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Der Auftrag

Der Auftrag

Titel: Der Auftrag
Autoren: Jutta Ahrens
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wieder quälend zum Bewusstsein. Er war nackt, besudelt und entehrt. Aber er lebte.
    »Geh weg von mir, du tust mir weh.«
    Rastafan stieg von Jaryn herunter, ließ seinen Blick noch einmal über den Leib schweifen, den er besessen hatte, und bückte sich nach dem zerrissenen Rock. »Der tut es wohl nicht mehr, hm?«
    Jaryn erhob sich und wischte sich Erde und Laub von den Armen. Dass er nackt vor diesem Rastafan stand, beschämte ihn zutiefst. Aber diesem Gefühl durfte er jetzt nicht nachgeben. Er war immer noch ein Achayane, und dieser Rohling hatte ihn mit Gewalt zu etwas gezwungen, was die Götter verfluchten. Den Gedanken an die eigene Wollust verscheuchte er mit einem Kopfschütteln. Er strich sich über das Haar. Sein heiliger Zopf hatte sich vollends aufgelöst. Wirr hingen ihm die Haare ins Gesicht. Wie schmachvoll für einen Sonnenpriester! Er ahnte nicht, dass er so für Rastafan umso reizvoller aussah. Er nahm all seinen Mut zusammen, um trotz seiner Blöße würdig aufzutreten. »Du lässt mich also leben?«
    Rastafan nickte. »Bilde dir was drauf ein, Bürschchen. Ich bin sonst nicht so großzügig.«
    »Dann darf ich jetzt also gehen?«
    »Ungern, sehr ungern.« Rastafan kaute nachdenklich auf einem Fingernagel herum und verschlang Jaryn immer noch mit seinen Blicken. »Aber ich muss dich wohl gehen lassen. Da, wo ich hause, würde man dich kaum willkommen heißen.«
    »Soll ich nackt nach Margan gehen?«
    Rastafan grinste. »Das wäre für viele eine nette Abwechslung, nicht wahr? Aber du gefällst mir, ich weiß selber nicht warum. Du hast etwas, vielleicht komme ich noch einmal darauf, was es ist.« Er hob Jaryns Beutel auf. »Hier drin ist noch ein schöner roter Rock, wenn ich mich nicht irre.«
    Jaryn schüttelte leicht den Kopf. »Der ist getragen. – Schmutzig und zerrissen«, fügte er hinzu. »Darin kann ich mich nicht mehr blicken lassen.«
    »Oho. Solche Sensibelchen seid ihr also in der verbotenen Stadt. Kein Wunder, dass euch dort niemand besuchen darf. Ihr wäret ja peinlich für die übrige Welt. Also, dann komm mit!«
    Jaryn ignorierte die herabsetzenden Bemerkungen. »Wohin?«, fragte er so kühl wie möglich.
    »Keine Angst. Hier in der Nähe gibt es eine Köhlerhütte, da gibt es etwas zum Anziehen für dich. Dein Hüfttuch ist ja noch wie neu, das kannst du dir schon mal um die keuschen Lenden wickeln.« Er warf es Jaryn zu.
    Erleichtert band dieser es sich fest um den Leib. Nun hatte er einen besseren Stand. Er folgte Rastafan. Ihm blieb nichts übrig, als ihm zu vertrauen.
    Wenige Schritte entfernt, hinter wuchtigen Felsblöcken und hohen Fichten verborgen, stand tatsächlich eine Hütte. Rastafan ging hinein und kam mit einem Mantel aus braunem Stoff wieder heraus. »Hier. Der ist beinahe genauso lang wie dein rotes Fähnchen. Er wird deinen heiligen Leib züchtig bedecken.«
    Jaryn nahm ihn und musterte ihn voller Abscheu. Er war mehrfach geflickt und sah recht verfilzt aus. Außerdem hatte so ein niederes Wesen wie ein Köhler ihn auf dem Leib getragen. Na wenn schon , dachte Jaryn nach einigem Zögern. Dieser Gesetzlose ist ein weitaus niedrigeres Geschöpf, und ich musste von ihm nicht nur kratzigen Stoff ertragen. Außerdem besitzt der Mantel eine Kapuze.
    Ja, er würde fast unerkannt bleiben, und sein wirres Haar bliebe ebenfalls verborgen. Mit unbewegter Miene schlüpfte er hinein. Umständlich zog er sich die Kapuze über den Kopf und stopfte widerspenstige Strähnen hinein. Dann knotete er den Strick zusammen, der als Gürtel diente, und sah sich nach Rastafan um. Aber dieser war verschwunden, als hätte der Erdboden ihn verschluckt.

3
    Margan galt als Hauptstadt des Reiches Jawendor, war aber im Grunde nur eine riesenhaft vergrößerte Herrscherresidenz mit sämtlichen erforderlichen Einrichtungen. Hier befanden sich die beiden wichtigsten Tempel, aber auch weniger bedeutende Stätten göttlicher Verehrung. Selbstverständlich gehörte das Heer königlicher Beamter dazu und andere wichtige Männer, die sich mit ihrem Reichtum in die Stadt eingekauft hatten, einerseits um ihr Prestige zu vergrößern, andererseits um die Vorteile zu genießen, die sich aus der Nähe zum König und den Priestern ergaben. Personen niederen Ranges war das Betreten verboten, es sei denn, sie hielten sich dort zum Wohle der Herrschaft auf, was hieß, dass es in Margan mehr Dienstvolk und Sklaven gab als Privilegierte.
    Besuchern wurde der Zutritt erlaubt, wenn sie eine Einladung
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