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Der beiden Quitzows letzte Fahrten

Der beiden Quitzows letzte Fahrten

Titel: Der beiden Quitzows letzte Fahrten
Autoren: Karl May
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Aufenthalte zu dienen und wurde jetzt besessen von vier Männern, die ihr Schwert gut zu führen verstanden und am liebsten den Wein tranken, den Andre bezahlt hatten. Es waren dies der alte und der junge Boldewin von dem Kruge, ihr Vetter Thomas von dem Kruge und der tapfere Claus von Quitzow, zu Stavenow wohnhaft.
    Die vier wackern Degen kamen des Morgens auf Garlosen zusammen, erzählten sich von ihren Fehden und Kriegsthaten oder sannen auf neuen Ruhm und tranken dazu mit einer Ausdauer, daß Cuno, der alte Kellermeister, gar öfters sich auf eine der Stufen setzte, um von dem ununterbrochenen Auf-und Absteigen ein wenig zu verschnaufen. Wenn dann der Abend hereingebrochen war und das edle Naß nicht mehr recht durch die rauhen Gurgeln wollte, so ließ Der von Quitzow sich von seinen zwei Knappen auf das Roß heben, um, hüben und drüben gehalten, heimwärts zu reiten, während die Drei von dem Kruge nach dem gemeinschaftlichen Schlafgemache taumelten und sich mit den unmöglichsten Abenteuern anlogen, bis Einer nach dem Andern die Sprache verlor und ein dreifaches Schnarchen bewies, daß die Recken nun ernstlich begonnen hatten, von ihrem schweren Tagewerke auszuruhen.
    Anders freilich verlief der Tag, wenn eine Fehde auszufechten war oder sich ein Zug mit Kaufmannsgütern nahete; da erhob sich ein gar kriegerisches und lebhaftes Treiben zwischen den Mauern des Schloßhofes, und wenn das Thor sich öffnete, um die Schaar der Gewappneten zu entlassen, so kehrten sie gewiß nicht anders denn als Sieger wieder, denn die vier Herren zeigten sich zwar täglich vom Trinken ermüdet, waren aber noch niemals vom Dreinschlagen matt geworden.
    Es war an einem kalten Februartage, als auf der Straße von Lenzen nach Grabow ein Ritter wohlgemuth dahintrabte. Der Gaul, auf welchem er saß, zeigte zwar wenig überflüssiges Fleisch, hatte aber desto stärkere Knochen, und die Art und Weise, wie er ausschritt, ließ kaum eine Art von Schwäche vermuthen. Auch die lange, hagere Gestalt des Reiters saß so stramm im Sattel, als seien erst zwanzig Sommer über sie dahin gegangen, und doch zeigte das Grau von Bart und Haupthaar und der Faltenreichthum des wetterharten Gesichts alle Spuren jenes Alters, in welchem man den warmen Ofen allen Schönheiten eines wintersstarren Waldes vorzieht.
    »Ist das eine Dummheit,« sprach er vor sich hin, »ein Schloß so weit in’s Land hinein zu bauen, wo auf der Elbe so reicher Fang zu machen ist! Da reite ich nun – aber halt, wer ist der Mann, der da vorn so langsam dahinschlendert, als ginge er zur Sommerszeit spazieren? Muß ihn ‘mal fragen, wo der Weg nach Garlosen mündet!«
    Er gab dem Pferde die Sporen zu kosten und befand sich bald an der Seite des Fußwanderers, welcher, ohne den Ritter groß zu beachten, langsam seines Weges fürbaß schritt. Er war eine gewaltige Figur mit mächtigen und muskulösen Gliedern. Aus dem verwitterten Gesichte ragte ein mit Pech zusammengedrehter Schnauzbart zu beiden Seiten der Nase um eine Handlänge in die Luft hinaus und gab der Physiognomie einen grimmigen Ausdruck. Die Tracht des Mannes war aus ungegerbtem Leder gefertigt und bestand aus hohen Stiefeln, unsauberen Elennhosen, einem abgenutzten Wamms und einem schäbigen Hute, der so breite Ränder hatte, daß man aus der Ferne recht wohl annehmen konnte, der kräftige Patron trage einen Mühlstein auf dem Kopfe. Von dem Hute wallten mehrere rothe Hahnenfedern zur Seite herab, und an einem ebenso rothen Gurte hing ein ungeheurer, langer Raufdegen. –
    »Heda, alter Bursche,« rief ihm der Ritter zu, »woher des Wegs und wohin willst Du?«
    »Alter Pursche!« antwortete der Gefragte. »Mordelement, Gott straf mich, wenn ich fluche, aper der Deiwel soll Den anplasen, der da behaupten thut, daß ich alt pin! Woher ich komme und wohin ich gehe, das ist nur meinen eigenen Peinen ihre Sache; ich bin Wachtmeister und heiße Kaspar Liepenow, und wer mich noch einmal einen alten Purschen nennt, Mordelement, den zerhacke ich, pis er in Fetzen davonreitet!«
    Unser guter Kaspar Liebenow, den wir noch von »Fürst und Junker« her kennen, fühlte sich jedenfalls durch die Anrede an seiner persönlichen Ehre gekränkt; seine Augen funkelten, und seine Hand legte sich drohend um den Griff des Schwertes. Doch schien der Ritter diese Zornesäußerungen gar nicht zu bemerken; er fuhr in dem vorigen Tone fort:
    »Also Kaspar Liebenow heißest Du und Wachtmeister bist Du? Wohl bei den Rittern von dem
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