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Der Eiserne König

Der Eiserne König

Titel: Der Eiserne König
Autoren: John Henry Eagle
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Sie wirbelte über die Köpfe der Feinde, ihre Klinge blitzte im Flammenschein.
    »Ja-hah!«, kreischte Blaubart. »Schlechter Wurf, Gograf!« Er wich der Waffe so elegant aus wie ein Tänzer – und sprang direkt in Hellas Schwert.
    »Oh«, stieß er hervor, und seine Zunge flatterte zwischen den schmalen Lippen.
    »Das ist für alle Frauen und Mädchen, die du gequält hast, Bastard«, zischte Hella und zog das Schwert aus seinem Rücken.
    Blaubart schwankte zu ihr herum. »Aber … ich habe ein Herz für Frauen«, hauchte er. »Ein großes, großes Herz.«
    »Wenn dein Herz so groß ist, umso besser«, erwiderte Hella. »Dann kann ich es nicht verfehlen.« Und sie stieß ihm das Schwert in die Brust.
    »Hah … Hahaha!«, lachte Blaubart. Dann gaben die Beine unter ihm nach, und er stürzte rückwärts in die Flammen.
    Die Raubritter erstarrten vor Entsetzen, als ihr Anführer fiel. Hilck von der Usse und seine Männer schlugen sich zu Hella durch. Der Gograf betrachtete sie staunend und verneigte sich kurz, aber tief und achtungsvoll vor ihr. Dann brüllte er: »Wir müssen zurück zum Heer, Männer!« Sie ließen die Raubritter, die ihren Kampfgeist vorübergehend verloren hatten, neben dem brennenden Leichnam stehen und eilten über das von Toten bedeckte Schlachtfeld zur Fusel, wo das Heer weiter von der Streitmacht bedrängt wurde.
    Als Hella sich im Laufen umdrehte, sah sie, dass die Wilde Jagd unschlüssig zwischen Fluss und Hügel wogte. Im nächsten Moment stob sie wie auf ein Zeichen in alle Himmelsrichtungen davon. Ihr Kreischen war so schrill und laut, dass es durch Mark und Bein ging. Karontiden und Kultknechte hielten mitten im Kampf inne und fuhren herum. Krähen und Raben flogen krächzend von den Bäumen am Ufer auf, als wollten sie fliehen. Der Lärm der Schlacht flaute ab, und wie auf dem Hügel trat auch im Unkengrund Stille ein – die bleierne Stille des Todes.
     
    In der Grotte erwachte Maleen aus der Versenkung. Sie war so kummerschwer, weil sie nichts erreicht hatte, dass sie nur langsam in die Außenwelt zurückkehren konnte. Kurz bevor sie die Pfade des Inneren ganz verließ, spürte sie etwas, und als sie sich umdrehte, schien in der Finsternis ein moosgrünes Licht auf. In diesem Licht stand das buckelige Kind. Erst winkte es ihr, dann verneigte es sich so tief, dass seine Stirn den Boden zu berühren schien, und schließlich hüpfte es so ungestüm herum, als würde es einen Freudentanz aufführen. Maleen wurde trotz ihrer Betrübnis, ja gegen ihren Willen von Freude erfüllt. Sie musste lachen, als sie dem krummen, zwitterhaften Geschöpf zusah; es strotzte nur so von Kraft und Leben, obwohl alles verloren war. Das Kind hielt mit Tanzen inne, reckte beide Arme über den Kopf und spreizte die Finger. »Fünf Finger hat die Hand!«, rief es so hell und klar, dass seine Stimme durch die Leere bis zu ihr hallte. Es schlug einen Purzelbaum und war verschwunden.
    Das moosgrüne Licht leuchtete weiter.
    Maleen hatte es plötzlich eilig, die Welt zu erreichen. Als sie die Augen öffnete, blinzelte sie. Sobald sie wieder klar sehen konnte, stellte sie fest, dass der Trieb in der Mitte der Mulde gewachsen war: Blätter hatten sich an den Zweigen entfaltet, der Stamm war dicker geworden, seine Rinde war glatt und glänzend. Während Maleen ihn bestaunte, wurde ihr bewusst, dass etwas Entscheidendes passiert sein musste. Sie wusste nicht, was, aber das Dunkel hatte sich aufgehellt. Als sie sich nach den anderen Frauen umdrehte, stellte sie fest, dass auch sie den Trieb anstarrten. Nur Alwine schien noch nicht ganz bei sich zu sein.
    »Habt ihr das Kind gesehen?«, fragte Maleen.
    Die Muhme nickte benebelt. »Hässlich«, brummte sie. »Aber auch … ganz süß.«
    »Die grüne Kraft erholt sich wieder«, sagte Sanne. »Sie kehrt zurück, und das Kind ist ihr Bote. Ich kann es spüren!«
    Maleen streichelte die auf ihren Schultern sitzenden Vögel, dann durchquerte sie das Trümmerfeld des Labyrinths. Die Eichhörnchendame sprang von einer Wurzel auf ihren Kopf und piepste: »Es liegt Hoffnung in der Luft!«
    Sie gingen zum Heiligen Weiher, wo der Grottenolm still im Wasser lag. Als Maleen näher kam, wandte er ihr das blinde Gesicht zu und verkündete: »Es liegt Hoffnung in der Luft!« Seine Kiemenbüschel flatterten.
    Die Eichhörnchendame sah ihn pikiert an. »Das habe ich auch gerade gesagt«, erwiderte sie. Dann flüsterte sie Maleen ins Ohr: »
Sooo
klug ist er nun auch wieder nicht.
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