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Der Apfel fällt nicht weit vom Mann

Der Apfel fällt nicht weit vom Mann

Titel: Der Apfel fällt nicht weit vom Mann
Autoren: Sarah Harvey
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St. Wastrell es euch ermöglicht hätte, aber ich verspreche, dass wir für euch tun werden, was wir können ... Was meinst du, nehmt ihr uns mit ins Boot? Möchtet ihr uns dabeihaben?«
    Opal wurde fast umgerissen, als die ganze Mädchenschar sich auf sie stürzte, um sie zu umarmen.
    »Vermutlich soll das ein Ja sein?«, fragte sie und lief vor Vergnügen über diese Fülle an Zuneigung dunkelrot an.
    Sie hätten Opal vielleicht wirklich erdrückt, wenn nicht im nächsten Moment Gypsy vor Freude losgequiekt hätte. Sie ließ Opal los, quetschte sich zwischen ihrer Mutter und Tante Susan hindurch und schrie aus voller Kehle:
    »Da bist du ja wieder!«
    Als Pip diesen begeisterten Ausruf hörte, ließ auch sie Opal los. Ihr Herz bebte vor Hoffnung und Erleichterung, als sie sich der hochgewachsenen, gebräunten Gestalt zuwandte, die nervös lächelnd am Tor stand.
    Doch da stieß Judy einen Schrei aus.
    Und Pip begriff, dass nicht Balthazar nach Arandore zurückgekehrt war ...
    ... sondern Raphael.

– 40 –
    Es war wie bei dem Spiel, bei dem alle Tänzer erstarren und möglichst reglos und still stehen bleiben müssen, sobald die Musik aufhört.
    So still war es, dass man die Blätter der Apfelbäume im leichten Abendwind rascheln hörte.
    Und dann kam Persicoria, die sich im Tohuwabohu weiß Gott wohin fortgestohlen hatte, die Auffahrt heraufgaloppiert, wieder einmal mit einem Baguette im Maul. Mit ihren langen, schlanken Beinen setzte sie über die Hofmauer und legte ihre Beute vor Judys Füßen ab. Damit war der Bann gebrochen.
    Ohne nachzudenken, bückte Judy sich, hob das lange Weißbrot auf und streichelte mit zitternder Hand den samtig braunen Kopf der Hündin.
    Aller Augen waren auf sie gerichtet.
    Mit dem Baguette in der Hand atmete Judy langsam aus.
    Doch sie rührte sich immer noch nicht.
    Die anderen wandten sich wieder Raphael zu.
    Er war nicht mehr der lachende Sonnyboy, den sie in Erinnerung hatten. Bestürzt betrachteten die Mädchen ihn, seine Magerkeit, die Schatten unter seinen Augen, die genähte Wunde, die sich über einen Wangenknochen zog, und den Gips um ein Handgelenk.
    Doch dann konnte Gypsy nicht mehr an sich halten, sie rannte zu ihm und schlang ihm die Arme um die Taille.
    »Ach, Raph, da bist du ja wieder, endlich! Ich wusste, dass du zurückkommst. Ich hab gewusst, dass du uns nicht für immer allein lässt!«
    Mit Tränen in den Augen erwiderte der sichtlich geknickte Raphael die stürmische Umarmung des Mädchens, dann gab er ihr sanft einen Kuss auf den Kopf.
    Angesichts dieser spontanen Zuneigungsbekundung stieß Flora einen kleinen Schluchzer aus und lief, gefolgt von Viola, zu den beiden hin. Alle vier hielten sich schluchzend in den Armen.
    »Es ist so schön, euch alle wiederzusehen, ich habe euch wahnsinnig vermisst.« Von seinen Gefühlen überwältigt, stotterte Raphael ein bisschen.
    »Was ist passiert, Raph? Du bist ja verletzt!«
    »Wo bist du gewesen?«
    »Warum bist du abgehauen?«
    Sie bombardierten ihn mit Fragen, doch er hatte nur Augen für Judy.
    »Ich erzähle euch alles, versprochen, aber erst muss ich mit eurer Mutter sprechen.«
    »Da gibt’s nichts zu reden«, sagte Judy wie aus der Pistole geschossen, aber ihre bebende Stimme verriet, dass sie das nicht so meinte. Das gab ihm die Kraft, zu beharren.
    »Entschuldige bitte, Judy, aber ich muss dir sagen, wie leid es mir tut. Es tut mir aufrichtig leid, sehr, sehr leid. Ich habe das nicht so gewollt. Ich wollte dich nicht verlassen.«
    »Und warum hast du’s dann getan?!«, brach es aus Judy hervor.
    In ihrem Ausruf klang so viel Schmerz mit, dass Raphael den Kopf senkte.
    »Ich wollte dich nicht verlassen«, wiederholte er. »Wirklich, als ich hier abgereist bin, wollte ich auf jeden Fall wiederkommen, ich wollte euch nicht euer Geld wegnehmen. Aber diese hijos de puta haben mich ausgetrickst. An dem Tag, als ich die Bar kaufen wollte, habe ich zu früh angefangen, mit den Verkäufern zu feiern. Ich habe sehr viel getrunken, und wir haben angefangen zu spielen, zu pokern.« Raphael senkte den Kopf in die Hände. »Und dann ... ¡Que vergüenza! Ich schäme mich so, aber sie haben mich betrogen. Und ich habe alles verloren. Ich war einfach zu borracho , zu betrunken, um das gleich zu kapieren. Am nächsten Morgen wurde mir dann klar, dass diese Typen mich umbringen würden, wenn ich nicht zahlen würde. Ich hatte keine andere Wahl, ich musste ihnen das Geld geben – euer Geld. Eigentlich wollte ich
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