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Der Esper und die Stadt

Der Esper und die Stadt

Titel: Der Esper und die Stadt
Autoren: Katherine McLean
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gutmütigen Burschen, der für sie die Welt aus den Angeln hob und sie ihnen auf einem silbernen Tablett servierte. Ich lachte sie aus.
    „Ihr wollt die Welt, damit ihr nach eigenem Gutdünken mit ihr verfahren könnt. Ihr wollt sie vor euch auf den Knien liegen sehen. Sagt ‚bitte’, aber kniet dabei nieder, ihr Schöpfer des Utopia, ihr Erleuchteten und unbestrittenen Herren des Geheimnisses der grenzenlosen Güte! Wenn ihr auf die Knie fallt, überlege ich es mir vielleicht noch einmal.“ Ich wartete.
    Sie hüpften aufgeregt hin und her, schoben sich gegenseitig in den Vordergrund und murmelten miteinander. Niemand kniete hin. Ich lachte.
    „Ihr wollt den Menschen vorschreiben, was sie zu tun und zu lassen haben. Wenn ihr vorhabt, euch dermaßen herabzulassen, warum habt ihr dann etwas dagegen, selbst Befehle entgegenzunehmen?“
    Ein Gemäßigter in blaßgrüner Robe schob sich aus der Menge hervor. Sein Gesicht verzog sich bei dem Versuch, sich mir zu erklären. „Aber wir wollen doch niemandem Befehle erteilen. Wir wollen die Menschen lediglich so kontrollieren, daß sie danach verlangen. Sie werden dann glauben, es sei ihre eigene Idee.“
    „Dann würde jeder das gleiche Rechtsempfinden haben“, warf ein anderer nickend ein.
    „Harmonie“, sagte der Anführer. „Dann wird man in Brüderlichkeit und Harmonie leben.“
    „Zwillingsbrüder“, sagte ich. „Menschen, am Fließband produziert. Was sie voneinander unterscheidet, wird verdeckt und verkleistert. Wo es keine Schöpfung gibt, findet auch keine Evolution statt. Evolution spielt sich dort ab, wo man unterschiedliche Auffassungen diskutiert, sich verwirklichen kann und man es entweder schafft oder nicht. Auf die Unterschiede kommt es an, aber Unterschiede, über die man streiten kann, wollt ihr ja abschaffen, nicht wahr? Was ihr wollt, sind Massenmenschen, die alle die gleiche Persönlichkeit haben und der gleichen Lebensauffassung anhängen. Nämlich eurer.“
    „Unsere Lebensauffassung ist eine gute.“ Das rothaarige Mädchen hatte sich in die Reihe seiner Freunde zurückgezogen, aber jetzt machte sie einen trotzigen Schritt vorwärts. „Meine Freunde haben darüber meditiert. Wir haben Forschungsarbeit betrieben. Wir haben mit dem größten Geistern der Welt Kontakt aufgenommen. Wir haben Jahre damit verbracht. Wie viele Jahre hast du damit zugebracht, unsere Theorie zu analysieren, damit du sie zerlegen kannst?“
    „Ich bin durch die Hölle gegangen, um das herauszufinden. Ich habe dabei festgestellt, daß man auch in der Hölle Spaß haben kann. Ihr wollt Heilige aus den Menschen machen. Damit nehmt ihr jedem Menschen die Chance, er selbst zu sein. Das ist Mord. Das ist Raub. Die ehrwürdigen und niederen Heiligen wollen den anderen ihr Leben nehmen.“
    Ich lachte. Ich wollte, daß sie wütend waren. Hätte ich ihnen befohlen, sich umzubringen, sie hätten es getan. Aber ich hatte nicht vor, sie zu irgend etwas zu zwingen. Die Sonne ging unter und machte den Himmel über ihnen rot. „Ich bin nicht der Gehilfe, den ihr euch wünscht. Der, den ihr braucht, nennt sich Mr. Kracken. Er lebt in der Kommune 1949 in New York City. Ihr findet ihn im Telefonbuch. Er hat mindestens ein Jahrhundert auf dem Rücken und kennt sich ausgezeichnet in schmutziger Politik aus. Er wird euch zwar zum Teufel wünschen, aber er kann euch sicher erzählen, wie man mit Hilfe irgendeines tollen, schmutzigen Tricks einen Krieg zwischen der Erde und dem Asteroidengürtel verhindern kann. Kracken. Vergeßt den Namen nicht. Er schreibt sich mit K am Anfang. Wo bin ich hier? Wie heißt diese Gegend?“
    Der größte Teil der anderen machte den Mund zu und glotzte. Irgendein Fettsack erwiderte gelangweilt: „Monterey, Kalifornien.“
    „Schickt mich zurück“, sagte ich. „Auf der Stelle.“
    Sie nahmen nicht gern Befehle an. Einer von ihnen hob den Arm, wie ein Magier, um mich von einem Blitz erschlagen zu lassen. Ich zwang ihn mit einem Blick, den Arm wieder zu senken.
    „Ich bin noch freundlich“, sagte ich. „Ich setze nicht mal meine vollen Kräfte ein. Und ich habe noch mehr Tricks in der Hinterhand als ihr.“ Dann sagte ich: „Ihr habt mich unterbrochen, als ich gerade einem Witz zuhörte, den mir ein Freund erzählte. Leider kam ich nicht mehr dazu, die Pointe zu hören. Schickt mich also zurück.“
    Sie sahen einander an. Sie fühlten sich beleidigt und mußten die Luft anhalten, so sauer waren sie. Aber sie sahen nun ein, daß ich, solange
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