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Der Angstmacher

Der Angstmacher

Titel: Der Angstmacher
Autoren: Jason Dark
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entgegenkommen.
    Gleichzeitig dachte sie auch daran, daß Sally möglicherweise einen Ersatz für die Harfe brauchte. Vielleicht war der Händler kulant und nahm das Instrument zurück.
    Sally war musikalisch und nicht unbedingt auf ein Instrument festgelegt. Viola spielte sie ebenfalls, auch Geige. Da Heß sich bestimmt etwas machen.
    Die Zimmertür hatte sie geschlossen. Ellen verließ den Raum, betrat den Flur aber nicht, denn sie hörte plötzlich von unten her die Klänge der Harfe.
    Es kam ihr vor, als hätte Sally genau gewußt, daß sie das Zimmer verlassen wollte. Der erste gezupfte Akkord klang wie ein Startschuß, war dabei eine Folge von klingenden Tönen, die durch das Haus wehten und auch die obere Etage erreichten.
    Ellen Saler blieb stehen. Die dünne Haut an ihrem Hals bewegte sich, als sie schluckte, Ihr gefiel das Spiel überhaupt nicht. Sie hatte sich vorgestellt, die Klänge nicht mehr hören zu brauchen, doch nun begann das Spiel wieder von vorn.
    Zwar bekam sie keine Gänsehaut, doch es blieb ein kaltes Gefühl auf dem Rücken.
    Und das Mädchen spielte weiter.
    Faszinierend schön, gleichzeitig auch abstoßend, wie Ellen Saler empfand. Sie haßte das Spiel der Harfe, wurde allerdings auch in seinen Bann gezogen.
    Sie wußte nicht, wie sie sich verhalten sollte. Hinuntergehen, bleiben, sich Watte in die Ohren stopfen?
    Sicherlich war alles falsch, nur entscheiden mußte sie sich. Das tat sie auch, indem sie sich zurückzog. So lautlos wie möglich, wobei sie keine Angst zu haben brauchte, daß ihre Tochter sie hörte. Trotzdem schlich sie wieder in den Raum.
    In ihrem eigenen Haus kam sie sich fremd vor. Auch als Ellen die Tür geschlossen hatte, gelang es ihr nicht, den Klängen der Harfe zu entgehen. Sie waren nicht einmal gedämpft zu hören, die Zimmertür hielt kaum etwas ab.
    Ellen wußte nicht, was sie noch tun konnte. Höchstens das Haus verlassen. Das wollte sie auch nicht. Es glich zu sehr einer Flucht vor der Wirklichkeit. Zudem hatte sie es nicht nötig. Schließlich gehörte das Haus ihr.
    Also blieb sie und legte sich wieder auf das Bett. Sie starrte gegen die Decke, wo sie den schwachen Kreis der Lampe sah. Sie stand etwas im Hintergrund und leuchtete nicht einmal die Hälfte des Zimmers aus. Sally spielte noch immer. Sie legte keine Pause ein, ihre Hände waren mit dem Instrument verwachsen. Je länger sie die Saiten zupfte, um so mehr spielte sie sich ein.
    Ellen Saler hörte mit.
    Auch wenn sie sich hin und wieder die Ohren zuhielt, sie konnte den Klängen einfach nicht entgehen. Wie ein Sturmwind brausten sie durch das Haus und auch in ihr Zimmer hinein.
    Noch etwas kam hinzu und verstärkte sich.
    Es war wie ein Spiel. Ellen Saler bekam es mit der Angst zu tun. Zunächst war es nur ein Druck, der sich in ihrem Magen festsetzte, aber an Stärke zunahm.
    Ein Klumpen breitete sich aus, er wanderte auch in die Höhe und näherte sich ihrer Brust.
    Ein furchtbarer Alp hielt sie umklammert. Er war grauenhaft und entwickelte sich zu einem wahren Gebirge aus Angst, das sich auf Ellen Saler legte und sie fast erdrückte.
    Die Angst war da, sie fraß sich weiter, sie ließ sich durch nichts aufhalten, sie tauchte in die Seele der Frau und ergriff von ihr Besitz. Bisher hatte sie ruhig auf dein Bett liegenbleiben können, das war nicht mehr möglich. Ellen spürte einen unheimlichen Drang in sich. Fremde Kräfte hatten sich ihres Körpers bemächtigt und machten mit ihm; was sie wollten.
    Sie packten die Frau, schleuderten sie herum, die Atemnot steigerte sich noch mehr, und die würgende Angst trieb wahre Schweißströme aus ihren Poren, so daß sich Ellen vorkam wie frisch geduscht. Wenn sie atmete, schnappte sie nach Luft, wie ein Fisch an Land. Der Schweiß ließ ihr Gesicht glänzen. Li blieb nicht auf einer Stelle liegen, er rann über ihre Haut, konnte von den Brauen kaum gestoppt werden und erreichte als salzige Tropfen auch die Lippen: Ellen Saler erlebte den Unterschied zwischen Furcht und Angst besonders extrem. Was in ihrem Innern hochwallte, war bereits eine Abart der Angst.
    Todesangst…
    Die Melodien der Harfe hatten längst eine andere Phase erreicht. Sie klangen jetzt schriller, fast bösartig, steigerten sich zu einem furiosen Wirbel, und Sally, die ihre Augen weitoffen hielt, erkannte dort, wo sich das Licht an der Decke abzeichnete, so etwas wie Figuren oder Bilder. Schlimme Szenen, ein monströses Schattenspiel, das die gesamte Zimmerdecke erfaßte und nach ihr
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