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Der Bann (German Edition)

Der Bann (German Edition)

Titel: Der Bann (German Edition)
Autoren: Stephen L. Jones
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von hohen Koniferen, riskierte sie es, hin und wieder das Fernlicht zu benutzen. Der Weg war wenig mehr als ein felsiger Hang. Sie musste langsamer als Schrittgeschwindigkeit fahren, um den größeren Brocken auszuweichen und Nate so wenig durchzuschütteln wie möglich. Nichtsdestotrotz stöhnte er alle paar Meter schmerzerfüllt auf, wenn die Räder über die Steine rutschten und rumpelten. Sie zuckte bei jedem Schmerzenslaut zusammen.
    Ganz egal, wie die Chancen stehen – kämpf weiter, bis nichts mehr da ist, wofür du kämpfen kannst.
    War das nicht das Lieblingsmotto ihres Vaters? Dieses Gefühl von Hilflosigkeit und diese Angst nutzten jedenfalls niemandem. Sie versuchte sich an das zu erinnern, was sie über Blutverlust wusste. Wenn Nate eine Überlebenschance haben sollte, musste sie unter allen Umständen verhindern, dass er in einen Schock fiel. Sein mühsamer Atem und das Schwitzen waren ernste Symptome einer schweren Hypovolämie.
    Sie musste die Blutung stoppen. Sie musste ihn warm halten. Und sie musste ihm irgendwie Flüssigkeit zuführen.
    Sie passierten eine Holztafel, schwarze Schrift auf einer verwitterten weiß gekalkten Platte. LLYN GWYR . Eines der vorbereiteten Verstecke ihres Vaters.
    Am Fuß des Hangs wurde der Weg besser. Sie folgte dem kurvigen Verlauf, manövrierte den Discovery über die Bogenbrücke und steuerte auf das Farmhaus zu. Die Scheinwerfer strichen über die Hausfront und tauchten alles in ihr helles Licht, mit Ausnahme der Fenster von Llyn Gwyr, deren schwarze Höhlen undurchdringlich blieben.
    Der Weg führte auf der anderen Seite um das Haus herum. Sie passierten ein aus Stein errichtetes Stallgebäude und einen leeren Kuhstall. Kies knirschte unter den Reifen des Discovery, als Hannah hinter dem Haus anhielt.
    Sie schaltete den Motor ab, dann die Scheinwerfer und zog den Schlüssel aus der Zündung. «Ich schließe das Haus auf. Ich bin gleich zurück und helfe dir beim Aussteigen.»
    «Nimm die Taschenlampe mit.»
    Sie nickte, griff hinter ihren Sitz und zog die starke Maglite hervor. Als sie sich wieder vorbeugte, küsste sie ihn. Seine Lippen waren klamm und kalt.
    «Dass du mir nicht davonläufst», sagte sie.
    «Hab eh meine Wanderstiefel vergessen.»
    Gut, dass er noch Witze machen konnte. Auch wenn er so leise redete, dass sie ihn kaum hörte.
    Hannah legte ihre Hand auf den Türgriff und zögerte. Jetzt, nachdem sie angekommen waren, widerstrebte es ihr, aus dem Discovery auszusteigen; der Wagen war während der letzten fünf Stunden ihre Zuflucht gewesen. Und als wollte er sie weiter entmutigen, wehte der Wind noch heftiger.
    Jetzt zählte jede Minute. Sie konnte sich kein Zögern leisten. Hannah öffnete die Wagentür und sprang hinaus auf den Weg.
    Der Wind packte sie mit voller Wucht und ließ sie stolpern. Er wehte in Böen wie ein wütender Geist, peitschte ihr das Haar ins Gesicht und drückte frische Tränen aus ihren Augen. Sie schlug die Wagentür zu, zog den Kopf ein, den Reißverschluss der Fleecejacke zu und wandte sich zum Haus.
    Obwohl sich ihre Augen noch nicht völlig an die Dunkelheit gewöhnt hatten, konnte sie die Umrisse des Gebäudes vor dem wolkenverhangenen Himmel erkennen, das tiefere Schwarz der Fenster, die Hintertür, das Gewächshaus. Die undeutlichen Schatten der Außengebäude zur Linken. Rasch überwand Hannah die wenigen Meter zwischen dem Wagen und dem Haupthaus, während sie sich fragte, was sie wohl erwartete. Sie wusste, dass das Haus jahrelang leergestanden hatte. Ihr Vater hatte jemanden bezahlt, der regelmäßig nachgesehen hatte, aber sie wusste nicht, in welchen Abständen. Eines der Fenster im Erdgeschoss war eingeschlagen, stellte sie fest. Nicht gut. Doch es war keine Zeit für Vorsicht. Sie musste Nate ins Haus schaffen.
    Sie erreichte die Hintertür und spähte durch das Küchenfenster. Nichts außer Dunkelheit dahinter. Sie fand den Schlüssel und schob ihn ins Schloss, als sie hinter sich eine Bewegung spürte.
    Sie erstarrte, die Hand auf dem Türknauf, und das Geräusch verstummte. Dann hörte sie es erneut: das Knirschen von losem Kies auf dem Weg hinter ihr.
    Wieder verebbte es, übertönt von Wind und Regen.
    Sie hatte die Maglite unter den linken Arm geklemmt. Sie hatte nichts, womit sie sich hätte verteidigen können, außer der massiven Lampe aus gedrehtem Aluminium. Das Geräusch hinter ihr konnte unmöglich von Nate stammen. Sie hätte die Wagentür gehört.
    Hannah wechselte die Taschenlampe in die
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