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Der arme Drache (German Edition)

Der arme Drache (German Edition)

Titel: Der arme Drache (German Edition)
Autoren: Simon Heiser
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daran, dass sie sich gut
auskannte mit Kräutern und Gewürzen aller Art, und dass sie
den Wald liebte, der so mannigfach auftischte, wenn man wusste wo man
suchten musste.
    Der
Name des Mädchens war Marie und ihr Großvater platzte vor
Stolz, wenn sie mit ihrer gütigen Art durch das Häuschen
tänzelte, oder sie voller Begeisterung am Kamin seinen
Geschichten lauschte. Er glaubte, und das nicht ganz zu unrecht, dass
ihr vornehmer Charakter zu einem guten Teil seinem Einfluss zu
verdanken war.
    Ihr
Haar fiel ihr in schönen Locken über die Schultern und
hatte die Farbe von reifem Korn; fast golden. Obwohl sie sehr hübsch
war, blickte sie nicht auf andere, weniger hübsche Menschen
herab, und besonders das liebte ihr Großvater an ihr.

    Wie
wir ja schon erfahren haben, war ihr Großvater mittlerweile ein
recht alter Mann und eines Tages geschah etwas, das fast alle alten
Menschen irgendwann einmal traf: Der Großvater wurde sehr
krank. So wie das Land für eine Weile unter einer Schneedecke
versinken sollte, so kroch der alte Mann unter seine Bettdecke und
kam kaum noch darunter hervor.
    Er
konnte nicht mehr an seinem Lieblingsplatz am Kamin sitzen, sondern
musste seine Tage im Bett verbringen, denn er bekam ein schlimmes
Fieber. Ein garstiges Leiden für einen Mann, der zeit seines
Lebens mit Vergnügen aktiv gewesen war. Jeden Tag ging Marie in
den nahen Wald und sammelte Kräuter, aus denen sie ihm einen
heißen Tee kochte, und ihre restliche Zeit verbrachte sie
damit, den Kamin zu heizen und die Hand des Großvaters zu
halten. Sie war sehr traurig, denn ihr Großvater erzählte
ihr keine Geschichten mehr und sagte auch ansonsten kein Wort. Er
schämte sich für seine Schwäche und begann schlecht zu
träumen, seine Hände fühlten sich kalt an. Marie
wusste, dass er sterben würde, und immer wenn er schlief, ging
sie hinaus in die Kälte und weinte bitterlich. Nur der Mond
beobachtete sie dabei, doch er blieb wie immer gleichgültig.
    Als
sie eines Morgens mit feuchten Augen die Hütte betrat und nach
dem alten Mann sehen wollte, hatte das Herz des Großvaters zu
schlagen aufgehört und er lag friedlich in seinem Bett. Das
Feuer im Kamin war erloschen und es war kalt. Nicht nur wegen des
fehlenden Feuers, das allein war es nicht; ohne den lieben Großvater
schien die Hütte allen Lebens beraubt, auch wenn er erst kurz
fort war.
    Maries
Herz konnte diesen Anblick nicht ertragen und wie von Sinnen stürmte
sie aus der Hütte und rannte in den Wald hinein; sie spürte
die Kälte nicht mehr und auch nicht die harten Wurzeln der
Bäume, die gegen ihre bloßen Füße drückten.
Sie rannte bis zur Erschöpfung und als die Sonne hoch am Himmel
stand, brach sie am Stamm einer großen Eiche zusammen und
weinte gegen die Rinde.
    Einige
Vögel bemerkten sie, doch die hatten ihre eigenen Sorgen und
kümmerten sich deshalb nicht um das schluchzende Mädchen.

    3.
    Die
Schöne und das Ungetüm

    Oliver,
der Drache, hielt gerade seinen Mittagsschlaf, denn er hatte gut
gegessen. Er wusste im ersten Moment nicht wodurch er geweckt worden
war und lauschte etwas verschlafen den Geräuschen des Waldes. Er
hatte sehr gute Ohren, doch die Laute, die er vernahm, waren ihm
fremd. Es klang nach einem Menschen; einem jungen Menschen, der sehr
traurig zu sein schien.
    Olivers
Neugier war geweckt und er blinzelte sich den Schlaf aus den Augen.
Sein grüner Körper wuchtete sich in die Höhe und wand
sich aus der Höhle, um nachzusehen, woher dieses seltsame
Geräusch stammte, und er brauchte nicht lange, bis er die große
Eiche erreichte, die etwas abseits der anderen Bäume wuchs.
Eichen legten nämlich nicht viel Wert auf Gesellschaft und
brauchten Platz, um sich entfalten zu können.
    Da
entdeckte er das Mädchen Marie. Ihr verletzlicher Körper
hatte sich an die Eiche geschmiegt und ihre kleinen Füße
waren vor Kälte blau angelaufen. Oliver verbarg sich inmitten
eines Gebüschs und beobachtete das Mädchen eine Weile und
dabei stellte er fest, dass sie bitterlich weinte. Er hatte nicht
sehr oft mit Menschen zu tun gehabt und wusste nicht recht wie er
sich verhalten sollte. Wahrscheinlich würde sie weglaufen, wenn
sie ihn entdeckte und davor hatte er Angst. Er wollte schließlich
niemanden erschrecken, denn er wusste nur zu gut, welche Wirkung
Drachen meist auf Menschen hatten, selbst wenn sie im Vergleich zu
anderen ihrer Art klein waren. Im Gegensatz zu anderen Waldbewohnern
war er immer noch ein mächtiges
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