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Der Duft der Pfirsichblüte - eine Australien-Saga

Der Duft der Pfirsichblüte - eine Australien-Saga

Titel: Der Duft der Pfirsichblüte - eine Australien-Saga
Autoren: Rütten & Loening Verlag <Potsdam>
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hob den Arm. Ihre Finger berührten die Schlaufe.
    Und dann läutete sie Alarm, so heftig, wie sie nur konnte.

12. Kapitel

    I’ll give thee fairies to attend on thee
    And they shall fetch the jewels from the deep,
    And sing while thou on pressed flowers dost sleep.
    (W. Shakespeare, Titania in A midsummernights dream)
     
    »Und wie war das, als um Sie herum die Flammen ausbrachen? Nun erzählen Sie doch mal.«
    Der Maler beugte sich vor und stützte seine Ellbogen auf die Knie. »Man kann so was eigentlich nur malen, wenn man mal selber dabei gewesen ist.« Er grinste. »Schwer zu machen, fürchte ich. Aber man kann sich’s erzählen lassen.«
    »Lassen Sie meine arme Freundin doch in Frieden«, unterbrach Elizabeth Macquarie den Eifrigen ungehalten. »Nicht jeder findet ein Feuer so spannend wie Sie.«
    »Das war kein ›Feuer‹, liebe Mrs. Macquarie«, verteidigte der Maler sein Interesse. »Das war das bisher einzige Schiff, welches in diesem Hafen in Flammen aufging, und möge es bei Gott auch das letzte sein.«
    »Man glaubt nicht, dass man ihm entrinnen kann«, unterbrach Penelope den Streit.
    »Wie bitte?« Beide schauten sie bestürzt an, das spürte sie. Sehen konnte sie nur noch die Silhouetten. Seit dem Winter war es mit ihrer Sehkraft rapide bergab gegangen, und einbisschen hatte sie Angst bekommen, wie es wohl weitergehen würde. Aber sie kam immer noch gut zurecht, fand sie. Und mit diesem Maler würde sie wohl fertig werden.
    »Man glaubt nicht, dass man dem Feuer entrinnen kann, wenn es um einen herum brennt«, wiederholte sie. »Es kreist einen ein. Wo soll man denn hinlaufen?«
    »Na, ins Wasser springen.« Der Maler lachte.
    »Können Sie schwimmen?«, fragte sie zurück.
    »Ich – nun, selbstverständlich kann ich schwimmen – Sie etwa nicht?«
    »Viele, die ich kannte, sind ertrunken. Man hat sie in die Rettungsboote geworfen, und wenn sie danebengefallen sind, ertranken sie.«
    Penelope erschrak vor ihren eigenen Worten. Ja, sie war auch dabei gewesen. Hatte an der Reling gestanden, den Sprung gefürchtet, aber die Flammen noch mehr, hatte dem Tod ins Auge geschaut. Wie lange das zurücklag? Keine fünf Jahre – fünfhundert Jahre. Die Ereignisse blickten nur schemenhaft auf sie zurück. Sie wusste es nun – sie war übers Wasser gelaufen, und hinter ihr war keine Welle mehr so wie vorher. Doch das würde dieser Maler nicht verstehen.
    »Ach, wie schrecklich …« Er wand sich vor Verlegenheit und schien schon zu bereuen, auf diesem Gespräch bestanden zu haben. In Penelope zuckte der Schalk. Einer, der seine Kunst wichtiger nahm als die Menschen, musste es wohl mal gezeigt bekommen.
    »Sie könnten zu einem Selbstexperiment greifen, um herauszufinden, wie es sich wohl anfühlt. Experimente sind drüben in der alten Heimat groß in Mode, wie ich hörte.«
    »Wollen Sie mir raten, mich anzuzünden?« Er lachte albern.
    »Nein, Sie könnten draußen im Hafen von einem Schiff ins Wasser springen. Dann wüssten Sie, wie es sich anfühlt, in die Ausweglosigkeit zu springen. Und dann überlegen Sie einfach, wie es wohl mit Flammen im Rücken wäre.«
    Als der Maler fort war, legte Elizabeth den Arm um ihre Freundin. »Ach, Liebste, es tut mir so leid, Sie mit diesem Menschen belästigt zu haben – ich habe nicht darüber nachgedacht –«
    »Er hat überhaupt nicht nachgedacht.« Penelope lächelte. »Aber jetzt hat er was zum Nachdenken.« Sie tastete nach dem Kuchenteller. »Und sollte er tatsächlich ein Bild malen, kann ich nicht mal kontrollieren, ob er es richtig gemacht hat. Wer weiß, wer außer mir noch lebt von den Passagieren der Miracle!«
    Versonnen probierte sie den Beerenkuchen. So viele von damals waren tot. Jenny, Ann, Esther, die Mutter, Lily. Liam.
    Liam hatten sie am Ende gehängt. Er war nach seiner Gefangennahme nach Norfolk Island verschifft worden. Dort hatte es ihn nicht lange in Ketten gehalten. Nach gelungener Flucht von einem Gefangenentransport hatte er sich mit zwei Männern in die Berge geschlagen. Die grauenvolle Geschichte dieser drei hatte unzählige Seiten der Sydney Gazette gefüllt, Bernhard hatte ihr nur das Wesentliche vorgelesen, um sie nicht zu ängstigen. Obwohl er nicht gewusst hatte, dass sie Liam näher kannte. Und er ahnte nicht, dass die ganzen Geschichten zur Teezeit im Salon der Macquaries besprochen wurden.
    Einer der drei wurde getötet – von seinen Fluchtgesellen, aus Hunger, und sie aßen ihn. Vor Gericht hatte Liam beteuert, dass es
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