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Der Blutfluch: Roman (German Edition)

Der Blutfluch: Roman (German Edition)

Titel: Der Blutfluch: Roman (German Edition)
Autoren: Marie Cristen
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gehen, der Hoftag in Ulm steht bevor.«
    »Gut. Es klingt gut, Rupert. Wir wollen es wagen. Ich werde zur Königin gehen und ihr Bescheid geben.«
    Sie ließ ihn, von seinen Gefühlen hin-und hergerissen, in der Kapelle zurück. Vor Wolfs Grab sank er zu Boden. Halb, weil ihn der Gefühlssturm in die Knie zwang, halb, weil ihm ein Dankgebet angemessen erschien. Am Ende wurde es eine Fortsetzung des Zwiegesprächs mit seinem Freund.
    »Im Grunde muss ich Aliza danken. Sie macht mich reich, erlöst mich aus Zähringer Diensten, macht mich zum freien Kronvasallen, und sie macht mich überglücklich. Sie wird ihr Leben mit mir teilen.«
    Wolfs Antwort wäre zu seinen Lebzeiten von Vernunft geprägt gewesen. »Bist du sicher, dass sie es aus Liebe tut?«, hätte er gesagt. »Vielleicht teilt sie ihr Leben nur mit dir, weil sie keinen anderen Ausweg sieht.«
    Aber der Wolf, der seine letzte Ruhe mit einer Tamara-Tänzerin teilte, war nicht länger der Kreuzritter, der das Leben nüchtern betrachtete und der Vernunft das Wort redete.
    Deutlich entsann sich Rupert der Ratlosigkeit des Medicus, der Wolfs Wunde versorgt hatte und an dessen Totenbett sein Scheitern eingestehen musste. »Er kämpft nicht um sein Leben. Er gibt sich auf. Ich kann nichts mehr für ihn tun. Weiß der Himmel, warum er es mir so schwer macht.«
    Rupert kannte den Grund. Sizma.
    »Ich werde kämpfen«, schwor er dem Freund. »Um das Leben, um Aliza, um unsere Zukunft.«
    Königin Beatrix
Villa Lutra, 14. Januar 1157
    E ine Spur zu lange schwebte der Siegelstempel über dem Wachs, das sich bereits verfestigte. Doch dann hieb Berthold den Stempel so heftig in die Masse, dass die Geste trotzig wirkte.
    Ein Dokument mit dem Siegel des Kaisers zu versehen, war ein feierlicher Akt. Das beschriebene Pergament, am unteren Ende mit Bändern versehen, wurde präsentiert und verlesen. Danach breitete es ein Ministerialer auf einem Tisch vor dem Kaiser aus und legte einen Ring – aus Eisen glatt und fugenlos geschmiedet – quer über das erste Band. In dieses Rund wurde flüssiges Wachs gegossen, damit der Kaiser sein Siegel in die erstarrende Masse setzen konnte. Mit einem zweiten Siegel am zweiten Band bekundete der Erzkanzler oder ein anderer Reichsfürst seine Zeugenschaft.
    Beatrix sah zu Aliza hinüber, die hartnäckig vermied, den Blick ihres Vaters zu kreuzen. Den Kopf mit einer Bundhaube bedeckt, die den Verlust ihres Haares verbarg, zog sie alle Augen auf sich. Ohne die Ablenkung der roten Locken trat zwischen ihr und dem Zähringer eine Ähnlichkeit in Haltung und Gestik zutage, die ihre Verwandtschaft verblüffend unterstrich.
    Der Kaiser überreichte Rupert die Urkunde. Sie machte aus einem edelfreien Dienstmann der Zähringer einen direkt dem Kaiser unterstellten Reichsritter, der nicht länger seine Heimat in Urach, sondern in Burgund hatte. Früher oder später würde er sich, wie es allgemein Sitte war, nach dem Sitz seiner Burg benennen.
    »Folgt Uns in die Kapelle, damit gesegnet wird, was Wir in bestem Wissen zusammenfügen wollen«, forderte Friedrich die Hochzeitsgruppe auf. »Führt Eure Braut vor den Altar, Rupert.«
    Friedrich ergriff Alizas Rechte und legte sie in Ruperts Hand. Mit Beatrix zusammen geleitete er das Paar zum Traualtar.
    Beatrix verfolgte den feierlichen Akt der so eilig anberaumten Trauung mit zwiespältigen Gefühlen. Sie hatte sich angefreundet mit der Tatsache, dass Aliza den Hof verließ. Die merkwürdige Fügung, die sie für kurze Zeit zu Vertrauten hatte werden lassen, beschäftigte ihre Gedanken. Sie versuchte sich Alizas Zukunft auszumalen. Würde es eine glückliche Ehe werden, bei allem, was sie mit sich schleppte? Würde es eine kinderreiche Ehe sein, im Gegensatz zu ihrer?
    Ihre Kinderlosigkeit. Auch das Festmahl, das Berthold von Zähringen anschließend für den scheidenden Rupert und seine neu gewonnene Tochter ausrichtete, trug nicht dazu bei, sie auf andere Gedanken zu bringen.
    Sie fand sich vom Erzkanzler beobachtet, der zu ihrer Rechten saß. Seit der Aufdeckung des Skandals um Aliza beschränkten sich ihre Gespräche auf höfliche Bemerkungen. Jetzt hob er den Becher zu ihren Ehren, und sie erwiderte die Geste.
    »Ihr zürnt mir, nicht wahr?« Müde der diplomatischen Umwege, stellte Beatrix die direkte Frage.
    »Nein, Ihr habt mich überrascht, Majestät. Ihr habt mir gezeigt, dass Ihr eigene Wege kennt, die Dinge in eine dem Kaiser gefällige Ordnung zu bringen. Das verdient Hochachtung, nicht
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