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Der Blutfluch: Roman (German Edition)

Der Blutfluch: Roman (German Edition)

Titel: Der Blutfluch: Roman (German Edition)
Autoren: Marie Cristen
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Zuneigung und bezeichnete ihn als Bruder seines Kardinalskollegiums. Danach forderte er ihn jedoch unmissverständlich auf, den Erzbischof freizulassen und dafür zu sorgen, dass in deutschen Diözesen den Legaten des Heiligen Vaters künftig Gastfreundschaft und nicht Gefangenschaft zuteilwerde. Mahnend wies er dabei auf die Wohltaten und Lehen hin, die der Kaiser aus seiner Hand empfangen habe.
    Ehe Aliza dazu kam, sich über den strengen Ton des Schreibens zu wundern, brach Tumult aus. Flüche und Schreie mischten sich mit unverständlichen Ausrufen. Die Menschen drängten zum Thron. Edelmänner schüttelten erhobene Fäuste oder legten gar die Hand ans Schwert. Gemeinsam mit Rupert wurde sie in der Menge hin und her gestoßen.
    »Was ist geschehen?«, rief sie verwirrt.
    »Du hast es doch gehört«, erklärte Rupert gepresst. »Seine Heiligkeit behauptet, er habe dem Kaiser das Reich zum Lehen gegeben.«
    »Von wem sonst«, erhob sich in diesem Moment die Stimme von Kardinal Blandinelli in akzentfreiem Deutsch über das allgemeine Geschrei. »Von wem, wenn nicht vom Papst, hat der Kaiser das Reich erhalten?«
    Gewalt und Empörung lagen in der Luft. Aliza klammerte sich an Ruperts Arm und sah sich nach einem Fluchtweg um. Vergeblich. Die Menschenmauern schlossen sich dichter als zuvor um sie.
    »Haltet ein!«
    Der Kaiser erhob die Stimme und brachte seine empörten Anhänger zum Schweigen. Mit einer bloßen Handbewegung hielt Barbarossa Otto von Wittelsbach davon ab, das Schwert gegen Blandinelli zu erheben.
    »Sagt seiner Heiligkeit«, wandte er sich dann majestätisch an den päpstlichen Gesandten, »die Allmacht Gottes hat Uns das Königreich und das Kaiserreich zur Herrschaft und den Frieden der Kirche zur Verteidigung durch die Waffen des Reiches anvertraut! Durch die Wahl der Fürsten kommen Uns allein von Gott dem Allmächtigen das König-und das Kaiserreich zu!«
    Barbarossas Worten folgte eine Stille, die ebenso bedrohlich wirkte, wie der Lärm zuvor. Aliza kam es vor, als sei die Luft im Saal dünner geworden.
    »Lasst sie gehen.«
    Der Kaiserbefehl galt den Rittern, die sich, die Hand am Schwert, um die Kardinäle geschart hatten. Nacheinander traten sie zurück und gaben eine Gasse für die Kirchenfürsten frei.
    Aliza rang nach Atem. In ihrem Kopf breitete sich eine seltsame Leere aus, während sie gleichzeitig ein Gefühl erfasste, als befreie sich ihr Geist aus dem Gefängnis ihres Körpers. Sie taumelte.
     
    »Beruhigt Euch, mein Freund, es kommt alle Tage vor, dass Frauen ohnmächtig werden. Macht Platz, damit der Seigneur von Andrieu seine Frau hinausgeleiten kann.«
    »Agnes von Tennenburg!«
    »Die Königin hat mich angewiesen, Euch ein Gemach zuzuweisen. Das kommt Euch jetzt sicher gelegen. Lasst uns gehen, damit Eure Gemahlin sich dort in aller Ruhe erholen kann.«
    Aliza schlug endlich die Augen wieder auf und begriff, dass sie in Besançon und nicht zu Hause war. Beschämt errötete sie und versuchte sich aufzusetzen.
    »Es tut mir leid …«
    »Bleibt liegen«, kommandierte Agnes energisch.
    Auch Rupert drückte sie an den Schultern in die Kissen zurück, während Agnes mit der Sicherheit einer Frau, die wusste, wovon sie sprach, hinzufügte:
    »Ihr seid schwanger. Die Diagnose ist nicht schwer. Wisst Ihr es nicht, dass Ihr so unvorsichtig seid?«
    »Du bist …«
    Rupert verlor sich in angefangenen Sätzen, und Aliza erging es in ihrer Verblüffung nicht besser. Nicht die kleinste Beschwernis hatte sie darauf vorbereitet. Das Ausbleiben ihrer Mondzeit hatte sie im vergangenen Monat auf die Anstrengung der letzten Erntetage und die Mühen des Lebens auf der Baustelle geschoben.
    Unwillkürlich berührte sie mit den Handflächen ihren Körper und suchte Ruperts Blick. In ihr wuchs Leben. In diesem Augenblick gab es keinen Machtkampf zwischen Papst und Kaiser, keinen drohenden Krieg und keine Schwierigkeiten des Alltags. Nur Glück und Hoffnung.
    Agnes brach den Bann.
    »Ihr solltet eine Kleinigkeit zu Euch nehmen, dann werdet Ihr Euch sofort besser fühlen. Ich schicke einen Pagen …«
    Beide beachteten ihn kaum, als er wenig später Wein und einen Imbiss brachte. Sie hätten auch nicht sagen können, wie viel Zeit verging, bis die Königin erschien.
    »Ich sehe, Burgund bekommt Euch gut«, scherzte Beatrix, umarmte Aliza und reichte Rupert die Hand zum Kuss. »Ich freue mich sehr, Euch wiederzusehen.«
    »Wir sind Euch zu größtem Dank verpflichtet.« Rupert verharrte in seiner
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