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Der Bernstein-Mensch

Der Bernstein-Mensch

Titel: Der Bernstein-Mensch
Autoren: Gordon Gregory & Eklund Benford
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sei­nem Ku­gel­helm, auf dem Mars ab­ge­kämpft hat­te. Sein Kör­per war ei­ne Ta­fel, be­schrie­ben von die­sen Men­schen und die­sen Or­ten, sei­ne Haut ein zu­recht­ge­schnit­te­nes, ver­knit­ter­tes Ma­nu­skript. In sei­nem Kör­per fand er Auf­zeich­nun­gen, so­viel er woll­te: Das Bren­nen der Nah­rung, die in sei­nem Bauch ver­wes­te, der Res­te sei­nes Abendes­sens, oder die sü­ßen Na­del­sti­che sei­nes pro­tes­tie­ren­den Knö­chels, den er sich neu­lich ge­sto­ßen hat­te, als er im Schrei­ter die Ba­lan­ce ver­lo­ren hat­te, oder einen Schmerz von säu­er­li­cher, ver­schwom­me­ner Art, ei­ne Fol­ge die­ser An­stren­gun­gen, oder ein silb­ri­ges Ste­chen in der Wa­de, ver­ur­sacht durch ei­ne win­zi­ge Un­eben­heit im An­zug, oder ein Po­chen in sei­ner Na­se, das ir­gend­wie an Jo­na­thons Tanz er­in­ner­te, oder den dump­fen Druck in sei­nen Schen­keln, ein Echo der jah­re­lan­gen Me­di­ta­tio­nen in Nord­afri­ka, oder einen zie­hen­den Schmerz, wäh­rend er im­mer wei­ter und wei­ter mar­schier­te.
    Die Zeit ver­schmolz zu ei­ner end­lo­sen Rei­he von Schrit­ten, zu dem Knir­schen sei­ner Stie­fel auf dem Kies, und zu dem Atem, der aus zu­sam­men­fal­len­den Lun­gen ent­wich. Ei­ne be­täu­ben­de Käl­te kroch an sei­nen Bei­nen hoch. Er sah wie durch einen Tun­nel, und die Luft in sei­nem Helm wur­de dick und schmeck­te fau­lig.
    Wie­viel Zeit noch? Na­ji­ma konn­te schnell lau­fen. Aber wenn Na­ji­ma ihn nicht fand …
    Br­ad­ley schwenk­te um und be­gann den Hang hin­un­ter­zu­stei­gen. Hier gab es große Fels­blö­cke, hö­her als er selbst. Er schlän­gel­te sich zwi­schen ih­nen hin­durch und sah sich dann um. Wenn Na­ji­ma nicht di­rekt über ihm auf dem Grat stän­de, wür­de er den blau­en An­zug in den Schat­ten kaum ent­de­cken kön­nen.
    Br­ad­ley such­te den Him­mel ab. Nir­gends blink­ten die Lich­ter­ei­nes Hub­schrau­bers, und nir­gends fand er den Punkt ei­nes Über­wa­chungs­flie­gers. Am wal­len­den Ho­ri­zont spie der Trich­ter des Vul­kans damp­fen­de, bräun­li­che Wol­ken in die Hö­he. Schwar­ze Fle­cken tanz­ten in der zer­fa­ser­ten Rauch­fah­ne.
    Fle­cken …
    Br­ad­ley blin­zel­te und sah pur­pur­ne Punk­te am Ran­de sei­nes Ge­sichts­fel­des schwin­del­er­re­gend hin und her hu­schen. Den ris­si­gen, ro­si­gen Schnee zu sei­nen Fü­ßen konn­te er kaum er­ken­nen.
    Ab­rupt ging er wei­ter; ei­ne hek­ti­sche Ener­gie bro­del­te in ihm auf. Sein Atem war ein dün­nes Ras­peln. Der An­zug war gut, aber er konn­te ihm kei­ne Ener­gi­en und Re­ser­ven ge­ben, die er nicht be­saß. Ein war­mer An­zug, ein schwe­rer An­zug. Al­le Be­hag­lich­keit des Heims. Ein Pro­dukt des Wes­tens. Was hat­te Na­ji­ma noch gleich er­zählt? Als Gand­hi im zwan­zigs­ten Jahr­hun­dert nach Eng­land ge­kom­men war und ein Re­por­ter ihn frag­te, was er von der Zi­vi­li­sa­ti­on des Wes­tens hal­te, ha­be Gand­hi geant­wor­tet: „Ich fin­de, das wä­re ei­ne gu­te Idee.“
    Ja, und das war es auch ge­we­sen. Vie­le Ide­en, ge­nau­ge­nom­men. Und ganz be­son­ders ei­ne: das Uni­ver­sum zu be­trach­ten, zu be­su­chen, zu durch­for­schen.
    Ein Schü­ler der Ster­ne zu sein.
    Zu stamp­fen, zu mar­schie­ren, zu at­men …
    Der Sand­pa­pier­bo­den glitt un­ter sei­nen Stie­feln weg. Er klam­mer­te sich an einen Fel­sen und fand sein Gleich­ge­wicht wie­der. Ein klei­ner Erd­rutsch ließ den Staub un­ter sei­nen Fü­ßen ab­flie­ßen.
    Sei­ne Na­se lief und sei­ne Au­gen brann­ten. Er trank einen Schluck, und die Flüs­sig­keit si­cker­te wie öl durch sei­ne Keh­le.
    Br­ad­ley stieß sich von dem Fel­sen ab. Er hat­te die Ori­en­tie­rung ver­lo­ren, und sei­ne ein­zi­ge Hoff­nung war es jetzt, sich bergab zu kämp­fen. Ir­gend­wann wür­de er auf die Kris­tall­fa­sern sto­ßen. Er muß­te. Klei­ne Stein­chen knirsch­ten ge­gen sei­ne Stie­fel, nah­men ihm Ba­lan­ce und Ge­schwin­dig­keit.
    Er wank­te vor­wärts, und die Fel­sen teil­ten sich vor ihm.
    Erst sah er nur einen leuch­ten­den Fleck.
    Er tat noch einen Schritt und sah das ho­he, kan­ti­ge Kris­tall­ge­bil­de, el­fen­bein­far­ben und
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