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Der Falke des Lichts

Der Falke des Lichts

Titel: Der Falke des Lichts
Autoren: Gillian Bradshaw
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blieb in der Halle, um sich auszuruhen, da er ja offiziell ein Krieger war, und ich sah ihn erst spät am nächsten Tag wieder.
    Nachdem Lot sich mit seinen Männern wieder in Dun Fionn eingelebt hatte, begann er auf den Krieg des nächsten Jahres hinzuarbeiten.
    Es würden offenbar Kämpfe werden, die mehrere Jahre dauerten, und solch ein Unternehmen war teuer.
    Die Beute, die in diesem Sommer gemacht worden war, würde noch nicht einmal ausreichen, um die Kämpfe zu bezahlen, in denen sie gewonnen worden war, geschweige denn für neue Waffen. Und die Ernte war schlecht gewesen. Mein Vater erhöhte den Tribut, soviel er sich getraute, und das Volk murrte. Seit neunzehn Jahren hatte es keinen Krieg dieses Ausmaßes mehr gegeben, und sie waren nicht daran gewöhnt.
    Kurze Zeit versuchte Agravain, unserem Vater zu helfen, aber dann fand er Staatsgeschäfte langweilig und wandte sich wieder seinen Waffen zu. Er ritt aus, oder er machte Jagdausflüge. Ich war nicht überrascht. Agravain mußte Taten sehen, schnell und vorzugsweise mit Gewalt verbunden. Er brauchte das, einfach um sich beschäftigt zu halten. Staatsgeschäfte dagegen bieten Übung für den Verstand, das Organisationstalent, die Überlegungsgabe und das Fingerspitzengefühl, und direkte Aktionen gab es selten. Mein Vater war gerissener als ein Fuchs, und er genoß den komplizierten Prozeß, durch den er seine Unterkönige immer wieder zum Gehorsam verpflichtete und sie dazu brachte, ihm Tribut zu zahlen. Er liebte es, durch Klugheit ihre Kriege und Blutfehden zu verhüten, während er gleichzeitig ihre Gunst behielt und daher seine eigene Stellung. Agravain verstand die zarten, empfindlichen Strukturen von Lots »Spiel« nicht, es ermüdete ihn schnell, und er rannte dann hinaus und suchte Unterhaltung. Er ging jagen, aber mich vergaß er nicht.
    Ein paar Wochen, nachdem das Heer zurückgekehrt war, gegen Ende November, kam er in den Hof des Hauses der Knaben, während ich mit meinen Waffen übte. Ich arbeitete wieder mit den Wurfspeeren. Es ist schwieriger, einen Speer beim Laufen gerade zu werfen, als ein Schwert zu beherrschen, aber es ist wichtig, auch das zu können. Deshalb verbrachte ich den größten Teil meiner Übungszeit damit, Speere auf eine Strohscheibe zu schleudern, manchmal darauf zulaufend, manchmal stehend. Diesmal stand ich.
    Agravain trat hinter mir heran und sah mir zu, während ich dreimal das Ziel anwarf. Alle drei Speere trafen, einer sogar in der Mitte. Agravain runzelte die Stirn. »Du hast diesen Sommer hier geübt, nicht wahr?«
    Ich drehte mich zu ihm um, errötete ein wenig vor Stolz. Vor meinem Vater und meinem Bruder hatte ich meine neuen Fähigkeiten noch nicht gezeigt, aber ich freute mich schon darauf. Ich nickte. »Ja, eine Stunde am Tag mit den Wurfspeeren und eine Stunde mit dem Langspeer oder Schwert und Schild, und zwar über die Übungszeit hinaus. Ich bin jetzt besser als früher.«
    Agravain nickte, machte dann ein finsteres Gesicht. »Du bist besser, und das ist gut. Aber wenn du versuchen solltest, so in der Schlacht zu werfen, dann wirst du durchbohrt.«
    »Durrough sagt, es schadet nichts, wenn man so steht, und er ist der Ausbilder.«
    »Er erwartet auch nicht viel von dir. Stell deinen linken Fuß weiter zurück, und nimm den rechten Arm dichter an den Körper. Du mußt ja einen Schild halten, weißt du!«
    »Aber.«
    »Ach, bei der Sonne, warum widersprichst du denn? Ich versuche doch nur, dir zu helfen.« Er grinste.
    Tat er das wirklich? Das Grinsen verschwand, während ich ihn weiterhin anstarrte, und er runzelte wieder die Stirn. Er ballte die Fäuste, er streckte die Hände wieder aus, war rastlos. Ich nahm die Stellung ein, die er vorgeschlagen hatte, und schleuderte nervös den Speer. Ich verfehlte das Ziel.
    Er schüttelte den Kopf. »Bei der Sonne und dem Wind, so doch nicht! Halt den Speer gerade, sonst soll die Morrigan dich holen - nicht, daß eine Kriegsgöttin etwa jemanden haben wollte, der so schlecht wirft!«
    Ich verzog das Gesicht, warf noch einen Speer. Auch er verfehlte das Ziel.
    Agravain schnaubte. »Du kannst einfach nicht sehen, was ich meine. Hier, ich zeig es dir mal.« Er bückte sich, nahm meine anderen Speere auf und schleuderte sie. Alle drei trafen das Ziel sauber und in der Mitte. »So geht das. Und jetzt versuchst du’s.«
    Wir gingen und holten die Speere. Ich stellte mich hin, und Agravain korrigierte meine Stellung. »Versuch’s noch einmal«, sagte er mir.
    Ich
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