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Der Eid der Kreuzritterin - Jordan, R: Eid der Kreuzritterin

Der Eid der Kreuzritterin - Jordan, R: Eid der Kreuzritterin

Titel: Der Eid der Kreuzritterin - Jordan, R: Eid der Kreuzritterin
Autoren: Ricarda Jordan
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lächelte. »Es sind ein paar Sternschnuppen gefallen in den letzten Nächten«, erklärte sie. Das Phänomen war den Nonnen auf dem Kirchgang nicht entgangen, und tatsächlich wurde auch auf dem Rupertsberg darüber spekuliert, was Gott damit ankündigen wollte. »Aber die Bedeutungder Lichter kennt man nicht. Es ist jedoch sicher nichts Bedrohliches. Ich denke, der Herr will uns nur damit segnen und Kindern wie dir ein Licht schenken in der Nacht.«
    Peter schüttelte entschieden den Kopf. »Nein, nein, er hat schon gesagt, was er damit meint. Feuer und Schwert wird er schicken, oder so was. Wenn ich es nicht mache …«
    Konstanze runzelte die Stirn. »Wenn du was nicht machst? Schluck erst mal runter, die Krapfen laufen ja nicht weg. Der Herr hat also mit dir gesprochen?«
    Peter nickte und schluckte nun wirklich.
    »Er ist an mein Feuer gekommen«, erklärte er. »Sah aus wie … wie so ein Mönch oder ein Pilger. Ja, ich glaub, ein Pilger, er hatte so einen Hut auf.«
    »Er ist also nicht einfach erschienen?«, erkundigte sich Konstanze. In ihren eigenen Visionen materialisierten sich die Engel und Heiligen immer ziemlich plötzlich.
    »Nein, er kam da her!« Peterchen wies in Richtung Wald. Im weitesten Sinne führte dieser Pfad auf die Straße nach Mainz, aber es gab zahlreiche Abzweigungen. »Und er fragte, ob er sich setzen darf.«
    Konstanze wunderte sich. In ihren persönlichen Erscheinungen und denen der Hildegard von Bingen trat Jesus Christus herrischer auf. Aber gut, einigen Heiligen war er wohl auch als Pilger oder Bettler erschienen.
    »Ich hab gesagt, ja, und ich hab ihm auch was von meinem Essen gegeben«, fuhr der kleine Peter fort.
    »Er hat mit dir gegessen?«, fragte Konstanze verwirrt. »Der Herr Jesus Christus?«
    »Vielleicht war’s auch nur ein Engel«, schränkte Peterchen ein.
    Zumindest schien die Erscheinung keine Schwierigkeiten damit gehabt zu haben, sich an weltlicher Speise zu laben.
    »Und dann hat er erzählt, dass er es gewohnt ist, Hunger zu leiden. Und wie schlimm und gefährlich es ist im Heiligen Land.«
    »Im Heiligen Land? Hat er gesagt, er käme daher?« Konstanze erschien es immer unwahrscheinlicher, dass Peter wirklich nur Bilder gesehen hatte.
    »Ja … nein … ich weiß nicht … Aber er hat gesagt, im Himmel wären sie alle sehr traurig. Weil die Ungläubigen da immer noch sitzen … also im Heiligen Land. Und weil sie so böse zu den Pilgern sind – all so was. Aber ich soll das jetzt ändern.« Der Krapfen schien Peters Lebensgeister geweckt zu haben. Er sprach wieder flüssiger und schickte jetzt auch den Hund aus, die Schafe einzutreiben.
    »Du, Peterchen?«, fragte Konstanze belustigt. Das Ganze klang immer verrückter. »Du sollst Jerusalem befreien?«
    Peter nickte und pfiff seinem Hund. »Ja«, bestätigte er dann. »Weil ich zu den Unschuldigen gehöre. Nur die Unschuldigen können die Heilige Stadt befreien. Deshalb soll ich jetzt nach Mainz gehen und erzählen, was mir der Engel – oder der Herr, ich bin nicht sicher, aber ich glaub fast, es war der Herr Jesus Christus … – also jedenfalls soll ich berichten, was er gesagt hat. Und dann soll ich die anderen Unschuldigen nach Jerusalem führen und beten. Die Heiden würden ihre Schwerter dann niederlegen und sich zu Christus bekehren.«
    »Aber Peterchen, wie wollt ihr denn dahin kommen?«, lächelte Konstanze und schob dem Kleinen den zweiten Krapfen zu.
    »Von hier nach Jerusalem – das sind mehr als tausend Meilen! Und dazwischen liegt das Mittelmeer …«
    »Das Meer wird sich teilen«, erklärte Peter ernst. »Das hat der Engel versprochen. Oder der Herr. Wir werden trockenen Fußes hinüberschreiten. Wie damals die … die …«
    »… die Kinder Israels«, half Konstanze. »Unter Moses. Aber das ist lange her …«
    »Aber er hat es gesagt!«, beharrte Peter zu Konstanzes Verwunderung, ohne zuvor den Krapfen anzubeißen. »Es ist nur … es ist nur, dass ich so Angst habe. Ich kann nicht predigen,ich bin doch kein Pfarrer. Und ich will hier auch gar nicht weg.«
    Konstanze nickte und legte den Arm um die Schultern des Jungen. Die Berührung fiel ihr schwer, sie war es nicht mehr gewohnt, so vertraut neben einem anderen Menschen zu sitzen oder ihn gar zu liebkosen. Früher, mit ihren Geschwistern, war ihr das selbstverständlich erschienen – und jetzt, als Peterchen sich Hilfe suchend in ihre Arme schmiegte, merkte sie, wie sehr sie es vermisst hatte. Aber sie musste dem Kind erst einmal die
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