Der erste beste Mann: Wenn die Braut sich traut (German Edition)
eine Hand frei, um nach dem Türknauf zu greifen. Das hatte sie nun davon, ihre Steuererklärung so lange hinausgezögert zu haben. Sie hatte so lange gewartet, dass sie keinen Termin mehr bei einem Steuerfachmann bekommen und sich dann selbst an ihre Steuerklärung gemacht hatte.
Als sie es endlich geschafft hatte, den Knauf zu drehen, stieß sie die Tür mit dem Fuß auf, zog ihre Schachtel an sich und ging in den Warteflur. Fast wäre sie dabei gegen einen Tisch gestoßen. Sie wich schnell aus und war überzeugt, sich eine weitere Strumpfhose ruiniert zu haben. Mit einem tiefen Seufzer stellte sie die Schachtel auf den Boden und ließ sich auf den nächsten Stuhl fallen. Sie zog den Rock sorgfältig über die Knie und schaute sich dann um. In dem Flur war nur noch eine einzige Person.
Shellys Herz machte einen Satz, und dann hatte sie das Gefühl, als sei es mitten in ihrem Magen gelandet. Der Mann, der einige Stühle weiter saß, war niemand anders als Mark Brady. Der Mann, von dem sie gehofft hatte, dass sie ihm den Rest ihres Lebens aus dem Weg gehen könnte. Sie schloss unwillkürlich die Augen und riss sie dann wieder auf.
Mark blätterte gerade eine Illustrierte durch, als er zufällig in ihre Richtung schaute. Das automatische, grüßende Lächeln schwand aus seinem Gesicht, und sein Blick wurde skeptisch. Mark Brady vermutete doch wohl nicht, dass sie dieses Treffen absichtlich herbeigeführt hatte!
„Was machen Sie hier?“, wollte sie wissen.
„Das könnte ich Sie auch fragen“, gab er zurück.
„Ich bin Ihnen nicht gefolgt, wenn Sie das andeuten …“
„Hören Sie, Miss … Hansen, es interessiert mich überhaupt nicht, was Sie tun oder lassen.“ Mit diesen Worten vertiefte er sich wieder in sein Magazin, als würde er das Kleingedruckte eines Millionen-Dollar-Vertrages prüfen. „Schließlich war nicht ich derjenige, der für jeden Umstehenden unüberhörbar irgendeinen lächerlichen Unsinn darüber gesagt hat, nicht geheiratet werden zu wollen. Als wenn ich Sie darum gebeten hätte! Als wenn ich Sie überhaupt gekannt hätte!“
Shelly fühlte, wie ihr die Hitze über den Nacken ins Gesicht stieg. „Ich … ich war abgelenkt“, brachte sie die erste Entschuldigung vor, die ihr in der Eile einfiel.
„Offensichtlich.“
Er hatte von seinem Magazin nicht aufgesehen. Die nächsten Minuten verstrichen in gespanntem Schweigen. Shelly rutschte unruhig auf ihrem Stuhl hin und her und sah alle Augenblicke auf die Uhr. Zum ersten Mal seit Langem war sie rechtzeitig zu einem Termin gekommen, aber wenn ihre Pünktlichkeit ihr das einbrachte, dann wollte sie lieber zu spät kommen.
„Gut, ich entschuldige mich“, sagte sie schließlich, als sie das Schweigen nicht länger ertragen konnte. „Ich habe eingesehen, dass es vollkommen lächerlich und … voreilig war.“
„Voreilig?“ Mark warf die Illustrierte auf den Tisch. „Ich wiederhole es gern, ich kenne Sie nicht einmal.“
„Das weiß ich.“
Er holte tief Luft, was ihre Aufmerksamkeit auf seine breite Brust lenkte. Wie schon bei ihrer ersten Begegnung war er wieder makellos gekleidet. Sein dunkler Anzug und die Seidenkrawatte waren zwar konventionell, aber sie fügten seinem ohnehin guten Aussehen dennoch einen Hauch von Esprit hinzu.
„Wenn jemand daran schuld ist, dann ist es Tante Milly.“
„Tante Milly?“ Er fuhr hoch.
Da sie nun schon so viel gesagt hatte, konnte sie genauso gut die ganze alberne Geschichte erzählen. „Genaugenommen liegt es mehr an dem Brautkleid als an meiner Tante, obwohl ich die beiden in meinen Gedanken nicht voneinander trennen kann. Ich lasse mich normalerweise nicht von solchen Dingen beeinflussen, aber langsam fange ich an zu glauben, dass dieses Kleid irgendetwas Übersinnliches an sich hat.“
„Übersinnlich?“
„Einen Zauber, wenn Ihnen das lieber ist.“
„Ein Zauber in einem Hochzeitskleid?“ Mark schaute sehnsüchtig auf die Tür, die zu den Zimmern der Sachbearbeiter des Finanzamtes führte, als könnte er es kaum noch abwarten, endlich aufgerufen zu werden.
„Mir ist klar, dass es verrückt klingt, aber ich fürchte ehrlich, dass meine Tante Sie in ihrem Brief beschrieben hat.“ Shelly fand es nur fair, ihm das zu sagen.
Ein Anflug von Panik trat in seine blauen Augen. „Ihre Tante hat mich in einem Brief erwähnt?“
„Nicht namentlich, natürlich, aber sie hat eine sehr klare Vorstellung von mir, wie ich in dem Hochzeitskleid da gestanden habe. Und neben mir ein
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