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Der Baron und die widerspenstige Schöne

Der Baron und die widerspenstige Schöne

Titel: Der Baron und die widerspenstige Schöne
Autoren: Sarah Mallor
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zur Rückseite des Hauses lag, davonzustehlen. Er bot ihr seinen Arm, den sie kopfschüttelnd ablehnte, bevor sie raschen Schrittes die Auffahrt hinunterging, bemüht, einen möglichst großen Abstand zwischen sich und ihn zu bringen. Sie wollte eine sichere, vernünftige Distanz einhalten. Wenngleich sie sich in seiner Gegenwart vielmehr beschwingt als vernünftig fühlte. Mühelos passte er sein Schritttempo dem ihren an. Sie spürte seine Nähe und war stark versucht, die Hand nach ihm auszustrecken, sich bei ihm unterzuhaken, um ihm näher zu sein. Und dieser Drang, dieses Gefühl verwirrte sie zutiefst.
    „Kemble erzählte, der Lehrling Ihres Vaters sei davongelaufen. Deshalb müssten Sie nun die Decken für ihn beenden.“
    „Es handelt sich lediglich um zwei der kleineren Szenen. Papa hat die Hauptarbeit bereits vollendet.“
    „Ja, ich habe mir die Wandgemälde im Haus angesehen. Sie sind aufsehenerregend.“
    „Papa ist ein überaus angesehener Künstler in Rom.“
    „Sie müssen sehr stolz auf ihn sein.“
    „Das bin ich.“
    „Wollen auch Sie Ihren Lebensunterhalt mit dem Malen lebensgroßer Wandgemälde verdienen?“
    Sie lachte. „Nein, man würde es für ungebührlich halten.“ Errötend schaute sie zu ihm hinüber. „Das soll nicht heißen, dass meine Werke schlecht sind. Mein Vater hätte sich niemals einverstanden erklärt, mich die Decke beenden zu lassen, wenn er der Ansicht gewesen wäre, meine Gemälde könnten Anlass zu Beschwerden geben.“
    „Keine Sorge. Das, was ich gesehen habe, gibt durchaus keinen Anlass zu Beschwerden.“
    Sie schlenderten über den Rasen zum Rand des Parks. Schon waren die ersten Häuser des Dorfes zu sehen. In Carlotta erwachte ein leises Gefühl der Enttäuschung, weil sich ihr gemeinsamer Spaziergang dem Ende zuneigte.
    Die Sonne war bereits untergegangen, das Dämmerlicht des Frühsommers tauchte den Park in gedämpfte Farben. Kurze Zeit später erreichten sie den Zauntritt. Er kletterte hinüber und bot ihr seine Hand, die sie nach kurzem Zögern ergriff. Doch seine Berührung brachte sie derart aus der Fassung, dass sie beim Hinabsteigen über die letzte Stufe stolperte und beinahe gefallen wäre, hätte er sie nicht aufgefangen. Über ihre eigene Unbeholfenheit lachend schaute Carlotta auf. Sein Gesicht war dem ihren sehr nahe. Das Lachen erstarb ihr in der Kehle, als sie in seine Augen blickte, die nun nicht mehr fröhlich funkelten, sondern dunkel und geheimnisvoll wirkten. Sie spürte, wie ihr Herzschlag schneller wurde. Nie zuvor war sie von einem Mann gehalten worden, ganz zu schweigen in dieser Weise. Ihre Hände lagen auf seiner Brust; unter dem weichen Stoff seiner Weste fühlte sie harte Muskeln. Während sie sich noch fragte, was sie sagen sollte, umschloss er sie fester und gab ihr einen Kuss.
    Zu gelähmt, um sich dagegen zu wehren, ließ Carlotta es geschehen. Seine Lippen nahmen die ihren gefangen. Angst und Glück zugleich erfüllten ihre Sinne und machten jeden klaren Gedanken unmöglich. Sie erwiderte seinen Kuss, ließ sich nicht von den Regeln und Schranken der Gesellschaft zurückhalten, denn es schien ihr das Natürlichste der Welt, sich an ihn zu schmiegen und die Wonnen seiner Umarmung zu genießen. Körperlich wie auch geistig stand sie ganz in seinem Bann. Sie spürte seine männliche Kraft, als er sie an sich drückte. Es war ein beängstigendes, aufregendes Gefühl, sie wusste, sie sollten das nicht tun. Dennoch erwachte zugleich in ihr eine solch tiefe, gefährliche Zuneigung, wie sie diese nie zuvor gekannt hatte. Im selben Augenblick hob er den Kopf und gab sie frei. Unerklärlicherweise fühlte sie sich beraubt, ohne zu wissen, was ihr fehlte.
    „Ich bitte um Vergebung“, sagte er zerknirscht. „Ich wollte Sie keineswegs verängstigen, Sie sahen nur so verflixt entzückend aus, ich konnte nicht widerstehen.“
    Sie schluckte schwer, bemüht ihre Fassung wiederzugewinnen. Mit einem Mal hatte sich ihre ganze Welt verändert, und sie fragte sich, ob sie je wieder so sein würde wie zuvor. „Sie haben mich nicht verängstigt, Sir.“ Ihr Herz schlug so laut, dass sie glaubte, er könne es hören. „Ich … ich muss nach Hause.“
    „Wollen Sie meinen Arm nicht nehmen?“
    Die Wangen blutrot vor Verlegenheit, schüttelte sie den Kopf. Bis zu diesem Augenblick hatte sie nicht bedacht, wie sie aussehen musste, in den Kleidern eines Jungen, nach Farbe riechend. Mama hatte sie angewiesen, einen Umhang überzuziehen, wenn sie
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