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Der Bann des Zeitreisenden (German Edition)

Der Bann des Zeitreisenden (German Edition)

Titel: Der Bann des Zeitreisenden (German Edition)
Autoren: Susan Kearney
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»Würden die Ehronier ihre eigenen Reserven aufbrauchen und ihr Leben für ein Volk aufs Spiel setzen, das sie nicht einmal kennen – und das gegen einen Feind, der ihnen nie gegenübergetreten ist?«
    »Ich glaube schon.« Er warf einen Blick auf das Baby in seinen Armen. »Die Brutalität der Unari beschränkt sich nicht auf die Soldaten. Sie unterscheiden ja nicht zwischen Zivilisten und dem Militär. Sie kämpfen auch gegen Frauen und Kinder.«
    »Gegen Kinder?« Das konnte sie sich nicht vorstellen. Auf der Erde waren Kinder nicht nur das höchste Gut, sondern die ganze Hoffnung, die Träume und die Zukunft der gesamten Menschheit.
    Wie traurig, dass Marisas Ehe genau in dem Augenblick beendet worden war, als Lucan mit dem Fruchtbarkeitsmittel zurückgekehrt war und sie endlich Kinder hätte bekommen können. Nach der Scheidung hatte sie sich dann jedoch zurückgezogen, weil sie es nicht mehr riskieren wollte, noch einmal so verletzt zu werden. Doch das Schlimmste war nicht die Tatsache gewesen, dass sie ihren Mann an eine andere Frau verloren hatte, sondern der erschütterte Glaube in ihr eigenes Urteil. Jahrelang hatte sie niemandem mehr vertrauen können. Doch das war nun vorbei. Es gab durchaus noch gute Männer. Sie musste bloß einen davon finden.
    Sicher, diesmal würde sie vorsichtiger sein. Aber sie wollte sich nicht mehr von vornherein verweigern. »Hast du auf Ehro eine Familie?«
    »Ich habe Eltern und … auch einen Vetter. Ich bete zur Göttin, dass sie noch leben. Dass mein eigenes Volk sie nicht …«
    »Nicht – was?«
    Schmerz erfüllte seinen Blick. »Dass sie meiner Mutter nichts angetan haben.«
    Sie unterdrückte ein Keuchen. »Warum sollte dein eigenes Volk ihr …«
    »Sie wurde nicht auf Ehro geboren.« Die Worte strömten nur so aus ihm hervor, als hätte er seine Sorgen zu lange unterdrückt und müsste ihnen nun freien Lauf lassen. »Mein Volk hat sie nie als eine der ihren akzeptiert.« Dann kniff er die Lippen zusammen, als hätte er schon zu viel gesagt.
    »Warum nicht?«, fragte sie leise und war jetzt mit dem Herzen ganz bei ihm.
    Sie widerstand dem Drang, zu ihm hinüberzugehen und ihn in die Arme zu nehmen. Sie wollte ihn eigentlich nur trösten, vertraute sich selbst aber nicht. Im Augenblick führten sie ein ernstes Gespräch, doch die erregenden Gefühle vom vergangenen Abend waren in ihr durchaus noch gegenwärtig. Eine Berührung mit Rion konnte sie entzünden wie ein Streichholz eine Lunte.
    »Wenn auf deiner Welt etwas Böses geschieht, wird oft ein Fremder dafür verantwortlich gemacht. Auf Ehro ist es ganz ähnlich.«
    Sie erkannte, wie sehr es ihn schmerzte, dass er nicht wusste, ob seine Familie in Sicherheit war. Dass er sich so um sie sorgte, bewies seine Liebesfähigkeit. Und dass er seine Nöte so offen vor ihr aussprach, gab ihr das Gefühl, schon jetzt jemand Besonderes für ihn zu sein. »Haben deine Visionen dir nicht …«
    »Sie haben mir nichts gezeigt, außer dass es zu Hause immer schlimmer wird.« Er fuhr sich mit den Fingern durch die Haare. Dann, als hätte er bemerkt, was er gerade tat, wurde er reglos.
    Seine plötzliche Steifheit verriet ihr, dass er ihr nicht noch mehr mitteilen wollte und sich nur schreckliche Sorgen machte. Zu ihrer Zeit als Reporterin hatte sie diesen glasigen Blick bei vielen Soldaten bemerkt. »Was hast du gesehen?«
    »Unari, die mein Volk auspeitschen.«
    Sie zog eine Grimasse. »Aber du hast niemanden aus deiner Familie bemerkt, also geht es ihr vielleicht gut.« Sie versuchte, ihm Hoffnung zu machen.
    Er starrte sie an, allerdings ohne sie wirklich zu sehen, denn sein Blick war nach innen gerichtet, während er die Flasche in so perfektem Winkel hielt, dass Nessie keine Luft mit einsaugte. Seine Stimme klang tonlos, als er sagte: »Es war am helllichten Tag. Der Mann, den ich gesehen habe, war so … so ausgemergelt, dass ich ihn niemals als Avril erkannt hätte, wenn da nicht die Narbe, die von dem Unfall in seiner Kinderzeit herrührte, gewesen wäre.«
    »Es muss schrecklich sein, zusehen zu müssen und nichts tun zu können.«
    »Ich habe Hunderte gesehen. Vielleicht waren es sogar Tausende, die brutal misshandelt wurden. Wenn ich keinen Weg finde, das alles zu verhindern, wird es schon bald geschehen – schon sehr bald.«
    »Woher weißt du das?«
    Er sprach mit einer gezwungenen Ruhe, die den Schmerz darunter verbarg. »Avril hat ausgesehen, als wäre er um mehrere Jahre gealtert, seit ich ihn zum letzten Mal
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