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Der Berg des Lichts

Der Berg des Lichts

Titel: Der Berg des Lichts
Autoren: Hans Kneifel
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sie brauchten. An den Wänden der Wachstuben hingen Waffen und Rüstungen, es gab heiße und kalte Quellen aus dem Berginnern, und die Eindringlinge stellten eine Wache auf und rüsteten sich neu aus.
    Die Verwirrung, die deutlich zu hören war und das riesige Rund unter der Wolke beherrschte, begünstigte die Fremden. Zudem wurde es in der Welt außerhalb der Wolke dunkel – die Nacht kam heran.
    Sie alle genossen die Wohltaten eines langen, wärmen Bades. Sie schnitten das Haar und die wuchernden Bärte. Ein gefüllter Weinkrug machte die Runde. Aus einigen Truhen zogen sie Stiefel und Kleidungsstücke und versuchten, ob sie paßten.
    Früchte aus dem Obstgarten wurden schnell gesammelt, und der nagende Hunger verschwand.
    Kukuar, Zarn, Hasank und Eird veränderten ihr Aussehen. Eine Stunde nachdem sie ihre Haut mit wohlriechendem Öl gepflegt hatten, konnte man sie von den calcopischen Kriegern des Quaron nicht mehr unterscheiden, einschließlich der Rangabzeichen auf den schweren Kettenhelmen.
    Allein der vergessene Hunger, das lange Bad und die neuen, trockenen Kleidungsstücke – und besonders ein großer Schluck des schweren, roten Weines – hatten die Stimmung und die Entschlossenheit der Gruppe verbessert.
    Ihr Gefangener war verschwunden; es war, sagte sich Luxon, nicht mehr wichtig. Auch er begann, aus der Menge der »Fundstücke«, sich langsam in einen Calcoper zu verwandeln.
    »Eines ist sicher«, sagte er zu Kukuar und hob den Becher, »einst mag der Berg des Lichts seinem hohen Namen gerecht worden sein. Jetzt gilt dies nicht mehr.«
    »Es sind die Hexenmeister in ihrer Machtbesessenheit, die jene Bedeutung so geändert haben«, klagte bitter der Rebell. »Und das wilde Durcheinander von Duinen, Hexern aller Grade, Abhängigen und die Garden… schon seit vielen Jahren kämpft jeder gegen jeden, auf seine Art.«
    »Und das HÖCHSTE? Wie verhält es sich?«
    »Es verhindert das Schlimmste.«
    Ihr Ziel blieb das HÖCHSTE. Sie mußten sich durch diesen Wirrwarr aus Bauwerken und Menschen hindurchkämpfen.
    »Können wir es wagen, heute nacht hier zu schlafen?« wandte sich Luxon an Dani.
    Die beiden jungen Frauen waren ebenfalls gerade dabei, ihr Aussehen so zu verändern, daß man sie auf dem Berg des Lichts nicht auf den ersten Blick als Eindringlinge erkannte.
    »Ja. Aber wir müssen uns in den Kerkern verstecken.«
    Da die meisten Kerker leer und geöffnet waren, gab es keine Schwierigkeiten. Eird warf ein:
    »Ich übernehme die erste Wache und sehe mich ein wenig um. Wir haben nur Dani, die uns führen kann.«
    »Einverstanden.«
    Durch die kleinen, kantigen Luken der massiven Mauern, die Feuchtigkeit und Kälte ausstrahlten, drang das Leuchten der Wolke. Das Licht zeichnete helle Vierecke auf den abfallübersäten Steinboden. Immer wieder schien es den Fremden, als ob sich tief im Berg gewaltig murmelnde und dröhnende Stimmen erheben würden.
    Luxon faltete seinen neuen Mantel der Länge nach zusammen, streckte sich darauf in einem Winkel aus und murmelte:
    »Kukuar!«
    »Ich höre«, kam es aus der halben Düsternis zurück. Vor dem Eingang erklangen die leisen Schritte ihres Wächters.
    »Du weißt, daß mein Freund Necron auf dem Weg hierher ist, zusammen mit dem Fürsten der Düsterzone, Odam. Er wird, wenn er das Beben überlebt hat, zu uns stoßen.«
    »Das kann uns nur nützen, Shallad. Ich muß gestehen, daß ich nicht mehr an einen guten Ausgang unseres Vorhabens glaube. Zu groß sind die Widerstände.«
    Kukuar stieß einen langen Seufzer aus. Luxon dachte fast dasselbe wie der Rebell, aber er war anderer Meinung.
    »Niemals waren wir unserem Ziel näher als jetzt!« sagte er. »Auch diese Gefahr werden wir überleben. Unser Glück hat uns nicht im Stich gelassen.«
    Wieder stöhnte Kukuar.
    »Ich werde wie bisher an deiner Seite kämpfen. Hoffentlich behältst du recht.«
    Es wurde eine ruhige Nacht.
    Die Wächter lösten einander in regelmäßigen Zeiten ab. Jeder von ihnen versuchte, einen Teil der Umgebung zu erkunden und Gefahren zu erkennen, bevor sie der Gruppe schaden konnten. Sie berichteten einander von den Einzelheiten, die sie sahen.
    Immer wieder rannten Krieger entlang der breiten Wege. Schreie gellten durch die Gemäuer. Geruch verbrennenden Fleisches durchzog die kantigen Öffnungen, die auf Luxon gewirkt hatten, als wäre er nach Ash’Caron zurückversetzt worden.
    Zehn Stunden lang schliefen und ruhten die Eindringlinge. Sie vergaßen nur zum Teil die Strapazen, sie
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