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Der Beschütze

Der Beschütze

Titel: Der Beschütze
Autoren: Belinda Bauer
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willkürlich: »Mrs. Springer!« in Richtung des Hauses und glotzte dazwischen mit offenem Mund die Flammen an wie ein Tourist.
    Was für ein Haufen verschissene Memmen!
    »Wo ist sie?«, überschrie Marvel das Gebrüll des Feuers, doch Pollard schüttelte nur den Kopf.
    »Feuerwehr?«, brüllte Marvel erneut mit der obligatorischen Telefon-am-Ohr-Geste, und Reynolds schrie: »Ist unterwegs!«
    Das schaffen die nie, dachte Marvel. Nicht bei dem Schnee.
    Es hatte weitergeschneit, und an manchen Stellen war der Schnee knietief. Große Dampfwolken gesellten sich zu dem Rauch, der aus dem Dach des Hauses quoll, als die Flocken auf den Schindeln zischten und fauchten wie Fett in einer Pfanne.

    »Helfen Sie ihnen!«, schrie er Pollard an und zeigte auf die anderen, dann rannte er zum Wassertrog und zog seinen Mantel aus. Rasch tauchte er ihn ins Wasser, in dem scharfe Eisbrocken trieben, und zog ihn dann wieder über; die Eiseskälte auf der bloßen Haut bemerkte er kaum. Er zerrte sich den Mantel über den Kopf und stürzte auf die Haustür zu, gerade als Singh und Grey sie mit der Leiter aufbrachen.
    Reynolds versuchte, ihn aufzuhalten, stellte sich ihm in den Weg, griff wie ein durchgedrehter Fan nach seinem Mantel.
    »Sie sind betrunken!«, brüllte er Marvel ins Gesicht. Nicht einmal ein »Sir« fügte er anstandshalber hinzu.
    Marvel rammte ihm den Ellenbogen auf die Nase  – ein Faustschlag war es nicht, aber es war wenigstens etwas  – und stürmte dann an ihm vorbei. »Aus dem Weg!«, schrie er und rannte ins Haus.
    Verglichen mit dem Hof war dort eine Oase der Ruhe, und einen Augenblick lang blieb Marvel stehen und sah sich schwankend um.
    Die Flammen waren an den Vorhängen und den Wänden emporgeklommen, doch die Bodenfliesen aus Stein waren für Feuer ein abschreckender Gegner. Die Flaschen und Gläser, die er erst vor ein paar Stunden zurückgelassen hatte, standen noch immer auf dem Tisch. Rauch nahm ihm weitgehend die Sicht und streckte jetzt auch  – nicht zufrieden damit, ihn blind zu machen  – lange, scharfe Krallen in seine Kehle und begann, in seiner Lunge zu wühlen.
    Von draußen konnte er Reynolds heiser »Sir!« brüllen hören. Er klang gereizt  – als sei Marvel ein Hund, der nicht bei Fuß kommen wollte  –, und Grey schrie irgendetwas von Schläuchen. Für Menschen in einem anderen Universum schienen sie erschreckend nahe zu sein.
    Er hustete und spuckte und schützte sein Gesicht vor der Hitze, die vom anderen Ende des Raumes auf ihn einstürmte, während er sich immer weiter dorthin tastete, wo, wie er wusste, das Sofa war.

    Einmal stolperte er und stieß sich den Oberschenkel schmerzhaft am Küchentisch.
    Auf halbem Wege dachte Marvel, dass er das hier vielleicht lieber nicht tun sollte. Der Rauch machte ihm das Atmen schwer, und Dampf stieg von seinem Mantel auf, während seine ungeschützten Hände, Arme und Beine ungemütlich heiß wurden.
    Er zauderte.
    Fast hätte er kehrtgemacht.
    Doch der Gedanke, wieder in den Schnee hinauszutaumeln und für seine Tollkühnheit nichts als ein bisschen Husten vorweisen zu können, war ihm ein Gräuel.
    Getrieben von Sturheit und süßem Wermut schob er sich weiter durch den Raum, bis er Joy Springer bäuchlings auf dem Sofa liegen sah. Ihre vier Katzen rannten wie wild auf ihrem Körper hin und her, als sei sie das letzte Stück Treibgut nach einem Schiffsuntergang.
    Er streckte die Hand aus, um ihren Arm zu packen, und die große flauschige graue Katze fuhr rasiermesserscharfe Krallen aus, um ihn abzuwehren.
    Scheiße.
    Marvel fiel auf die Knie, kauerte sich einen Moment lang unter seinem Mantel zusammen und hustete, bis er würgen musste  – Flüssigkeit strömte aus Augen, Nase und Mund, als sein Körper versuchte, sich von dem tödlichen Rauch zu befreien.
    Hier unten war die Luft besser, und Marvel beugte sich vor, als würde er beten, bis sein Kopf die Steinfliesen berührte, damit er besser durchatmen konnte. Als er sich erholt hatte, blickte er mit tränenden Augen auf und sah, was an der Wand hinter dem Sofa stand.

    Er erkannte die Schrift augenblicklich, obwohl sie dreißig Zentimeter hoch an eine Wand geschmiert worden war. Dass er jemals behauptet hatte, sie könne mit der Handschrift von Danny Marsh identisch sein, war lächerlich. Jetzt sah er das, wo die Buchstaben so groß waren. Und anscheinend mit Blut geschrieben.
    Marvel packte Joy Springers Arm und riss sie ohne weitere Umstände vom Sofa. Drei der Katzen
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