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Der Bund des Raben 03 - Kind der Dunkelheit

Titel: Der Bund des Raben 03 - Kind der Dunkelheit
Autoren: James Barclay
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Die Wahrheit war ja, dass er sich tatsächlich noch nicht richtig zur Ruhe gesetzt hatte. In Xetesk gab es noch viel zu tun, man musste dringend weitere Forschungen durchführen, um die Protektoren freizulassen, die das wollten. Davon abgesehen musste er hin und wieder seine Freunde besuchen, was aber eigentlich nur eine bequeme Ausrede war. Irgendwie konnte er nicht bestreiten, dass er manchmal dieses ruhige Leben satt hatte und sich danach sehnte, sich das Schwert auf den Rücken zu schnallen und loszureiten.
    Auch ihm machte es Sorgen. Wenn er sich nun tatsächlich niemals wirklich niederlassen wollte? Aber seine Sehnsucht musste sich doch in nicht allzu ferner Zukunft endlich einmal auf ruhigere Dinge richten. Wenigstens verspürte er nicht mehr den Drang, ständig in vorderster Reihe zu kämpfen, und das hatte etwas Tröstliches. Dabei hatte er Angebote bekommen, viele Angebote.
    Er lächelte Tomas an. »Nein, nicht mehr. Ich wische lieber den Boden als zu kämpfen. Dabei riskiert man doch nur Kopf und Kragen.«
    »Was juckt dich dann?«
    »Denser kommt. Ich kann es spüren. Es ist das Gleiche wie immer.«
    »Oh, wann denn?« Tomas runzelte die Stirn.
    Der Unbekannte zuckte mit den Achseln. »Bald schon, sehr bald.«
    Rhob, Tomas’ Sohn, tauchte in der Hintertür auf, die zu den Ställen führte. In den letzten Jahren war der nervöse
Junge zu einem kräftigen, besonnenen jungen Mann herangewachsen. Grüne Augen funkelten unter kurzem braunem Haar in einem Gesicht mit markanten Wangenknochen. Sein kräftiger Körperbau war die Folge von vielen Jahren körperlicher Arbeit mit den Pferden, Sätteln und Kutschen, und sein angenehmes Wesen war ein Spiegelbild des Charakters seines Vaters.
    »Alles drin und gesichert?«, fragte Tomas.
    »Alles klar«, sagte Rhob. Er kam zur Theke und schnappte sich den zweiten Eimer und den großen, zerfransten Putzwedel. »Mach nur, alter Herr, geh du nur ins Bett und lass die Jugend hier aufräumen.« Er grinste breit, seine Augen funkelten vorwitzig im Schein der Lampen.
    Der Unbekannte lachte. »Es ist lange her, dass mich jemand als Jugendlichen bezeichnet hat.«
    »Das ist eben immer eine Frage des Standpunkts«, meinte Rhob.
    Tomas wischte die Theke ab und warf das Tuch in den Wascheimer. »Also, der alte Herr wird dann wohl den Rat seines Sohnes annehmen. Wir sehen uns morgen gegen Mittag.«
    »Gute Nacht, Tomas.«
    »Gute Nacht, Vater.«
    »So«, meinte der Unbekannte. »Ich übernehme die Tische, du den Boden und den Herd.«
    Als sie sich an ihre jeweiligen Aufgaben machen wollten, wurden sie von einem drängenden Klopfen an der Vordertür unterbrochen. Rhob schaute auf, er hatte gerade den Herd abgewischt. Der Unbekannte blies die Wangen auf.
    »Ich denke, ich weiß, wer das ist«, sagte er. »Sieh doch mal nach, ob wir noch Wasser für Kaffee haben, Rhob. Und richte eine Platte mit Brot und Käse.«

    Rhob lehnte den Schrubber in die Ecke und verschwand hinter der Theke. Der Unbekannte schob unterdessen die Riegel zurück und zog die Tür auf. Denser fiel ihm beinahe entgegen.
    »Bei den Göttern, Denser, was, zum Teufel, hast du nur angestellt?«
    »Bin geflogen«, sagte er. Sein Blick war unstet, die Augen tief eingesunken, das Gesicht kreidebleich und eiskalt. »Kannst du mir etwas Warmes zu essen besorgen? Mir ist kalt.«
    »Hmm.« Der Unbekannte führte den schlotternden Denser ins Hinterzimmer und zog einen Stuhl vor den kalten Kamin. Dort ließ sich der Magier ins weiche Polster sinken. Der Raum hatte sich kaum verändert. Vor den mit Läden gesicherten Fenstern stand die große Tafel des Raben, die Stühle waren mit weißem Tuch abgedeckt. An diesem Tisch hatten sie gefeiert und getrauert. Er war betrübt, dass seine klarste Erinnerung die an Sirendor Larn war, Hirads besten Freund, der auf diesem Tisch, in Laken gehüllt, aufgebahrt worden war.
    Die Stühle der Rabenkrieger standen wie gewohnt vor dem Kamin, doch der Unbekannte rückte sie jeden Tag zur Seite, um heimlich mit seinem Zweihandschwert zu trainieren. Wenn es eines gab, das der Unbekannte durch Erfahrung gelernt hatte, dann war es die Tatsache, dass in Balaia nichts so blieb, wie es war.
    Rhob stieß die Tür auf und kam mit einem dampfenden Krug, Bechern und einem Tablett mit Essen zurück. Das alles trug er auf einem Arm, damit er die zweite Hand für eine Schaufel mit glühenden Kohlen frei hatte. Der Unbekannte nahm ihm alles mit einem dankbaren Nicken ab.
    »Ist schon gut, ich räume vorne
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