Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Autor und sein Werk

Der Autor und sein Werk

Titel: Der Autor und sein Werk
Autoren: Heinz G. Konsalik
Vom Netzwerk:
dringt noch warm in unsre Nasen,
zu grausam war des Schicksals harte Prüfung mit
Flanderns unschuldigem Glück. Pompejis Untergang
durch des Vesuves glüh'nden Aschenregen war eine
Katastrophe der Natur. In Flandern aber, in dem Blut erstickt,
im Mord gemordet jegliches Gefühl, war es der Zeiten
größtes Greuel: der Untergang des menschlichen Gefühls!
Die Gegenwart ist dumpfe Schwere, ist Erleiden,
ist Seufzen, Zähneknirschen und geballte Fäuste,
sie leben wir, – der Sprache ist sie nicht mehr wert.
Die Zukunft aber, jene ferne, glückerfüllte Welt,
die uns der Glaube in den stillen Stunden herabbeschwört
vom himmlischen Gewölbe, ist unser Trost. Was soll
der Mensch, wenn seine Freiheit man ihm raubte,
man ihn mit der Tyrannei zur Arbeit treibt, wenn jeder
Bissen Brot und jeder Wassertrunk das Blut der Toten
um den Staat uns widerspiegelt und ihre Mörder
am Tische sitzen mit gespreizten Beinen und als Herr
der tausendjähr'gen Scholle uns erpressen?
1. Fischer
(wild) Mit dem Beil
zieh ich ihm seinen Scheitel nach!
Volk
(dumpf) Mit Blut
sühnt man das Blut der Toten nur!
Jan
Wir sind
ein Christenvolk! Nicht Grausamkeit ist unsre Sprache,
Gerechtigkeit steht auf der Fahne eines Volks,
an dem die Knechtschaft saugt gleich einem Egel. –
(etwas ruhiger)
Ihr wollt nicht Worte hören, sondern Taten sehen!
Freiheit wollt ihr erringen, Frieden, Gleichberechtigung
im Raum der andern, neiderfüllten Welt. Mit Brüderschaft
wollt ihr den neuen Staat in eine Ewigkeit und Größe
bauen und die bodenständige Kultur, das Erbe
seit Jahrhunderten im Herzen eurer Enkel wahren!
Nicht nur ein Schlagwort werfe ich euch hin, nicht
nur ein Hohlgefäß der wortgeschwellten Theorie, in das,
gleich wie der Küfer in das Faß den Wein, ihr euer Blut
verröchelnd laufen lasst, damit ein Sinn die Leere
des Gefäßes fülle. Nein, der Glaube an das Volk,
die Treue zu dem Werke eines Herzens und das Opfer
für die Nation erringen jenes Glück, das noch
im Himmel, in der Zukunft thront. Und nur der Glaube
an seine eigne Kraft reißt sie hinab zur Erde.
2. Fischer
(entflammt)
Wir wollen keine Knechtschaft mehr!
Volk
Frei woll'n wir sein.
1. Fischer
(feurig)
Die Leiden des Jahrhunderts trugen wir,
die Zähne bissen wir zusammen, in den Flammen
der eignen Häuser schürten wir die innre Glut,
doch jetzt schreit unser Herz, das lang bezähmte,
das Wort, das in der Kehle würgt: Es ist genug!
Volk
(glühend)
Es ist genug! Die Freiheit wollen wir!
Wenn der Tyrannen Macht zum Wahnsinn wächst,
wenn statt der Herrschaft Mord im Land regiert,
wenn man das eigne Leben schützt mit blanker Klinge
und im Verhungern eine Gnade sehen muß,
dann greift das Volk zur Waffe, und mit Blut
holt es sich, was im Blut ertrank: das Recht! …
Wir wollen Brüder sein, denn eine Mutter
ernährt uns seit Jahrhunderten: die Heimat.
Was gilt uns Geld, was kümmert uns der Name,
uns ist der Bettler gleich lieb wie der Graf,
wenn er versteht, das eine Wort zu sagen: Bruder.
2. Fischer
(wild)
Das Meer ist unser Herz, der Boden unser Brot,
die blühende Natur nahm uns'ren Frohsinn ein, –
man hat sie uns gestohlen, Meer, Boden und Natur –
wie kann ein Volk noch leben, dem man dieses nahm?!
Jan
O Brüder, der Tyrannen Macht ist eitler Spott,
wenn unsichtbar der Thron wankt und durch Hohn
man sich das Selbstbewußtsein wiederzuerringen sucht!
Graf Brederode, Flanderns ungekrönter Fürst, hat
mit dem Edelsinn der Freiheit einen Schritt gewagt,
der ihn nach Brüssel zu der spanischen Regentin trug.
Des Königs Schwester Margarete, die den Herrscherwahn
und Blutrausch ihres Bruders in der Form der Buhlerei
und des Sadismus erbte, fand auf seine Bitte,
daß die Tortur aus Flandern man verbanne, nur ein Lächeln,
und fand den Ernst so lustig wie ihr Dirnenbett.
Ein Höfling, der die schnell gereichte Gunst zum
Aufstieg nutzte – Graf von Barlaimont – sah in dem Gang,
der Flanderns Joch erleichtern sollte, eine Schmach
für Spanien. Sein Wort, das seiner sinnlichen Regentin
die Seelenruhe wiedergab, wird die Geschichte
noch nach Jahrtausenden in glüh'nden Lettern spiegeln!
O Flamenblut, erstarre nicht bei diesem Satz,
der unsere Väter noch im Grabe geißelt und den Kindern
im Mutterschoße schon das Schandmal auf die Stirne brennt:
Ce n'est qu'un tas de geux –
das ist nichts als ein Bettlerhaufen!
(Empörung im Volk)
1. Fischer
(wild)
Fluch, ewige Verdammnis auf den Teufelskopf,
der eine Reinheit in den Schmutz zerrt, weil das Bett
ihn höher hebt als seine
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher