Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der einsame Baum - Covenant 05

Der einsame Baum - Covenant 05

Titel: Der einsame Baum - Covenant 05
Autoren: Stephen R. Donaldson
Vom Netzwerk:
tastete nach seinem Feuer, sie versuchte zu verhindern, daß er noch mehr wilde Magie freisetzte. »Du machst genau das, was Foul will!«
    Verstärkt durch die Kraft, die Linden von ihm selbst bezog, erreichte ihre Stimme ihn. Sie sah seinen Schrecken, als er die Wahrheit erkannte. Das Begreifen verzerrte sein Gesicht in Panik und Entsetzen. Er sah seine grauenvollsten Alpträume in Erfüllung gehen; seine schlimmsten Befürchtungen drohten wahr zu werden. Er selbst befand sich dabei, dem Verächter den endgültigen Sieg zu sichern. Einen furchtbaren Augenblick lang verloderte er ein Flammenmeer, als wolle er in seiner Verzweiflung den Himmel zum Einsturz bringen. Jeder Stern, den er auslöschte, war ein dem Universum verlorenes Licht, ein neuer Flecken Finsternis am Firmament des Alls.
    Aber Linden hatte ihm einsichtig gemacht, was geschah. Sein Gesicht verzog sich wie zu einem Kreischen, als hätte er soeben mit eigenen Augen alles untergehen sehen, was ihm lieb war und teuer. Doch dann verkrampften sich seine Gesichtszüge wie eine Faust um einen neuen Zweck zusammen. Die Verzweiflung wich aus ihm. Linden spürte, wie seine Kraftentfaltung sich einer Veränderung unterzog. Er ballte seine Energie um sich, lenkte sie in eine andere Richtung.
    Zunächst stellte Linden nicht in Frage, was er tat. Sie ersah nur, daß er die Kontrolle zurückgewann. Er hatte sie gehört. Sie hielt ihn leidenschaftlich umschlungen und spürte, wie sein Wille sich gegen Gift und Verhängnis durchsetzte.
    Aber er brachte seine Gewalten nicht zum Erlöschen. Er wandelte sie lediglich um. Plötzlich strömte Linden durch ihre Umarmung wilde Magie zu. Sie erstarrte vor Bestürzung, durchschaute intuitiv seine Absicht, versuchte Widerstand zu leisten. Doch sie bestand aus nichts als Fleisch, Blut und Gefühlen; und Covenant war im Handumdrehen von unbezähmter Heftigkeit zu zielbewußter Meisterung der wilden Magie übergegangen, zu ihrer Inkarnation. Lindens Beherrschung seines Feuers war viel zu unvollständig und von zu großer Unerfahrenheit eingeschränkt, als daß sie ihm hätte widerstehen können.
    Seine Macht trug sie davon. Sie berührte Linden nicht körperlich. Sie löste nicht Lindens Arme von ihm, beeinträchtigte ihren Körper in keiner Hinsicht. Dennoch änderte sie alles. Sie durchströmte Linden wie ein Sturzbach und wusch sie aus dem eigenen Innern hinaus, zersetzte sie, wie Brandung einen Sandhügel zerfließen ließ, schleuderte sie zwischen die Sterne.
    Nacht brach von allen Seiten über sie herein. Der Himmel drehte sich um Linden, als wäre sie der Angelpunkt seines Schicksals. In alle Richtungen erstreckten sich Abgründe von Einsamkeit wie die Leere vollkommener Trauer, widersprachen der Tatsache, daß sie Covenant noch in ihren Armen spürte, noch das Innere des Schachts sehen konnte. Aber diese Eindrücke begannen sich zu verflüchtigen. Wie in Raserei bemühte sich Linden, an ihnen festzuhalten; doch wilde Magie verbrannten sie in ihr zu Asche, trieben Linden davon. Sie entschwebte in bodenlose Mitternacht.
    Covenants Stimme erreichte sie ohne einen Laut, ohne Hoffnung. »Rette mein Leben!«
    Linden trudelte auf ein Feuer zu, das immer gelber und bösartiger flackerte, je mehr sie sich ihm näherte. Es beherrschte die Nacht, zog die Dunkelheit um sich zusammen, so daß es ringsherum umgeben war von Schwärze. Dann fing das Feuer sich zu verdüstern an, als hätte es schon den Großteil seines Brennstoffs verbraucht. Während die Flammen herabflackerten, sank Linden auf den Untergrund, lag zuletzt rücklings auf steinigem Boden. Sie befand sich an zwei Orten gleichzeitig. Die wilde Magie floß weiter durch sie, verband sie mit Covenant, der Höhle des Einholzbaums. Zur gleichen Zeit jedoch war sie woanders. In ihrem Kopf pochte es, als hätte sie einen wuchtigen Schlag hinters Ohr erhalten. Als sie sich aufzurichten versuchte, zerriß der Schmerz beinahe den zarten Rest ihrer Verbindung zu Covenant. Mit unheilvoller Langsamkeit klärte sich Lindens Sicht.
    Sie lag auf einer rohen Fläche bloßen Erdgesteins, gleich neben den Überbleibseln eines Feuers. Die Gesteinsfläche gehörte zur Sohle einer kahlen, verlassenen Geländemulde. Nichts verwehrte Linden den Blick an den nächtlichen Himmel. Die Sterne waren fern und unerreichbar. Aber an den Rändern der Mulde erspähte sie Büsche, Sträucher und Bäume, die in der Dunkelheit dürr und gespenstisch wirkten.
    Linden wußte, wo sie war, sie begriff, was Covenant
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher