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Der Bestienhelm

Der Bestienhelm

Titel: Der Bestienhelm
Autoren: Hans Kneifel
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Rüstung klirren ließen, den Saal.
    Schweigend blickte Feithearn ihm nach. Coerl O'Marns Benehmen war eines der Dinge, die für den jungen, ehrgeizigen Dämonenpriester immer unbegreiflich bleiben würden.
    Die Sterne schienen unheilvoll zu flackern. Das Licht des Mondes war hell und bleich, und die langgezogenen Wolkenfetzen, die vor der unvollständigen Scheibe des Gestirns vorbeijagten, schufen ununterbrochen veränderte Lichtverhältnisse. Das Meer hatte sich in eine schauerliche Einöde verwandelt; voller Wellen, deren Täler man nicht erkannte, vollerWellenkämme, von denen der kalte Wind den Schaum wegriss .
    *
    Sterne und Mond waren die einzigen Lichtquellen weit und breit. Es gab an Land keine Feuer und nicht die flackernden Zeichen der Leuchttürme oder der Wachplattformen. Nur im Heckraum der Kurnis brannten drei Öllampen, die an langen Schnüren aufgehängt waren.
    Am Ruder standen jetzt, es war etwa Mitternacht, Nottr und Steinmann Sadagar. Hätte ein Dritter in ihre Gesichter sehen können, hätte er die Angst in ihren Zügen erkannt. Für sie war jetzt, in der ersten Nacht seit dem Ablegen, der neue Höhepunkt des Schreckens erreicht. Das Meer, der Mond und der Wind waren keine Gegner, gegen die man mit Schwerthieben oder geschleuderten Dolchen kämpfen konnte. Es war eine gänzlich neue Erfahrung, das Schiff zu steuern.
    Eine Gruppe von Sternen, mehrere Handbreit über dem unsichtbaren Horizont, war von Mythor als vorläufiger Zielpunkt bezeichnet worden. Der Bugspriet der Kurnis musste immer, nach jedem Manöver, jedem Heben und Senken des Schiffes, deutlich auf dieses Sternbild zeigen.
    »Noch eine solche Nacht«, schrie Nottr durch das nervenzermürbende Knarren und Winseln, Plätschern und Zischen, Brodeln und Fauchen, »und ich habe den Mut einer Maus!«
    »Noch eine Nacht«, brüllte Sadagar zurück, »und unsere Haare sind weiß geworden. Aber wir stehen das alles durch, Nottr.«
    »Du bist entweder verrückt, oder du lügst, um deine Angst nicht zu zeigen«, war die Antwort.
    Das Schiff schwankte hin und her, bäumte sich auf wie ein Pferd und schlug mit dem Bug krachend und dröhnend in die Wellen zurück. Salzwasser peitschte in die geröteten, eiskalten Gesichter der Männer.
    »Wenn mich Kalathee sehen würde!« schrie Nottr.
    »In dieser Dunkelheit?« fragte Sadagar zurück, nachdem sich das Schiff geschüttelt hatte und wieder auf Kurs lag. Das nasse Segel bauschte sich prall auf und knatterte an den Rändern. Ein losgerissenes Tau wedelte durch die Luft.
    »Sie würde mich lieben müssen«, rief Nottr. »Endlich würde sie sehen, dass ich ein guter Bursche bin.«
    »Das weiß sie längst!« gab Sadagar zurück.
    Selbst einem Blinden wäre es inzwischen aufgefallen: Nottr schien in Kalathee das einzige Ziel seiner Wünsche, Begierden und Zärtlichkeit zu sehen. Mehr als je zuvor. Gerade jetzt, da fünf Menschen gezwungen waren, sich auf engem Raum aufzuhalten, mehr oder weniger nur in einem großen hölzernen Verschlag zu leben, zeigten sich die Spannungen.
    Mythor, unangreifbar, mutig und scheinbar nicht von seinem Weg abzubringen, sprach mit Elivara und versuchte, das Schiff auf dem richtigen Kurs zu halten.
    Kalathee bemühte sich, ebenso unbeirrbar, Mythor jeden Wunsch von den Augen abzulesen. Sie drängte sich immer wieder in seine Nähe, selbst wenn er, in seinen Pelzumhang gehüllt, auf dem Heck stand und steuerte, von Kälte, Wind und Gischt umhüllt.
    Nottr, stark und unerschrocken, aber trotzdem gefangen in einer Umgebung, die ihn bis zum Äußersten zwang, sich zu beherrschen und seine Furcht zu unterdrücken, hatte nur Augen für Kalathee. Er sprach mit ihr, forderte sie heraus, stellte ihr nach und ließ sie keinen Augenblick unbeobachtet. Sie war freundlich zu ihm, aber sie schien nicht einmal zu bemerken, dass er sich glühend nach ihr und ihrer Nähe verzehrte. Noch waren diese Spannungen nicht deutlich aufgetreten. Noch versteckte sich alles unter der schützenden, glättenden Decke des gemeinsam zu bestehenden Abenteuers auf dem unbekannten, schrecklichen Meer.
    Niemand dachte daran, dass diese lautlose Entwicklung sich bis zu einem Höhepunkt würde entwickeln können, der die Freundschaft zwischen den Beteiligten in Gefahr bringen konnte.
    »Wenn Kalathee weiß, dass ich sie begehre«, rief Nottr mürrisch, »warum tut sie dann, als sei ich aussätzig?«
    »Willst du etwa eine ehrliche Antwort?« wollte Steinmann Sadagar wissen. Er grinste spöttisch, aber sein
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