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Der Berg des Lichts

Der Berg des Lichts

Titel: Der Berg des Lichts
Autoren: Hans Kneifel
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entspannten sich, ihre Muskeln hörten zu schmerzen auf, und jedesmal, wenn sie aufwachten, fühlten sie sich ein wenig besser.
    An der Gefährlichkeit dessen, was vor ihnen lag, änderte ihr Zustand nichts.
*
    Danis Aussehen bewies endgültig allen anderen, daß sie nicht mehr länger ein Teil von ineinander verwachsenen Drillingen war.
    Und sie wußte es. Sie hatte sich entschlossen, den neuen Zustand als endgültig zu empfinden.
    Yzinda hatte ihr geholfen, das Haar aus dem Gesicht zu entfernen und im Nacken mit einer Spange zusammenzufassen. Es zeigte sich, daß sich unter der dreifachen Haarflut ein schmales, gutgeschnittenes Gesicht versteckt hatte, und mit dem verschlossenen dritten Auge und dem Grübchen im Kinn wurde sie zu einer jungen Schönheit mit grünen Augen und langem, dunkelrot schimmerndem, gepflegtem Haar.
    »Es gibt für uns zwei Arten, ungestört zum HÖCHSTEN vorzudringen.«
    »Welche?« fragte Warden freundlich.
    »Wir können so tun, als gehörten wir hierher«, schlug sie vor. Luxon nickte; es kam seinen Absichten nahe. »Es wird aber nicht immer so selbstverständlich wirken.«
    »Richtig. Und der andere Weg?« wollte Eird wissen.
    Die Krieger, Luxon und Kukuar, sie alle sahen aus wie die Gardisten des Hexenmeisters. Die Verkleidung war nicht perfekt, denn ihre Gesichter würden unbekannt bleiben – und daher fremd. Aber sicher konnten sie viele Menschen hier täuschen. Besonders wegen der herrschenden Verwirrung.
    »Der andere Weg ist der Versuch, sich anzuschleichen. Es gibt hundert Wege zum Tempel des HÖCHSTEN. Es wird schwer werden, Verstecke zu finden, je näher wir beim Tempel sind«, gab Dani wohlüberlegt zur Antwort. »Aber natürlich kenne ich viele Winkel und Löcher, in die wir uns verkriechen können. Schwierig ist aber jeder Versuch.«
    Die Krieger hatten in einem Winkel ein kleines Feuer entfacht. Jetzt wurden Holzbecher voller heißem Tee herumgereicht. Er schmeckte nicht sonderlich gut, der süßende Honig fehlte.
    Yzinda hob den Kopf und blickte durch zwei hintereinander liegende Tore in die Richtung des Tempels.
    »Dani erinnert sich besser und genauer als ich«, sagte sie und rümpfte die Nase, als sie am Tee roch. »Ich erinnere mich an meine Zeit auf dem Berg des Lichts nur wenig.«
    »Aber du wirst dich nicht verirren«, meinte Kukuar.
    »Nein. Den Tempel finde ich.«
    Sie brachen auf. In der Nacht hatte sich gezeigt, daß sie in einem Gebäude Zuflucht gefunden hatten, das Teil eines riesigen Ringes aus flachen Bauwerken war. Dieser Ring lag sozusagen noch am Hang des Berges, am Außenhang, zwischen den Treppen und den kantigen Steinen voller Runen, von denen die sieben Herrschaftsbereiche begrenzt wurden.
    Die kleine Gruppe, angeführt von Dani und Kukuar, lief die Stufen einer geschwungenen Treppe hinauf und bewegte sich schnell und ungesehen zwischen zwei glatten Mauern auf einen offenen Abschnitt zu. Am Ende der Mauern spannte sich eine Brücke aus wuchtigen Brocken weißgeäderter Felsen.
    Die Mauerecken wurden abgeschlossen von eckigen Tafeln, die aus dunklem Metall bestanden. Einige Runen und Lettern waren poliert, als ob viele Hände sie berührt hätten.
    Wieder fühlte sich Luxon an seinen Alptraumritter-Ring erinnert, aber er kümmerte sich darum, ungesehen das Ende dieser Rampe zu erreichen. Die Sicht war besser geworden, denn das Licht der steigenden Sonne flutete stärker und greller durch die Ballungen der Wolke.
    Dani hob, als sie eine Kantel erreicht hatten, den Arm. Sie hielten an und drängten sich an der steinernen Brüstung zusammen. Rechts und links von ihnen erstreckte sich eine Doppelreihe mächtiger Bäume, die in tiefen Gräben und kantigen Umrandungen wuchsen.
    »Der Rand des Kraters!« sagte Yzinda. Ihre Stimme zeigte an, daß sie von dem, was ihrer Erinnerung entglitten war, und was sie jetzt wieder sah, beeindruckt war.
    »Gigantisch!« murmelte Luxon. »Mächtiger als Ash’Caron, und nicht zu vergleichen mit den Ruinen von Comboss.«
    Sie konnten etwa ein Drittel des Loches überblicken, das im Berg klaffte. Diese Öffnung glich einem umgestülptem stumpfen Kegel. Der Fels war nicht zu sehen, denn bis zur Grenze der allgegenwärtigen Wolke stand ein Gebäude nach dem anderen. Eines war mächtiger als das nächste. Brücken und Kanteln verbanden die ineinander verschachtelten Steinmassen. Viele Generationen mußten hier ununterbrochen gebaut haben, und vielen Gebäuden sah man auf den ersten Blick an, daß sie mehrmals erneuert und
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