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Der David ist dem Goliath sein Tod

Der David ist dem Goliath sein Tod

Titel: Der David ist dem Goliath sein Tod
Autoren: Torsten Sträter
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Songs von Scooter spielen. Damals nicht. Indianer. Zack. Fertig.
    Verheißungsvoller Name, süßer Kern.
    Selbstverständlich sah ich mir den Rest des Films an, eine monochrome Räuberpistole, in der es um, ich muss nachdenken, keine Ahnung ging, aber es kam eine Insel drin vor und machte somit den Titel zum Programm, was ja nicht bei jedem Film der Fall ist.
    Ich nenne hier nur mal Die unerträgliche Leichtigkeit des Seins , in dem es keineswegs darum geht, wie knifflig das ist, fluffig in der Gegend herumzuexistieren, sondern um Prag und Poppen.
    Oder nehmen wir Hard to kill mit Steven Seagal, wörtlich übersetzt »Schwer zu töten«, was sich nun, nach achthundert weiteren Filmen mit Seagal, allmählich schmerzhaft bewahrheitet.
    Steven Seagal ist unbeeindruckt von dem Umstand, dass er in jedem Film eine drahtige Killermaschine spielt, so fett geworden, dass man überlegt, »Schwer zu töten« einfach in »Schwer« umzubenennen.
    Aber wer bin ich, dass ich über Seagal den Stab breche?
    Immerhin ist Steven Seagal der weltweit einzige Schauspieler, bei dessen Filmen sich die Handlung in buchstäblich einem Satz zusammenfassen lässt: Eine Bande Kleinkrimineller lehnt an Seagals Camaro, er tritt hinzu, macht einen Spruch und schlägt im Anschluss alle tot. Das war’s. Punkt.
    Aber ich schweife ab.
    Das heißt, Sekunde mal: Das, was mir sozusagen filmtechnisch wirklich auf der Seele lastet, ist diese unheimliche Scheinidentitätssache.
    Ich meine, das dürfte doch jedem aufgefallen sein – der deutsche Schauspieler Karsten Speck wurde wegen Anlagebetrugs verurteilt, ging in den Kahn und ist seitdem wie vom Erdboden verschluckt.
    Aber gleichzeitig existiert ein anderer Mann in Hollywood, dreht fröhlich und unbehelligt Filme und niemand sagt was: Kevin Bacon.
    Hallo?
    Ich schweife immer noch ab.
    Brauner Bär.
    Mein erster Kinobesuch ist nun viele Jahre her, aber noch immer gehe ich mitunter hoffnungsfroh in Dönerboutiquen und erwarte plötzlich, angeweht vom Atem einer vergangenen Zeit, Suzuk mit Karamellkern auf der Karte zu entdecken.
    Mit Obsession hat das wenig zu tun, ich bin immerhin Akademiker und weiß Bescheid.
    Nun, ich bin fast Akademiker; an sich hatte ich begonnen, Medizin zu studieren, dann aber auf Einzelhandelskaufmann umgeschwenkt, nachdem meinem Prof unangenehm aufgestoßen war, dass ich bei der Öffnung von Leichen zu Übungszwecken stets den Brustkorb leer räumte und brüllte: »Wo ist der Scheiß-Karamellkern?«
    Das hat sich allerdings gelegt.
    Schon weil wir im Einzelhandel selten Tote obduzieren.
    Kann nicht überall Karamell drin sein, weiß ich selber.
    Klar habe ich grundsätzlich erwartet, einen Sohn zu bekommen, als die Mutter meines Kindes schwanger war; das mit dem Karamellkern war nur eine Phase, die ich durchlebte, als die Ultraschallbilder nur einen dunklen Klumpen zeigten, und dass ich drei Monate lang mit einem blankgewienerten Löffel um sie herumtanzte, hat unserem Verhältnis nicht geschadet.
    Niemand wird mir wohl meinen totalen Zusammenbruch verübeln, als der Karamellkern dann Augen bekam.
    Aber das war nur eine Phase. Also eine andere. Nichts Spektakuläres.
    Sicher hat’s da auch Situationen gegeben, wo meine kleine Vorliebe ein bisschen durchschimmerte.
    Ich erinnere mich da vage an das Vorstellungsgespräch bei Mediamarkt, als der Personalchef fragte: »Haben Sie Erfahrung im Bereich Kundenreklamation?«
    Ich antwortete, und wer hätte das an meiner statt nicht getan: »Haben Sie denn, mein Guter, einen Karamellkern?«
    Â»Was?«, fragte er.
    Â»Einen Klumpen Karamell. Spüren Sie ihn in Ihrem Inneren pochen und klumpern, wabern und pumpern, den Kern aus Karamell?«
    Â»Wie bidde?«
    Ich entsinne mich, ärgerlich geworden zu sein.
    Â»Nun tun Sie sich mal nicht so schwer! Wenn Sie nachts rülpsen, schmeckt das dann leicht süßlich?«
    Einen direkten Konflikt mit dem Gesetz gab’s nur einmal, eine Bagatelle sondergleichen.
    Das war, als ich über eine Absperrung kletterte, um bei den Karl-May-Festspielen den Winnetou auf Nabelhöhe mit einer Rohrpumpenzange aufzumachen.
    Ich bin mir immer noch sicher, dass der Typ vor Karamell kaum laufen konnte, aber so Schauspieler nehmen ja eine Sonderstellung ein und zieren sich wie kleine Mädchen. Mir wurscht. Ich kann warten. Wenn der mal stirbt, werde ich den Sargdeckel eintreten,
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