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Der Duft des Blutes

Titel: Der Duft des Blutes
Autoren: Ulrike Schweikert
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nicht einfach anlügen", begehrte Sabine auf und folgte Peter, der sich abgewandt hatte, den bewusstlosen Björn wie eine Puppe über die Schulter geworfen.
    „Nein?" Der Vampir fuhr herum. „Das ist schade. Ich dachte, ich könnte auf dieses Mittel verzichten."
    Es war ihr, als würde er wachsen, sein Schatten erhob sich, schien über sie und das Kind zu fließen und hüllte sie wie ein eisiger Luftzug ein. Seine Augen funkelten feurig rot. Von tiefem Entsetzen gelähmt, konnte Sabine ihn nur anstarren.
    Was war das? Was ging hier vor? Litt sie wirklich unter Halluzinationen, wie der Doktor es vermutete? Der Wahnsinn lauerte in ihrem Kopf, höhnisch lachend, bereit, mit vernichtender Gier über ihren Verstand herzufallen.
    „Sabine, sieh mir in die Augen, ja, so ist es gut, sieh mir tief in die Augen."
    In ihren Ohren rauschte es. Seine Stimme schien direkt in ihrem Kopf zu entstehen. Sie breitete sich aus und flutete mit Macht durch ihren Körper, bis er nur noch aus dieser Stimme zu bestehen schien.
    „Björn Magnus kam in deine Wohnung", raunte die Stimme in ihr, „er bedrohte dein Kind und schlug dich nieder. Lange warst du bewusstlos, doch dann bist du hier in diesem fremden Haus erwacht."
    Sabine wiederholte die Worte, den Blick starr geradeaus gerichtet. Sie tappte hinter ihm her zu einer kleinen, niedrigen Kammer.
    „Wir werden uns wiedersehen", flüsterte der Vampir und berührte ihre Hand mit den Lippen, „bald schon, ohne Angst, ohne Entführer und Mörder -ganz frei. Dann wirst du dich entscheiden müssen!"
    Der Schlüssel knirschte im Schloss. Lautlos verschwand der Vampir mit seiner Last auf der Schulter in der Nacht.
    „Ohlendorf." Die Stimme des Hauptkommissars klang verärgert.
    „Entschuldige, dass ich dich störe, Thomas, es ist spät, nicht? Ich weiß nicht", ein unsicheres Lachen am Ende der Leitung. „Vielleicht ist meine Uhr stehen geblieben."
    Der Tonfall in ihrer Stimme ließ ihn aufhorchen. „Sabine, was ist mit dir? Hast du getrunken?"
    Sabine lachte hysterisch auf, doch dann schlug ihre Stimme in ein Schluchzen um. „Nein, aber ich habe eines über den Schädel bekommen, und ich glaube, jetzt verliere ich wirklich den Verstand."
    „Soll ich dir einen Arzt schicken?"
    „Nein!", schrie sie panisch. „Du musst kommen und Sönke und Uwe und Klaus, bitte, holt uns hier raus!"
    „Was ist passiert?", fragte er und betonte jedes Wort, als spreche er zu einem Kind.
    „Passiert? Oh, eine Menge! Björn war in meiner Wohnung und hat Julia ein Messer an die Kehle gehalten. Er wollte sie mitnehmen und hat versucht, mich zu töten, und dann hat er mich niedergeschlagen und weiter weiß ich nicht."
    „Wo bist du?"
    Sabine zitterte am ganzen Leib, doch sie schaffte es, das Schluchzen zu unterdrücken. „Ich weiß es nicht. In einem Haus, irgendwo auf dem Land. Ich kann einen Wassergraben sehen und einen Damm, aber das Fenster ist zu klein. Da kommen wir nicht hinaus, und die Tür ist abgeschlossen. Thomas, beeile dich. Ich habe Angst, dass er zurückkommt. Ich habe Angst, dass er Julia etwas antut."
    „Wir kommen sofort. Pass gut auf: Ich werde jetzt auflegen und das kannst du auch tun, aber schalte das Telefon nicht aus, hörst du? Wie sieht es mit deinem Akku aus?"
    „Er ist noch halb voll."
    „Gut! Es wird nicht lange dauern, dann haben wir die Sendezelle gefunden- und dann durchsuchen wir jedes Haus bis in den letzten Winkel. Wir finden euch!"
    Die schlafende Julia in ihren Armen, saß Sabine auf dem kalten Boden der finsteren Kammer und wartete. Nur das grünliche Leuchten ihres Telefons schenkte ihr ein wenig Trost. Minuten dehnten sich zur Ewigkeit. Grübelnd zog sich Sabine in ihre Gedanken zurück. Was war passiert, nachdem sie das Bewusstsein verloren hatte? Etwas huschte durch ihre Erinnerung, ein Schatten. Eine Saite schwang in ihrer Seele, doch je mehr sie nach ihm zu greifen suchte, desto tiefer zog er sich in die Winkel zurück, die ihr Bewusstsein nicht mehr erreichen konnte. So blieb ihr nur die finstere Einsamkeit und die Angst um das Leben ihres Kindes.
    Der Vampir fuhr durch die Nacht. Er hatte die Scheinwerfer ausgeschaltet, doch seine scharfen Augen durchdrangen mühelos die Finsternis. Immer weiter fuhr er nach Süden. Westlich der Straße vereinigten sich die Norder-und die Süderelbe zu einem mächtigen Strom, ein schimmernder See schob die Fahrbahn landeinwärts, schlafende Höfe huschten zu beiden Seiten vorbei. Endlich fand er eine geeignete Stelle. Er
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