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Der Aufbewarier (German Edition)

Der Aufbewarier (German Edition)

Titel: Der Aufbewarier (German Edition)
Autoren: Béla Bolten
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Kurt Krause«, sagte Daut gelassen.
    »Es hätte schlimmer kommen können«, antwortete Kurt May.
    Weidt deutete auf die Formulare.
    »Es werden noch vier weitere Menschen ein freies Leben führen können. Danke, Herr Daut. Können wir etwas für Sie tun?«
    »Wenn Sie irgendeinen Anzug für mich hätten und die Uniform verbrennen würden. Ich möchte nicht noch einmal so durch die Stadt fahren. Und dann habe ich nur noch einen Wunsch: endlich schlafen.

Samstag, 20. März 1943
    Neunundvierzig
     
     
    Daut hasste Nachtschichten - und von Grätz setzte ihn nur noch nachts ein, und meistens war Gisch sein Partner, dieser fanatische Nationalsozialist. In den letzten zwei Wochen war Daut ständig auf der Hut gewesen und hatte nach Anzeichen gesucht, dass ihn jemand erkannt hatte und seine Maskerade mit der SS-Uniform aufgeflogen war. Aber alles war ruhig geblieben.
    Carla hatte ihn am Montag nach seiner Köpenickiade besucht und erzählt, dass ihr Mann am Vormittag mit dem Bombenschein zur Meldestelle am Hackeschen Markt gefahren sei. Der Amtsleiter Röver stellte ihm sofort und ohne weitere Nachfragen neue Papiere aus. Otto Weidt hatte Kurt ein möbliertes Zimmer am Tiergarten besorgt und ihn in der Bürstenmacherei eingestellt. Ein Arbeitsloser würde auffallen. Nur eins bedrückte Carla: Sie konnte ihren Kurt aus Sicherheitsgründen nur noch selten und heimlich treffen. Aber was war das schon gegen die Gewissheit, dass er überleben würde.
     
    Auch Rösen hatte ihn in der vergangenen Woche besucht. Er berichtete, dass die Staatsanwaltschaft nach langem Hin und Her Anklage gegen Quint erhoben hatte. Zum Glück, denn damit war Daut aus dem Schneider, was seine Rolle bei der Verhaftung und Vernehmung anging. Allerdings wurde in der Anklageschrift nicht mit einer Silbe erwähnt, dass die Ermordete Jüdin war. Das passte dann doch nicht ins Weltbild, und man wollte jede öffentliche Diskussion darüber vermeiden, ob die Tötung einer Jüdin überhaupt ein Mord sein könne.
     
    Daut überlegte, ob er die Engelmann nach einem Bohnenkaffee fragen sollte, entschied sich aber dagegen und setzte Wasser für einen Gerstenkaffee auf, obwohl man es inzwischen geschafft hatte, selbst dieses Gebräu noch ungenießbarer zu machen, als es ohnehin schon war.
    Wie jeden Morgen hatte seine Zimmerwirtin die Zeitung vor seine Tür gelegt, nachdem sie das Blatt ausgiebig studiert hatte. Er schlug die Berliner Morgenpost auf, blätterte bis zum Lokalteil und las:
     
    Todesurteil gegen Raubmörder.
    Schweres Verbrechen vor dem Sondergericht
     
    Eine furchtbare Bluttat fand jetzt ihre Sühne vor einem Sondergericht.
     
    Vor einigen Wochen wurden in zwei Berliner Kellern und in einer Schleuse ein Koffer und zwei Pakete gefunden, in denen sich Leichenteile einer weiblichen Person befanden. Die polizeilichen Ermittlungen ergaben, dass der 49-jährige August Quint die 30-jährige Martha Grahn in seiner Gartenlaube in Weißensee ermordet, die Leiche zerstückelt, in die Pakete gepackt und diese später in den Häusern abgelegt und in der Schleuse versenkt hatte.
     
    Quint, der bisher unbestraft war, lebte in geordneten Verhältnissen. Er hatte die Frau einige Monate vorher kennengelernt und war zu ihr in freundschaftliche Beziehungen getreten. Sie besaß einige Wertsachen, darunter Schmuck und Goldmünzen, die sie ihm zur Aufbewahrung übergab, da er ihr vertrauenswürdig erschien. Gold und Juwelen hatten es dem Quint aber angetan, bald beherrschte ihn nur noch der Gedanke, dass er sich ganz in den Besitz dieser Wertsachen bringen müsste. Ein Versuch, ihr einige Goldsachen abzuschwatzen, missglückte. Im Gegenteil, die Frau wurde durch sein so offen zur Schau gestelltes Interesse misstrauisch und forderte ihr Eigentum zurück. Als sie immer mehr auf die Rückgabe drang, beschloss er, sie zu ermorden. Er bestellte sie in seine Gartenlaube und schlug sie dort, als sie wiederum auf die Herausgabe der Wertgegenstände bestand, mit einem Hammer nieder. Er zerstückelte die Leiche und brachte sie fort.
     
    In der Hauptverhandlung, die am 18. März vor dem Sondergericht Berlin stattfand, war der Angeklagte voll geständig. Er erklärte, dass nur seine maßlose Habgier ihn zu der entsetzlichen Tat getrieben habe. Das Sondergericht verurteilte ihn als Gewaltverbrecher und Mörder zum Tode. Das Urteil ist bereits vollstreckt.
     
    Wie Rösen gesagt hatte: kein Wort über die wahren Hintergründe der Tat. Offenbar traute man den Deutschen nicht
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