ein Foto von Peggy aus.
    *
    Nicht nur in Lichtenberg stehen in der Nacht vom 7. auf den 8. Mai 2001 Ermittler vor der Tür überraschter und verschlafener Menschen. Auch fünfzehn Kilometer entfernt in Schwarzenbach am Wald, wo Peggys Urgroßmutter Ruth und ihr Opa Horst wohnen, wird gründlich nach dem Mädchen gesucht. Die Polizisten durchforsten das ganze Haus samt Keller und auch den Garten mit der Laube. Ohne Ergebnis.
    Und im mittelfränkischen Heroldsberg klingeln zwei Beamte der Polizeidienststelle Erlangen gegen 3 Uhr morgens Martin Schwarz aus dem Bett. Peggys leiblicher Vater öffnet das Schlafzimmerfenster zur Straße, um nachzusehen, wer um diese Uhrzeit geläutet hat. Die Beamten rufen vom Bürgersteig herauf, ob er der Vater von Peggy sei und etwas über ihren Verbleib wisse – das Kind sei offenbar »stiften gegangen«. Schwarz reagiert überrascht. Er könne dazu nichts sagen, er habe seine Tochter seit Jahren nicht gesehen, erklärt er den Beamten, denen diese Antwort fürs Erste ausreicht. Sie verschwinden ohne weitere Nachfrage und ohne die Wohnung, in der Schwarz mit seiner Frau Ines lebt, durchsucht zu haben.

    Gegen 3.30 Uhr setzt sich Ahmet Yilmaz an den Computer in der Wohnung am Markplatz 8 und erstellt Fahndungsplakate. Eines ist mit dem Datum des 7. Mai versehen, das andere mit dem des Folgetages. Über den Fotos von Peggy steht in großen Lettern: »Gesucht wird PEGGY KNOBLOCH/BITTE HELFEN SIE MIT. Vermisst seit 07.05.01 bzw. 08.05.01 ca. 14 UHR. Bitte hinweise [kleingeschrieben] an die Polizei ODER [hier folgt seine Handynummer]«.
    Zur gleichen Zeit brechen die Einsatzkräfte aus Hof die Suche im Gelände um den Freizeitpark ab – ohne Ergebnis.
    Um 4 Uhr klingelt Susanne Knoblochs Telefon. Für einen kurzen Moment keimt Hoffnung auf. Aber es ist nur ein Beamter, der von ihr wissen will, ob sie ihr Einverständnis zu einer Öffentlichkeitsfahndung mit Namensnennung und Bild geben würde. Die Mutter willigt ein.
    Gut eine Stunde später ruft Susanne bei ihrer Mutter Renate an. Diese gibt später zu Protokoll:
Am 8. Mai, 5.15 Uhr hat bei uns zu Hause das Telefon geklingelt, und Susanne hat mir gesagt, dass Peggy fort ist. Ich weiß die Uhrzeit deshalb noch so genau, weil ich auf die Uhr geschaut habe, weil ich normalerweise erst um halb sechs aufstehe und sonst niemand um eine solche Uhrzeit anruft. Meine Tochter sagte mir unter Tränen: »Die Peggy ist weg.« Ich fragte: »Wie weg.« Sie sagte: »Na weg«, und ich sagte: »Sie kann doch nicht einfach weg sein.« Ich musste mich dann erst einmal setzen und Luft holen.
    Wenig später geht für die Polizisten der Einsatz in jener Nacht zu Ende. Um 5.49 Uhr gibt die Kripo-Inspektion Hof unter dem Vermerk »EVAP Vermisste/abgängige Person« eine Lagemeldung heraus, laut der »in Lichtenberg die neunjährige Schülerin Peggy Knobloch, geb. 6.4.92, wh. Lichtenberg, Marktplatz 8, nach der Schule nicht nach Hause kam und seitdem vermisst wird«. Sie sei nur 300 Meter von ihrer Wohnung entfernt zuletzt gesehen worden. »Dort dürfte sie nie angekommen sein.«

Kapitel 2
    Wer ist Peggy Knobloch?
    P eggy Knobloch, Kosename »Schnecke«, kam am 6. April 1992 in Bayreuth auf die Welt. Ihre Mutter, gerade einmal 19 Jahre alt, hatte Nachwuchs zwar nicht geplant, aber als die Schwangerschaft feststand, wollte sie das Kind unbedingt bekommen. Vielleicht, weil sie hoffte, so etwas wie Familie leben zu können. Der eigenen Familie – die Eltern hatten sich bereits 1975 scheiden lassen – hatte Susanne noch als Minderjährige den Rücken gekehrt, ihre Mutter hatte dem Auszug schriftlich zustimmen müssen. Sie habe »ihr eigenes Ding machen«, sich abnabeln wollen, sagt ihre Mutter Renate. »Sie arbeitete dann bei einer Zeitungskolonne als Drücker. Sie wollte selbständig sein, aber es ging vor allem darum, dass sie das Geld brauchte.«
    Hier begegnete sie schließlich Martin Schwarz, die beiden kamen sich näher. Der junge Mann aus Mecklenburg-Vorpommern war kurz vor der Wende über Ungarn in die Bundesrepublik geflohen und in Norddeutschland gelandet. Der gelernte Betriebsschlosser, der große Hoffnungen in den vermeintlich goldenen Westen setzte, hatte sich auf eine Anzeige in einer Tageszeitung gemeldet: 18- bis 25-jährige Mitarbeiter gesucht. Keine Vorbildung nötig, sehr gute Bezahlung. Das klang vielversprechend, war es aber nicht. Hinter der Anzeige steckte ebenjene Drückerkolonne, bei der Susanne bereits arbeitete. Ein hartes
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