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Der Fälscher, die Spionin und der Bombenbauer: Roman (German Edition)

Der Fälscher, die Spionin und der Bombenbauer: Roman (German Edition)

Titel: Der Fälscher, die Spionin und der Bombenbauer: Roman (German Edition)
Autoren: Alex Capus
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musste Ernesta, die gebürtige Italienerin war, aus Athen fortgehen. Sie übersiedelte mit Alfred nach Italien und kam in einer ersten Zeit bei Verwandten in Neapel unter; dann zogen die beiden nach Rom, wo Alfred eine Lehre als Steinmetz und Steinbildhauer absolvierte. Es erscheint wenig wahrscheinlich, kann aber nicht ausgeschlossen werden, dass er dort unwissentlich Laura d’Oriano über den Weg lief, als diese über die Weihnachtstage 1941 in Rom ihre Mutter besuchte.
    Als Ernesta und Alfred Gilliéron 1945 nach Athen zurückkehrten, fanden sie ihr Haus an der Rue Skoufa dicht bevölkert mit Kriegsflüchtlingen aus aller Herren Länder vor; sie mussten es nach und nach Zimmer für Zimmer zurückerobern. Nach dem Krieg führte Alfred die Familientradition fort und produzierte minoische Nachbildungen für zahlungskräftige Touristen. Die Zusammenarbeit mit der Württembergischen Metallwarenfabrik konnte er aber nicht wiederaufnehmen, weil diese im Krieg alle Hohlformen verloren hatte. 1956 heiratete er eine Lettin namens Rosentreter, an Neujahr 1959 kam sein einziger Sohn zur Welt, den er zu Ehren des Vaters und des Großvaters auf den Namen Emile taufen ließ. Mitte der sechziger Jahre schossen an der Rue Skoufa moderne Stahlbetonbauten in die Höhe, die schöne Aussicht auf die Akropolis war bald verbaut. Also ließ Alfred Gilliéron das alte Haus abreißen und ein modernes, sechsstöckiges Mehrfamilienhaus errichten, dessen zwei oberste Stockwerke er mit seiner Familie selbst belegte. Sein Sohn Emile III . studierte Chemie. Er lebt mit seiner Mutter immer noch in der Rue Skoufa. Die Wohnung ist üppig geschmückt mit Werken des Vaters, des Großvaters und des Urgroßvaters, und im Salon hängt ein schönes Ölgemälde seiner Großmutter Ernesta, das die Akropolis im Abendrot darstellt.

    *

    Felix Bloch engagierte sich nach dem Abschied aus Los Alamos im Radarprojekt der Harvard University in Cambridge, das entscheidend zum Sieg der Alliierten gegen die Achsenmächte beitrug. 1945 kehrte er an die Universität Stanford zurück und nahm seine Lehrtätigkeit wieder auf. In der Forschung konzentrierte er sich weiter auf den Magnetismus des Neutrons. Für seine Entdeckung der Kerninduktion, einer neuen M eth ode zur Messung des magnetischen Moments von Atomkernen, erhielt er 1952 den Nobelpreis für Physik. 1954/55 leitete er das Europäische Kernforschungszentrum Cern in Genf.
    Die Kerninduktion führte auf direktem Weg zur Magnetresonanztomographie, welche die medizinische Diagnostik in den letzten Jahrzehnten des zwanzigsten Jahrhunderts revolutionierte. Man kann deshalb ohne Übertreibung sagen, dass Felix Blochs Lebenswerk weitaus mehr Menschen das Leben gerettet hat, als die Atombombe jemals zu töten vermochte.

    *

    Laura d’Oriano ist in der Geschichte des Königreichs Italien die einzige Frau, die zum Tod verurteilt und hingerichtet wurde. Sie wurde in einem anonymen Grab beigesetzt, das ihr Vater Policarpo nach dem Krieg ausfindig machte. Er ließ sie auf dem Römer Friedhof Verano bestatten, auf dem auch Giuseppe Garibaldi, Natalia Ginzburg und Sergio Leone ruhen. Und als er am 8. Juni 1962 ebenfalls starb, wurde er neben ihr zur letzten Ruhe gebettet.
    Emil Fraunholz verlor bis zu seinem Tod am 20. Januar 1989 kein Wort mehr über seine Ehefrau, von der er nie offiziell geschieden wurde. Die beiden Mädchen durften ihren Namen nicht aussprechen. Die jüngere Tochter Anna trat in den fünfziger Jahren unter dem Vornamen Laura als Sängerin auf, ohne zu wissen, dass ihre Mutter und die Großmutter auch gesungen hatten. 1960 aber machte sie ihren Großvater Policarpo in Rom ausfindig. Von ihm erfuhr sie, dass ihre Mutter eine Spionin gewesen war.

    Ende

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Über den Autor

    Alex Capus, 1961 in der Normandie geboren, lebt heute in Olten. 1994 veröffentlichte er seinen ersten Roman Munzinger Pascha , dem seither fünfzehn weitere Bücher folgten. Bei Hanser erschienen Léon und Louise (Roman, 2011), Fast ein bisschen Frühling (Roman, Neuausgabe, 2012) und Skidoo (Meine Reise durch die Geisterstädte des Wilden Westens, 2012).
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