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Der Autor und sein Werk

Der Autor und sein Werk

Titel: Der Autor und sein Werk
Autoren: Heinz G. Konsalik
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sitzt manchmal da und liest etwas oder sieht etwas im Fernsehen, und plötzlich, blitzartig – was mit der Umgebung, mit dem, was man sieht, was man gelesen hat, gar nichts zu tun hat – kommt eine Idee, und man sagt sich: Das könnte ein Roman sein. Und dann werden Stichworte gemacht, und dann wird die Idee eines Tages ausgearbeitet, und dann kommt die Hauptarbeit des Schriftstellers, von meiner Sicht aus gesehen – das Niederschreiben eines Romans ist mehr oder minder ein technischer Akt – die Hauptsache bei mir liegt davor, bei der Vorbereitung eines Romans, im Quellenstudium, im Studium von Land und Leuten, im Studium der Materie.
    Bei meinen medizinischen Romanen geht jedesmal ein eingehendes Fachstudium voraus. Beim ›Geschenkten Gesicht‹ oder bei ›Diagnose Krebs‹ habe ich über zwei Jahre lang das betreffende medizinische Problem studiert. Ich habe hier eine medizinische Bibliothek, die kaum ein praktischer Arzt hat. Ich bin bei ›Entmündigt‹ in Irrenhäuser reingegangen. Ich habe Elektroschocks miterlebt. Ich habe beim ›Rostenden Ruhm‹ in Düsseldorf Operationen mit Herz-Lungen-Maschinen mitgemacht. Wenn ich einen Roman schreibe, bin ich mit an der vordersten Front, um zu studieren, was sich nachher literarisch niederschlägt.
    R.: Und dann erst kommt das Schreiben?
    K.: Dann kommt das Schreiben.
    R.: Herr Konsalik, ist Schreiben Schwerarbeit für Sie, oder geht das mit leichter Hand?
    K.: Also Schwerarbeit insofern, als es eine ungeheure Konzentration verlangt. Schwerarbeit, transponiert auf die nervliche Belastung: ja. Sonst, das Schreiben an sich macht mir Freude. Ich meine, es gibt Kollegen, die sagen: Schreiben ist schwerer als Holzhacken. Das kann ich nicht sagen.
    R.: Apropos ›Hand‹, Herr Konsalik, Sie schreiben nicht mit der Hand?
    K.: Nein, ich schreibe direkt in die Maschine. Ich schreibe es in die Maschine rein, der Bogen wird aus der Maschine rausgenommen, und wenn das Kapitel oder der Roman fertig ist, wird er zusammengetan, abgeheftet und wird so weggeschickt zum Verlag oder zu der Illustrierten. Es wird in dem Manuskript nichts verbessert. Es ist also nicht so, wie es bei vielen anderen ist, daß ganze Seiten, ganze Passagen umgeschrieben werden, neugeschrieben, daß ein Roman zwei-, dreimal begonnen wird. So wie der Roman in die Maschine reingeschrieben wird, geht er weg, so geht er in den Satz.
    R.: Haben Sie feste Zeiten, Herr Konsalik, oder warten Sie auf den Kuß der Muse?
    K.: Feste Zeiten habe ich nicht. Es kann sein, daß ich zwei, drei Tage gar nichts schreibe, und dann wieder, ohne auf die Uhr zu sehen, durch. Es muß, wie man so sagt, laufen. Wenn es nicht läuft – also, ich quäle mich nicht und zwinge mich nicht an die Maschine und sage: Du mußt heute schreiben. Das tue ich nicht.
    R.: Haben Sie gewisse Schreibgewohnheiten, haben Sie Hilfsmittel, Stimulanzien, faule Äpfel wie Schiller …
    K.: Gar nichts.
    R.: Oder brauchen Sie ein gewisses Schreibpapier wie manche Ihrer Kollegen?
    K.: Auch nicht. Alles, was ich brauche, ist absolute Ruhe. Wir sitzen hier in meinem Arbeitszimmer, das vom Wohnhaus vollkommen getrennt ist und allein als kleines Haus im Garten steht. Hier gibt es kein Telefon, gar nichts. Nur ein Haustelefon. Hier bin ich vollkommen ungestört. Es ist fast ein steriler Raum, vollkommen ohne Lärm. Sonst kann ich mich nicht konzentrieren. Also, ich könnte nicht wie einige berühmte Kollegen in Wien in einem Caféhaus schreiben. Ich weiß, daß, glaube ich, Eugen Roth oder Kästner am Caféhaustisch geschrieben haben und die Atmosphäre brauchten. Das würde mich verrückt machen. Ich brauche absolute Stille.
    R.: Was ist – um im Industriejargon zu fragen – der Tagesausstoß etwa?
    K.: Nun schreibe ich sehr engzeilig, also ungefähr 42, 44 Zeilen auf der Seite mit 75 Anschlägen, da kommen doch am Tag 15 bis 20 Seiten raus, wenn es läuft.
    R.: Sie arbeiten viel mit Illustrierten, Herr Konsalik, davon beziehen Sie ganz sicher einen Teil Ihrer Popularität; andererseits hat das möglicherweise auch negativ ihr Image beeinflußt: Illustriertenschreiber! Nun gibt es ja eine sehr honorige Tradition dieses Geschäftes, etwa Dumas. Würden Sie sich in dieser Tradition sehen?
    K,: Ja, denn sehen Sie: Ich schreibe einen Roman, auch wenn er in einer Illustrierten im Vorabdruck erscheint, nicht für die Illustrierte, sondern ich schreibe die Buchausgabe, und die Redaktionen der Illustrierten streichen dann aus dem Manuskript soviel heraus, um ihre
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