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Der Drachenflüsterer - Der Drachenflüsterer

Titel: Der Drachenflüsterer - Der Drachenflüsterer
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Drachenritter geschlagen wurde, aber ausdrücklich verboten ist selbst dies nach den Regeln des Ordens nicht.«
    Jetzt erhob sich ein Getöse im Tempel, denn jeder der Jungen brüstete sich mit seinen Heldentaten, seinem Geschick bei der Jagd und allerlei bestandenen Mutproben und versicherte, er wolle Drachenritter werden, und er würde die Prüfungen schon bestehen. Tischnachbarn gaben sich Kopfnüsse oder nahmen einander in den Schwitzkasten, um zu beweisen, wer der Stärkere war, und jeder hielt einem anderen vor, dass dieser sich dieses oder jenes nicht trauen würde.
    »Und ob ich mich traue, von der unteren Klippe der Schleierfälle zu springen! Und zwar auf der Stelle!«, schrie Byasso.
    »Setz dich wieder hin!«, rief Priester Habemaas.
    »Aber...«
    »Byasso! Du wirst jetzt nicht von einer Klippe springen! Und zieh dein Hemd wieder an. Das hier ist ein Tempel, kein Bordell!«
    Ben grinste. Und mit einem Mal durchströmte ihn die Hoffnung, dass sein Wunsch, Drachen zu befreien, vielleicht doch in Erfüllung gehen konnte. Oft hatte er mit einer schartigen, gebrochenen Klinge, die Yanko ihm vom Alteisen aus der Schmiede seines Vaters stibitzt hatte, im Wald kämpfen geübt, hatte mächtigen Bäumen aus der Drehung schwungvoll die Äste abgeschlagen wie einem Drachen die verfluchten Flügel. Aber nicht oft genug - ab heute würde er viel regelmäßiger üben. Natürlich war ihm klar, dass seine Chancen nicht allzu groß waren, aber er konnte es schaffen. Er musste es einfach versuchen. Den Sommer über würde er noch üben, dann wollte er sein Glück versuchen. Dem weiter anschwellenden
Lärm im Tempel nach war er nicht der Einzige, der solche Pläne gefasst hatte. Priester Habemaas konnte seine Schüler nur mühsam beruhigen.
    »Mein Vater hat einen Drachen«, sagte plötzlich der Junge, den Ben am Tag zuvor verdroschen hatte, ganz nebensächlich, und schon war die Ruhe im Tempel wieder dahin. Alle schrien durcheinander und wollten wissen, wie groß der Drache sei, was für einer es wäre und welcher Ritter ihn vom Fluch der Flügel befreit habe. Die meisten Kinder fragten, ob man ihn anschauen könne.
    »Natürlich«, antwortete der Junge, und an Unterricht war nicht mehr zu denken.
    Also seufzte der Priester schwer und sagte: »Wenn deinem Vater das wirklich recht ist, Sidhy, dann führ uns doch bitte hin.«
    Ben war längst aufgesprungen und näher ans Fenster getreten. Seine Hände zitterten, und sein Herz raste vor Aufregung. Ein Drache! Ein echter Drache war nach Trollfurt gekommen! Er schloss die Augen und lehnte sich neben dem Fenster an die weiße Steinwand. Aufgewühlt wartete er, bis die gut fünf Dutzend plappernder Kinder aus dem Tempel geströmt waren, angeführt von einem Sidhy mit stolz geschwellter Brust und einem würdevoll ausschreitenden Priester, der den Anschein erwecken wollte, als wäre der ganze Ausflug seine Idee und von ihm geplant und angeordnet. Ben löste sich von der Wand und schloss sich dem Zug unauffällig an. Er würde einen Drachen sehen!
    Sie liefen die breite Hauptstraße entlang, vorbei an der Schmiede von Yankos Eltern und ein wenig später auch am strahlenden Haus Dagwarts, in dem der Bürgermeister residierte. Aus der einen oder anderen Küche drang der würzige
Duft eines Mittagessens auf die Straße, und hinter manchem Fenster zeigte sich das neugierige Gesicht eines Bediensteten.
    Trollfurt war keine arme Stadt, doch noch vor gut zehn Jahren hätte sie als reich gegolten. Sie lag abseits, am wenig besiedelten nördlichen Rande des Großtirdischen Reichs, fern der Burgen und Klöster des Ordens, doch das Blausilber, das damals noch abgebaut worden war, hatte ihr Bedeutung verliehen. Das leuchtende Metall trug die Magie der alten Bergherzen in sich und war eines der seltensten und das härteste der Welt, aus ihm wurden in Schmieden mit Faystos Feuer die Schwerter und Rüstungen der Drachenritter gehämmert. Nur eine solche Klinge konnte die Schuppen eines Drachen durchdringen. Häufig wurde ihm ein wenig Schattenstahl beigemischt, der das Licht des Blausilbers schluckte, denn es war von Nachteil, in einem Kampf bei Nacht selbst ein weithin strahlendes Ziel zu bieten.
    Ben hatte noch ganz schwache Erinnerungen an Arbeiter, die nach Sonnenuntergang den Berg herabgestiegen kamen, den Staub der Felsen und des Blausilbers auf den müden Schultern und im Gesicht. Wie schimmernde Gespenster waren sie ihm erschienen, gesprenkelt leuchtende Gestalten in der Nacht. Und dann war
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