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Der Esper und die Stadt

Der Esper und die Stadt

Titel: Der Esper und die Stadt
Autoren: Katherine McLean
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un­ter­wor­fen, und nach dem Ge­setz bist du frei. Man hat dir et­was ge­löscht.“ Er hat­te wohl Angst, daß sein al­ter Kum­pel Ge­or­ge nicht mehr der­sel­be war.
    Das mach­te ihm zwar Sor­gen, aber nicht mir. Ich weiß, wo ich mich ver­än­dert ha­be, und ich weiß auch, wie. Ich öff­ne­te die Au­gen und starr­te auf das Bett­la­ken, das nur zwei Zen­ti­me­ter von mei­ner Na­se ent­fernt war. Es be­stand aus ei­ner Filz­fa­ser, wie die­se großen Pa­pier­hand­tü­cher. „We­der ich noch die an­de­ren sind tot. Frag den Com­pu­ter, ob es Sinn hat, der Po­li­zei zu mel­den, daß ich all die­sen Leu­ten ei­ne Ge­hirn­wä­sche ver­paßt ha­be.“
    Ah­med at­me­te tief ein. Er stand im­mer noch über mir. „Willst du ihn das wirk­lich fra­gen?“
    „Ja.“
    Er mur­mel­te et­was in den Arm­band­sen­der und war­te­te. „Er sagt, daß es kein Ge­setz gibt, das dich für et­was ver­ant­wort­lich ma­chen kann, was be­kann­ter­ma­ßen un­mög­lich ist.“
    „Ich bin froh, daß er das ge­sagt hat“, sag­te ich. „Man hat mich so­weit ge­bracht, daß ich nicht mehr an­ders konn­te. Wenn jetzt ein Po­li­zei­re­gi­ment hier her­ein­käme, um mich fest­zu­neh­men … Ich glau­be, ich brauch­te ih­nen nur zu sa­gen, sie sol­len aus dem Fens­ter sprin­gen, und sie wür­den es tun. Mög­li­cher­wei­se wer­de ich noch ei­ne Men­ge an­de­rer un­mög­li­cher Din­ge tun.“
    „Wel­chen Teil dei­nes Ichs ha­ben sie aus­ra­diert, Ge­or­ge? Dein Ge­wis­sen? Wen willst du als nächs­ten zur Schne­cke ma­chen?“
    Ich nahm mit ge­kreuz­ten Bei­nen auf dem Bett Platz und fühl­te, wie sich das Nacht­hemd auf mei­nem Rücken spann­te. „Das soll­test du nicht sa­gen. Daß ich es die­sen Leu­ten ge­ge­ben ha­be, war ein Ver­se­hen, ein Un­fall, ei­ne Ne­ben­wir­kung. Aber dies hier ist et­was Bes­se­res. Hör zu, Ah­med, es ist groß­ar­tig. Ich ha­be vor kur­z­em ent­deckt, daß ich Men­schen steu­ern kann. Es ist ei­ne Ga­be.“
    Ah­med sah mich wie­der an und fauch­te an­ge­wi­dert: „Ei­ne Ga­be, klar, für einen klei­nen Hit­ler! Fröh­li­che Weih­nach­ten, Ge­or­ge, das Christ­kind hat dir ge­ra­de ei­ne hüb­sche, glän­zen­de Ma­schi­nen­pis­to­le ge­bracht!“
    Das tat weh. Es war ein Schlag in den Un­ter­leib. Als wä­re Weih­nach­ten aus­ge­fal­len. Und Ah­med hat­te Schuld dar­an. Es tat weh. Plötz­lich schrie ich; „Aber das ist doch ganz et­was an­de­res! Ganz was an­de­res! Ach, halt doch die Schnau­ze!“ Ich sah die Traum­frag­men­te, die ich ab­lehn­te, schob sie bei­sei­te, ver­such­te mir ein­zu­re­den, daß ich sie nie hat­te ha­ben wol­len und kei­ne Plä­ne in die­ser Hin­sicht hat­te. Es wa­ren die Träu­me, in de­nen ich selbst vor­kam, mit ei­nem Ha­rem der be­geh­rens­wer­tes­ten Mäd­chen der Welt, de­nen ich be­foh­len hat­te, un­s­terb­lich in mich ver­liebt zu sein. Ich sah das Ge­sicht Anns, ich sah ih­re großen, lie­be­vol­len Au­gen und ih­ren nack­ten Leib – und ich schob al­les bei­sei­te. Ich sah mich in ei­nem Traum als den Ober­kom­man­die­ren­den ei­ner Ar­mee; ich gab dem Prä­si­den­ten der Ver­ein­ten Na­tio­nen mei­ne An­wei­sun­gen und sprach vor ge­wal­ti­gen, ge­hor­sa­men Men­schen­men­gen. Macht! Ich hat­te die glei­chen Macht­phan­tasi­en wie die Hun­desöh­ne, de­nen ich ei­ne Ge­hirn­wä­sche ver­paßt hat­te!
    Ah­med hat­te all mei­ne Träu­me von Macht und Ruhm zer­stört. Er war ein Al­pha, ein ge­bo­re­ner Be­fehls­ge­ber. Er wuß­te, was die Macht war. Macht es et­wa einen Un­ter­schied, ob man den Leu­ten per Hyp­no­se oder mit der Ma­schi­nen­pis­to­le in der Hand sagt, was sie tun sol­len? Ich sah das Bild ei­nes großen Schlä­gers, der den Leu­ten die Ar­me auf den Rücken dreh­te und sie so zum Ge­hor­sam zwang. Ich? Ja, ich.
    Ah­med hat­te im­mer noch mehr drauf als ich. Das Blitz­licht sei­nes Geis­tes zeigt Kä­fer in dunklen Ecken.
    Ah­med grins­te in ei­ner sym­pa­thi­schen Art und über­mit­tel­te mir schwei­gend Bot­schaf­ten in ei­ner in­dia­ni­schen Zei­chen­spra­che.
    Mir fiel ein, daß ich ihn an­ge­schri­en hat­te. „Halt die Schnau­ze!“ hat­te ich ge­schri­en. Er konn­te nicht
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