Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der beiden Quitzows letzte Fahrten

Der beiden Quitzows letzte Fahrten

Titel: Der beiden Quitzows letzte Fahrten
Autoren: Karl May
Vom Netzwerk:
Augen und finsteren Mienen der Scheidenden sprachen ebenso deutlich als Worte, als sie der Herrin, die sich in Begleitung von vier markgräflichen Reitern nach Burg Taupitz begab, wehmüthig nachblickten. Sie selbst zerstreuten sich nun in alle Welt, aber in dem Herzen eines Jeden von ihnen lebte die frohe Hoffnung, daß Ritter Dietrich gar bald wieder zu Kräften kommen und ihres Armes bedürfen werde, und dann, ja dann wollten sie all den Schimpf mit dreifachen Zinsen wieder heimzahlen. – – –
    Suteminn hatte, an einer einsamen Stelle sein Roß haltend, dem Schauspiele zugesehen, und bog jetzt nach der Gegend ein, in welcher er das Zelt des Grafen Ulrich von Lindow, welcher die Belagerung geleitet hatte, erblickte. Mancher frohe Ruf, mancher stumme, aber achtungsvolle und ehrerbietige Gruß wurde ihm auf seinem Ritte durch die langen Reihen der Zelte zu Theil, und als er vor demjenigen des Grafen anlangte, trat derselbe eben zwischen einer Oeffnung der Leinwand hervor und stieß, ihn erblickend, einen Ruf der freudigsten Ueberraschung aus.
    »Suteminn, Ihr kommt zur glücklichen Stunde! Steigt ab und tretet näher. Unser gnädigster Herr ist heut selbst gegenwärtig und gab mir soeben den Auftrag, den Tapfersten und Zuverlässigsten aus der Schaar unserer Ritter auszuwählen, um ihm die Ausführung eines sehr wichtigen Auftrages anzuvertrauen. Keiner von Allen aber ist so werth und würdig wie Ihr, das Vertrauen Sr. Gnaden zu genießen, und so bitte ich Euch, einzutreten, um den hohen Herrn zu begrüßen!«
    Suteminn stieg ab; aber sein Angesicht blieb ernst, und keine seiner Mienen verrieth, daß er sich von der höflichen Rede des Grafen geschmeichelt fühle.
    »Wohl, es sei! Ich will dem Herrn Markgrafen meinen ehrerbietigen Gruß bringen, aber ob ich meinen Arm zu seinen Diensten stelle, das vermag ich noch nicht zu sagen!«
    Er folgte dem Grafen in das Zelt.
    Daselbst saß auf einem Feldstuhle Markgraf Friedrich, den Rücken dem Eingange zugekehrt; in den Händen hielt er einen Brief, welchen er soeben gelesen zu haben schien, und in seinen Zügen war deutlich die Freude zu lesen, welche ihm der Inhalt desselben verursacht hatte. Bei dem Eintreten der beiden Männer wandte er sich um und sprang, Suteminn erblickend, überrascht empor.
    »Willkommen, Ritter, hier im Lager!« rief er, dem Angeredeten mit gewinnender Herzlichkeit die Hand entgegenstreckend. »Eure Gegenwart will Uns mit froher Hoffnung erfüllen, daß ein schwieriges Werk gelingen werde, für dessen Ausführung Unser lieber Graf Lindow Uns den passenden Mann suchen sollte. Doch sagt, wo kommt Ihr her? Es ist wohl eine sehr geraume Zeit, daß Wir Euch nicht gesehen haben!«
    Es entspann sich zwischen den drei Männern ein Gespräch, dessen Inhalt von Wichtigkeit sein mußte, wie auch der leise Ton bewies, in welchem es geführt wurde. Am Ende desselben erhob sich der Markgraf von Neuem:
    »Jetzt wißt Ihr Alles, Ritter, und nun laßt es uns hören, ob Ihr Uns die Ausführung Unsers wichtigen Vorhabens zusagen wollt!«
    Der Gefragte streckte dem Fürsten die Rechte entgegen.
    »Hier meine Hand, Fürst, daß ichs thue, und was ein Mann vermag, das soll geschehen!«
    »Und habt Ihr einen Helfer, dem Ihr vertrauen dürft?«
    »Ich habe ihn. Zwar ist’s kein Mann, sondern ein Jüngling erst, der noch niemals seinen Fuß hinausgesetzt hat in das gefahrvolle Leben, aber er ist unter meinen Augen emporgewachsen, hat ein Herz, so rein und treu wie Gold, und einen Arm, dessen Stärke selbst ich zu fürchten hätte, wenn er mir im Kampfe gegenüber stünde.«
    »Wohl, thut Alles, was Ihr wollt; den Ritter Dietrich aber überlaßt für jetzt Uns selbst! Vor Allem mache ich Euch auf Schloß Garlosen und die Ritter von dem Kruge aufmerksam; es sind unruhvolle Geister, die Uns noch oft zu schaffen machen werden. Jetzt aber geht und ruht Euch aus; der Graf wird für Euch Sorge tragen!«
    In Begleitung des Genannten verließ Suteminn das markgräfliche Quartier, und bald war auch für ihn ein Zelt errichtet, in welchem er sich ausruhen konnte von dem Abenteuer der letztvergangenen Nacht. –
Zweites Kapitel
Lockere Gesellen
    An dem Zusammenflusse der Elde und des Mayen an der Mecklenburgisch-Priegnitzischen Grenze, anderthalb Meilen nördlich von Lenzen an der Elbe, lag das feste Schloß Garlosen, später Gorlosen genannt. Es hatte von je her das Schicksal gehabt, unruhigen Geistern, die entweder dem Landesherrn oder den Landstraßen gefährlich wurden, zum
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher