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Der dunkle Fluss

Der dunkle Fluss

Titel: Der dunkle Fluss
Autoren: John Hart
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Janice' Idee. Wenn die Leiche auftauchen sollte, würde niemand die Verlobte eines Polizisten verdächtigen. Aber sie hatte es nicht wirklich vor.«
    »Warum glaubst du das?«
    »Als sie aus Colorado zurückkam, hat sie ihn als Erstes mit ihrer Mutter zum Shoppen geschickt, damit sie sich hierher zurückschleichen und Grace verprügeln konnte. Er war ihre Tarnung. Etwas anderes wäre er nie geworden.«
    »Das ist traurig«, sagte Robin.
    »Ich weiß.«
    Robin schloss die Augen und rückte ein Stück näher. Sie schob die Hand unter mein Hemd, und ihre Handfläche lag kühl auf meiner Brust. »Erzähl mir von New York«, sagte sie.

FÜNFUNDDREISSIG
    I ch wurde am selben Tag aus dem Krankenhaus entlassen, als Dolf aus dem Gefängnis kam. Er holte mich ab, und wir fuhren zusammen zum Rand des Steinbruchs vor der Stadt. Der Granit war grau im Schatten und rosarot, wo das Licht ihn berührte. Die Krücken bohrten sich in meine Achseln, als ich dastand und auf das klare Wasser am Grund des Steinbruchs hinunterschaute. Dolf schloss die Augen und hob das Gesicht in die Sonne. »Daran habe ich immer gedacht, als ich in der Zelle saß«, sagte er. »Nicht an die Farm oder an den Fluss. Sondern an diese Stelle, und dabei war ich seit Jahrzehnten nicht mehr hier.«
    »Hier gibt es keine Erinnerungen«, sagte ich. »Keine Geister.«
    »Und es ist schön hier.«
    »Ich möchte nicht über meinen Vater sprechen«, sagte ich und sah ihn an. »Das ist der eigentliche Grund, weshalb du mit mir hierhergefahren bist, stimmt's? Damit du ihm die Dreckarbeit abnehmen kannst.«
    Dolf lehnte sich an seinen Truck. »Ich würde alles für deinen Vater tun. Und weißt du, warum?« Ich wandte mich ab und humpelte den Hang hinunter. »Ich werde es mir nicht anhören.«
    »Es ist aber ein weiter Weg zurück in die Stadt.«
    »Das schaffe ich schon.«
    »Verdammt, Adam.« Er packte mich beim Arm. »Er ist ein Mensch. Er hat Mist gemacht. Das ist lange her.« Ich riss mich los, aber er redete weiter. »Sarah Yates war jung und schön und willig. Er hat einen Fehler begangen.«
    »Für manche Fehler muss man bezahlen«, sagte ich.
    »Ich habe gefragt, ob du wissen willst, warum. Na, ich werd's dir sagen. Weil er der beste Mensch ist, den ich je gekannt habe.
    Weil es ein Privileg war, sein Freund zu sein, eine gottverdammte Ehre. Du bist blind, wenn du das nicht siehst.«
    »Du hast das Recht auf deine Meinung.«
    »Siehst du, was er sieht, wenn er Grace anschaut? Er sieht eine erwachsene Frau und die Erinnerungen eines ganzen Lebens, einen wunderbaren Menschen, den es ohne den Fehler, für den du ihn so bereitwillig verurteilst, nicht gäbe! Er sieht die Hand Gottes.«
    »Und ich sehe den Tod der großartigsten Frau, die ich je gekannt habe.«
    »Alles geschieht aus einem Grund, Adam. Die Hand Gottes ist überall. Hast du das noch nicht begriffen?« Ich wandte mich ab und ging weiter, und ich wusste, in einem hatte er recht: Es war ein weiter Weg zurück in die Stadt.
    Die nächsten vier Tage verbrachte ich bei Robin. Wir ließen uns Essen kommen. Wir tranken Wein. Wir sprachen nicht über Tod oder Vergebung oder die Zukunft. Ich erzählte ihr von New York, so viel ich konnte.
    Wir lasen zusammen die Zeitungen.
    Die Schüsse in Dolfs Haus waren eine Sensation, und im ganzen Staat wurde darüber berichtet. Die Red Water Farm war plötzlich der Mittelpunkt von North Carolina. Drei Tote in fünf Jahren. Ein Kernkraftwerk mit sechs Reaktortürmen. Milliarden, die auf dem Spiel standen. Es dauerte nicht lange, und die Agenturen nahmen die Story auf. Ein unternehmungslustiger Reporter verpackte sie in ein größeres Feature über Atomenergie, die Schändung der ländlichen Region und den Preis des unaufhaltsamen Wachstums. Andere sprachen von Obstruktionspolitik. Die Leitartikel in den großen Blättern wurden hitzig. Viele schrien lautstark, mein Vater solle verkaufen. Umweltschützer protestierten. Die Situation eskalierte.
    Am vierten Tag gab die Kraftwerksgesellschaft bekannt, sie habe sich für ein alternatives Gelände in South Carolina entschieden. Die Wasserversorgung sei dort besser, behaupteten sie, und es sei ihnen genauso recht. Aber ich hatte meine eigenen Vermutungen. Die Kontroverse war ihnen so groß. Zu heiß.
    Auf diese Bekanntmachung hin breitete sich ein gelähmtes Schweigen im ganzen County aus. Ich hörte den Knall des Vakuums, als imaginäre Reichtümer in den Äther zurückgesaugt wurden. An dem Tag rief ich Parks an. An dem Tag
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