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Der Esper und die Stadt

Der Esper und die Stadt

Titel: Der Esper und die Stadt
Autoren: Katherine McLean
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bequem hin, nahm eine kampflustige Pose ein und machte ein finsteres Gesicht. „Was zum Teufel, wollt ihr von mir?“
    Sie starrten mich an. Der sanfteste von ihnen sagte: „Du könntest uns dabei helfen, den Krieg zu beenden. Du brauchst nichts anderes zu tun, als die Führer zu beeinflussen. Wir richten ihre Erziehungssysteme zum Positiven hin aus, sorgen dafür, daß jedermann die Gesetze befolgen möchte, statten alle mit einem Instinkt aus, der automatisch zum Richtigen hinfuhrt, und eliminieren die unterschiedlichen Wertvorstellungen, über die sie sich regelmäßig in die Haare kriegen.“
    „Frieden ist die Ursache von Kriegen“, sagte ich, bloß um etwas Konträres zu sagen. „Die Menschen mögen den Frieden gar nicht.“ Ich versuchte mir auszudenken, wie ich ihnen am besten etwas über Machtverhältnisse erklären konnte.
    Es schmerzt, wenn man die Macht aufgeben muß. Mir wurde schon wieder die Welt auf einem Tablett angeboten, die ich kurz vorher schon einmal abgelehnt hatte. Macht zur freien Verfügung; jedermann wird dich lieben, George, und außerdem hast du die besten Planer überhaupt im Rücken. Meine Erinnerung flüsterte mir zu: Hinfort mit dir, Scheitern. Ja, hinfort mit dir, damit du mich nicht versuchen kannst. Ich schrie: „Was, zum Teufel, gibt euch das Recht, für die Welt Entscheidungen zu fällen?“
    Ich mag Leute, die Gutes tun. Sie sind im allgemeinen nett und haben gute Vibrationen. Aber – ha! Macht über andere! Das wollten die hier auch. Sie fingen an wütend zu werden. Ihre Vibrationen machten auch mich wütender, gleichzeitig aber glücklicher. Meine Angst vor der Versuchung wurde von guter, ehrlicher Wut hinweggespült. Die anderen kapierten nicht, worüber ich wütend war, aber natürlich blieb ihnen mein Gefühl nicht verborgen.
    Das rothaarige Mädchen berührte meinen Arm. „Was ist los mit dir? Was ist geschehen? Ich kenne doch deine Seele. Du bist doch immer gutmütig, gehorsam, nett und freundlich gewesen.“
    Der Seewind blies durch mein Krankenhausnachthemd gegen meinen nackten Rücken. Was war mit mir geschehen? Noch nie zuvor hatte ich den Mumm aufgebracht, in Gegenwart einer friedlich meditierenden Kommune zu fluchen. Ich hatte mich verändert. Es machte mir Spaß, in ihrer Gegenwart zu fluchen. Es machte mir Spaß, sie auf die Palme zu bringen.
    Larry fiel mir ein. Wie gut, daß er mir gezeigt hatte, daß jemand recht haben kann, auch wenn er auf dem falschen Dampfer ist. Es war gut, daß ich ihn getroffen hatte. Vielleicht hätte ich die Welt sonst für eine reife Frucht gehalten und sie mit dem Gedanken gepflückt, sie stünde mir zu. Es war auch gut, daß ich Weeny, diesen armseligen kleinen Schuft kennengelernt und mitangesehen hatte, wie sehr er seine jämmerliche Rolle genoß. Jetzt war er weg, aber seine Chance hatte er gehabt. Weeny hatte auf seine eigene Weise gelebt und einen fairen Preis dafür entrichtet. Der Blitz, der mein Gehirn getroffen hatte, hatte mich einer Schutzschicht beraubt, und nun kam alles das nach oben, was ich vor einer Woche nur halb wahrgenommen hatte. Du mußt das Böse erfahren, George. Ich hatte es erfahren. Es war ein Spiel. Schwarze Schachfiguren gegen weiße.
    „Ich hatte heute eine Gehirnwäsche verpaßt bekommen“, sagte ich. „Sie haben Dr. Jekyll ausradiert. Ich bin Mr. Hyde. Was wollt ihr von mir? Sagt es noch mal.“
    Die anderen standen auf. Mein Verhalten verstörte und alarmierte sie. Der älteste und respekteinflößendste sagte: „Du kennst die Antwort natürlich selbst. Wir möchten, daß du uns hilfst.“ Er hatte welliges Haar und stand stolz wie ein König da; wie Akbar Hisham, ein König der Hölle.
    „Dann sag’ ‚bitte’“, sagte ich und lachte.
    Sie flatterten in ihren pastellfarbenen Roben herum wie eine Schar mißgestimmter Engel oder Leute im Bademantel nach dem Duschen. Sie brachten es nicht über die Lippen. Obwohl sie sich als niedrige Geschöpfe ansahen, obwohl sie sich selbst für die aufopferungsbereiten Diener des Guten in der Welt hielten, wollten sie sich nicht erniedrigen. Jeder einzelne von ihnen war ein Alpha, arrogant und herrschsüchtig, und hielt es geheim. Auch sie wollten die Welt beherrschen. Sie wollten den gleichen Harem, den auch ich hatte haben wollen. Sie hatten George um seiner Kräfte willen haben wollen; sie brauchten einen George, den sie insgeheim für ihre Ziele einspannen, vor Schaden bewahren und ab und zu mal loben konnten. Sie brauchten einen netten und
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