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Der Eisplanet

Der Eisplanet

Titel: Der Eisplanet
Autoren: Edmund Cooper
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nicht auf seine gewöhnliche Weise. Er schritt zackig über den Teppichboden davon, als habe ihn soeben ein Kommodore entlassen.
     
    Die Mehrzahl der Erdbewohner erfuhr nie, daß ihr Planet starb. Die meisten – die wimmelnden Millionen in Asien, Afrika und Südamerika – blieben so, wie sie immer gewesen waren, hungrig, leidgeplagt, kurzlebig und Analphabeten. Im XXI. Jahrhundert besaß die Menschheit lebensfähige, unabhängige Stützpunkte auf Mond und Mars. Dies waren hervorragende Errungenschaften von Wissenschaft und Technik. Falls man vergleichbare Hilfsmittel investiert hätte, um die Probleme zu lösen, die sich auf der Erde angesammelt hatten, wäre der Planet womöglich zu retten gewesen.
    Aber man tat es nicht. Es war einfacher – jedenfalls fiel es den Politikern leichter –, planetare Projekte auf dem Mars durchzuführen als auf der Erde. So nahm das Werk der Zerstörung seinen Fortgang. Insekten- und Unkrautvertilgungsmittel beeinträchtigten weiter das Gleichgewicht der Natur, Abgase und Qualmwolken verpesteten weiter die irdische Atmosphäre. Industrieabfälle vergifteten nach wie vor die Flüsse und Meere. Zehnmal zu dicht besiedelte Städte verstopften mit eigenem Auswurf ihre überlasteten Kanalsysteme. Die Erzeugung von Kernenergie nahm solchen Umfang an, daß die in die Meere gepumpten, heißen Kraftwerkabwässer den Treibhauseffekt auslösten und die Polkappen zum Schmelzen brachten. Und die überwiegende Mehrheit der fünfzehn Milliarden Menschen pflanzte sich fort, als ob ihre bloße Menge geeignet sei, die endgültige Katastrophe aufzuhalten statt zu beschleunigen.
    Der Zeitpunkt, an dem es keine Umkehr mehr gab, kam zu Beginn des XXI. Jahrhunderts. Zahlreiche erlesene Vertreter der internationalen Wissenschaft hatten dringende Warnungen ausgesprochen und durchgreifende Maßnahmen vorgeschlagen – Zwangsgeburtenkontrolle, Massensterilisationsprojekte, internationale Beschränkung des Energieverbrauchs der technologisch fortgeschrittenen Länder, Verbot der Luftverschmutzung, Urbarmachung der Wüstengebiete in Afrika, Indien, Asien und Australien, gezielte Bewirtschaftung der Meere, sparsamere Materialwirtschaft, Absetzung kostspieliger Raumfahrtprogramme, Einstellung des Wettrüstens.
    Solche Maßnahmen könnten geholfen oder den Zusammenbruch wenigstens verzögert haben. Aber die Vorschläge waren politisch unbrauchbar – sagten die Politiker. Wie es schien, waren sie sich nur über das Herangehen an die Probleme anderer Planeten einig, nicht jedoch über die Lösung der Probleme auf der Erde.
    Während Luna City erblühte und mittels höchst ertragreicher hydroponischer Anlagen eine stabile Bevölkerung von 2500 Köpfen ernährte, während großartige planetentechnische Entwicklungen dem Mars eine atembare Atmosphäre verliehen und Grundlagen für das Leben von mehr als 10 000 Menschen schufen, brach auf der Erde ein finsteres Zeitalter an. Um das Jahr 2050 galt ein blauer Himmel nahezu als märchenhaft. Neun Zehntel der Oberfläche des Planeten lagen unter Nebel, Wolken und Dunst. Überhitzte Ozeane bewirkten eine ständige Verdunstung, woraus wiederum fortwährende Wolkenbildung und anhaltender Regen resultierten. Zwischen Winter und Sommer verschwand jeder Unterschied. Die Ernten keimten noch, aber reiften nicht mehr. Der verseuchte Regen erstickte sie im vergifteten Erdreich.
    Seit Beginn der Zeitrechnung war der Hunger ein mächtiger Faktor des Niedergangs großer Reiche gewesen. Nun wurde er zum Alleszerstörer. Keine Goldmenge vermochte auch nur das schmalste Kornfeld zu verschaffen. Nicht die genialste Technologie konnte noch eine Lücke klaren Himmels für die absterbenden Felder in die Wolkendecke reißen.
    Schließlich bemerkten sogar die Politiker, daß die Erde dem Untergang geweiht war und die einzige Hoffnung der Menschheit anderswo lag. Zwei Möglichkeiten boten sich an – der kleine, leblose Mond, der enorme Anstrengungen bisher ungekannten Ausmaßes erfordern würde, um ihn in eine Welt zu verwandeln, auf der Menschen existieren konnten; und ein Planet mit ausgezeichneten Voraussetzungen, der jedoch zu seiner Erschließung zum Zwecke einer Massenauswanderung mehr Zeit brauchte als noch zur Verfügung stand. Und so, mit verspäteter Vernunft, verspätetem Mut und verspäteter Entschlußkraft, veranlaßten die Vereinten Nationen, daß alles, das sich entbehren ließ, zum Mars verfrachtet wurde. Doch die USA, die UdSSR, Europa und China besaßen zusammen nur
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