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Der Atem des Jägers

Titel: Der Atem des Jägers
Autoren: Deon Meyer
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sie hätte ihn so gemacht, wie man es ihr beigebracht
     hatte, vor langer Zeit, als sie in Bloemfontein für eine Cateringfirma arbeitete.
    Er sagte, er würde jeden Tropfen trinken, und dann würden sie sich lieben, direkt hier auf dem Tisch.
     
    Irgendwo auf der N2, fünfzig Kilometer vor Port Elizabeth, ließ Griessel ihn anhalten.
    »Mußt du pissen?«
    »Ja.«
    »Dann jetzt.«
    Als sie fertig waren, vier Meter voneinander entfernt, der weiße Mann mit dem Schwanz in einer Hand und der Pistole in der
     anderen, fuhren sie weiter.
    Am Rand der Stadt tankten sie, ohne aus dem Wagen zu steigen.
    Als sie an der Abzweigung nach Hankey vorbei waren und die Straße hinunter ins Gamtoos-Tal führte, sagte Griessel: »Als ich
     jung war, habe ich Baß gespielt. In einer Band.«
    Thobela wußte nicht, was er sagen sollte.
    »Ich dachte, das wollte ich mit meinem Leben anfangen.
    Gestern nacht habe ich mir eine CD angehört, die mein Sohn mir gegeben hat. Als sie zu Ende war, lag ich im Dunkeln und erinnerte
     mich an etwas. Ich erinnerte mich an den Tag, an dem mir klarwurde, daß ich als Baßgitarrist niemals besser als der Durchschnitt
     sein würde.
    Ich war mit der Schule fertig, es waren Weihnachtsferien, und in Green Point fand ein Bandwettbewerb statt. Wir gingen zuhören,
     die Jungs von meiner Band und ich. Da war |390| dieser Typ, er war klein und hatte schneeweißes Haar, er war in einer dieser Rockbands, die Coversongs spielen. Herrgott,
     es war magisch. Er stand stocksteif, rührte sich kein bißchen. Er schaute noch nicht mal auf den Hals des Basses, er stand
     da einfach mit geschlossenen Augen, seine Finger flogen, und die Töne waren wie ein reißender Fluß. Da wurde mir klar, wo
     mein Platz war. Ich sah jemanden, der zum Bassisten geboren worden war. Scheiße, mir war klar, daß wir dasselbe fühlten. Die
     Musik löste im Inneren dasselbe aus, sie öffnete einen, aber zu fühlen und zu spielen ist nicht dasselbe. Das ist die Tragödie.
     Man will
so
sein, so gottverflucht lässig genial, aber man hat es nicht in sich.
    Also wußte ich, daß ich nie ein richtiger Bassist sein würde, aber ich wollte in irgend etwas anderem so sein. So gut. So
     … fähig. In irgend etwas. Ich fragte mich, wie ich herausfinden konnte, in was. Wie sucht man nach dem, wofür man auserkoren
     ist? Und was, wenn es gar nichts gibt? Wenn man in allem bloß ein Durchschnitts-Arschloch ist? Man wird durchschnittlich geboren
     und lebt ein durchschnittliches Leben, und dann krepiert man, und keiner merkt’s?
    Während ich danach suchte, ging ich zur Polizei, denn eines war mir nicht klar: Man weiß es, ohne es zu wissen. Irgend etwas
     tief im eigenen Kopf steuert einen zu dem, was man
kann
. Es dauerte jedoch eine Weile, bis ich das begriff. Denn ich dachte nicht, daß Polizist sein etwas wäre, was man fühlen konnte
     wie Musik.
    Außerdem passiert es nicht von allein. Man muß es sich erarbeiten, man muß gut aufpassen, man muß seine eigenen Fehler machen.
     Eines Tages aber sitzt man da mit einer Akte, die für keinen anderen einen Sinn ergibt, und man liest die Aussagen, Notizen
     und Berichte, und plötzlich paßt alles zusammen. Man spürt es tief in sich drinnen. Man hört die Musik, man bemerkt diesen
     Rhythmus tief in sich, und man weiß: Dafür wurde ich erschaffen.«
    Thobela hörte den Weißen seufzen. Er wollte ihm sagen, daß er ihn verstand.
    |391| »Und dann kann einen nichts mehr stoppen«, sagte Griessel. »Niemand. Außer einem selbst. Alle finden, daß man gut ist. Sie
     sagen es einem auch. ›Scheiße, Benny, du bist der Beste. Herrje, Mann, du hast es wirklich drauf.‹ Man will es auch glauben,
     denn man sieht ja, daß sie recht haben, aber da ist diese kleine Stimme in deinem Inneren, die sagt: Du bist bloß ein Parow-Penner,
     der niemals irgendwas richtig gut kann. Ein durchschnittlicher kleiner Kerl. Und früher oder später kriegen sie das raus.
     Eines Tages werden sie dich zum Narren machen, und die Welt wird über dich lachen, denn du dachtest, du wärst jemand. Bevor
     es soweit kommt, muß man sich selbst zum Narren machen. Man muß sich zerstören. Denn wenn man es selbst macht, kann man es
     wenigstens einigermaßen kontrollieren.«
    Ein Geräusch von hinten, beinahe ein Lachen. »Es ist gottverflucht tragisch.«

44
    Er schlief am Tisch ein. Sie sah es kommen. Seine Zunge wurde schwerer und schwerer. Carlos begann Spanisch zu sprechen, als
     verstünde sie jedes Wort.
    Er stütze
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