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Der Bourne Verrat: Roman (German Edition)

Der Bourne Verrat: Roman (German Edition)

Titel: Der Bourne Verrat: Roman (German Edition)
Autoren: Robert Ludlum
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Gedanken flogen zu einer Ausstellung von japanischen Holzschnitten, die er einmal gesehen hatte. Die Arbeiten strahlten Klarheit und Gelassenheit aus, bis auf eine erotische Darstellung einer Frau in höchster Ekstase in den acht Armen ihres Geliebten. So ungefähr sah er seine gefährliche Geliebte und Verfolgerin. In dem stinkenden Hotelzimmer in Dahr El Ahmar hatte er den Gipfel der Ekstase erreicht, wie die Frau in dem Kunstwerk. So gesehen, bereute er nichts. Nie hatte er gedacht, dass ihm jemand solche Lust bereiten könnte, und er empfand eine perverse Dankbarkeit, obwohl ihm diese Frau vielleicht den Tod bringen würde.
    Er erschrak. Sie kam näher. Obwohl er sie in dem Labyrinth von Bäumen nicht hören und auch nicht mehr sehen konnte, spürte er ihre Anwesenheit, als würde sie auf unerklärliche Weise von ihm angezogen werden. Er saß still da und bereitete sich in Gedanken auf den Moment vor, in dem sie ihn finden würde.
    Er brauchte nicht lange zu warten. Die Sekunden vergingen langsam, als würden sie mit dem Wasser hinter ihm forttreiben. Er hörte sie seinen Namen rufen, leise und sanft, wie sie es im Bett getan hatte, als ihre Körper ekstatisch ineinander verschlungen waren. Ein Schauer lief ihm über den Rücken und zwischen die Beine.
    Doch er war noch nicht am Ende. Es lag an ihm, dieses Schlachtfeld lebend zu verlassen.
    Er senkte den Kopf und zog die Knie langsam an die Brust. Der Schneefall musste stärker geworden sein, denn immer mehr Flocken fanden den Weg durch das Gewirr der Kiefernnadeln. Die grünen Schatten verfärbten sich dunkelgrau und machten ihn fast unsichtbar. Der Schnee legte sich leicht wie das Flattern von Engelsflügeln auf ihn. Sein Herz hämmerte, er spürte den Puls in seinem Hals.
    Noch lebe ich , dachte er.
    Er fühlte ihre Nähe, als sie zwischen zwei Kiefern durchschlüpfte. Seine Nasenflügel blähten sich, ein Tier witterte das andere. Egal, wie es ausging, die Jagd war zu Ende. Er spürte eine gewisse Erleichterung. Bald würde es vorbei sein.
    Sie war nun so nah, dass er das Knirschen ihrer Stiefel auf der dünnen Schneedecke hörte. Zwei Meter vor ihm blieb sie stehen. Ihr Schatten fiel auf ihn; er hatte ihn immer gespürt in den Wochen, in denen er vergeblich versucht hatte, sie abzuschütteln.
    Ich weiß, was du bist , hatte sie gesagt, also wusste sie auch, dass er auf sich allein gestellt war. Es gab keine Kontaktpersonen, an die er sich im Notfall wenden konnte. Er war völlig isoliert, damit der Organisation keine Gefahr drohte, falls er gefasst und einem verschärften Verhör unterzogen wurde. Dennoch kannte er einige brisante Geheimnisse, und sie würde gewiss alles tun, um sie ihm zu entreißen.
    Wieder sagte sie seinen Namen, diesmal deutlicher, und er hob das Kinn von seiner Brust und schaute ihr in die Augen. Sie hielt ihre Pistole auf sein rechtes Knie gerichtet.
    »Die Flucht ist zu Ende«, sagte sie.
    »Stimmt«, nickte er.
    Sie sah ihn mit einem seltsamen, fast gütigen Ausdruck an. »Das mit der Lippe tut mir leid.«
    Er lachte kurz und bitter auf. »Ich habe wohl einen kräftigen Weckruf gebraucht.«
    Ihre Augen hatten die Farbe und Form von reifen Oliven und bildeten einen lebhaften Kontrast zu ihrer braun getönten Haut und dem schwarzen Haar, das bis auf ein paar Strähnen unter der Kapuze verborgen war. »Warum tust du, was du tust?«
    »Warum tust du es?«
    Sie lachte leise. »Das ist ganz einfach.« Sie hatte eine edle römische Nase, feine Wangenknochen und einen sinnlichen Mund. »Ich kämpfe für die Sicherheit meines Landes.«
    »Auf Kosten aller anderen Länder.«
    »Wenn es sein muss, ja.« Sie schüttelte den Kopf. »Aber das verstehst du nicht.«
    »Du bist dir deiner Sache sehr sicher.«
    Sie zuckte die Achseln. »So bin ich nun mal.«
    Er rührte sich ganz leicht. »Sag mir eines. Was hast du dir dabei gedacht, als wir miteinander im Bett waren?«
    Ihr Lächeln veränderte sich ganz leicht, doch das war auch schon ihre ganze Antwort.
    »Du wirst mir erzählen, was ich wissen will«, sagte sie schließlich. »Erzähl mir vom Dschihad bis-sayf.«
    »Nicht einmal an der Schwelle des Todes.«
    Ihr Lächeln hatte wieder etwas Intimes und Geheimnisvolles, so wie in dem Hotelzimmer in Dahr El Ahmar. Er hatte es für einen Ausdruck dessen gehalten, was zwischen ihnen war, und das war nicht einmal falsch. Doch die Wahrheit dahinter war ihm entgangen.
    »Du hast kein Land, dem du dich verpflichtet fühlst. Dafür haben deine Herren schon
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