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Der Adler ist entkommen

Der Adler ist entkommen

Titel: Der Adler ist entkommen
Autoren: Jack Higgins
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Ohren, ein Luftzug, der über ihn hinwegfegte, und dann ein dunkler Schatten, den er später nur noch als riesigen Vogel beschreiben konnte. Er flog über ihn hinweg und verschwand in den Schatten am anderen Ende des Sees.
      Asa schaffte eine vorbildliche Landung auf der ruhigen Wasseroberfläche, wenige hundert Meter vom Ufer entfernt, wobei er das Heck erst im letzten Moment eintauchen ließ. Sie glitten ein Stück über das Wasser, dann stoppten sie, und gurgelnd begann die Maschine vollzulaufen. Er stieß die Haube der Führerkanzel auf und wuchtete das zusammengefaltete Rettungsfloß heraus. Es blies sich sofort auf.
      »Wie tief ist es hier?« fragte er Devlin.
      »Zweihundert Fuß, also etwa sechzig Meter.«
      »Damit dürfte dieses Problem wohl gelöst sein. Die arme Kiste. Nichts wie weg hier.«
      Er sprang in das Rettungsboot, gefolgt von Steiner und Devlin. Sie paddelten ein Stück, dann hielten sie inne und schauten zurück. Die Nase der Lysander tauchte bereits unter. Für einen Moment war nur noch das Schwanzleitwerk mit den Insignien der deutschen Luftwaffe und dem Hakenkreuz zu sehen, und dann verschwand auch dies unter der Wasseroberfläche.
      »Das war's dann wohl«, sagte Asa.
      Sie begannen auf die schwarze Uferlinie zuzupaddeln. Steiner fragte: »Und was jetzt, Mr. Devlin?«
      »Wir haben einen langen Marsch vor uns, aber die ganze Nacht Zeit. Meine Großtante Eileen O'Brien besitzt oberhalb der Killala Bay ein altes Bauernhaus. Dort treffen wir auf Freunde.«
      »Und was dann?« wollte Asa Vaughan weiter wissen.
      »Das weiß Gott allein, mein Sohn, wir werden sehen«, antwortete Liam Devlin.
      Das Boot schob sich auf den schmalen Strand. Devlin stieg als erster aus, glitt in knietiefes Wasser und zog sie vollends an
    Land.
       »Cead mile failte«, sagte er und reichte Kurt Steiner eine Hand.
      »Und was heißt das?« erkundigte sich der Deutsche.
      »Das ist Irisch.« Liam Devlin lächelte. »Die Sprache der Könige. Es heißt, seid hunderttausendmal willkommen.«

    Belfast
    1975

    16

      Es war fast vier Uhr morgens. Devlin stand auf und öffnete die Tür der Sakristei. In der Stadt war es nun still, nur ein beißender Gestank von Qualm und Rauch lag in der Luft. Es fing an zu regnen, und er fröstelte und zündete sich eine Zigarette an.
      »Es geht nichts über eine schlimme Nacht in Belfast.«
      »Verraten Sie mir eines«, sagte ich, »sind Sie Dougal Munro noch einmal begegnet?«
      »O ja.« Er nickte. »Sogar mehrmals im Laufe der Jahre. Er wollte keine Ruhe geben, unser guter alter Dougal.«
      Wie üblich fiel es mir schwer, ihn ernst zu nehmen. Also versuchte ich es anders. »Na schön, was ist danach passiert? Wie hat Dougal Munro es geschafft, das Ganze geheimzuhalten?«
      »Nun, Sie dürfen nicht vergessen, daß nur Munro und Carter wußten, wer Steiner wirklich war. Für den armen Lieutenant Benson, für Schwester Maria Palmer und für Father Martin war er lediglich ein Kriegsgefangener. Ein Luftwaffenoffizier.«
      »Aber Michael Ryan und seine Nichte? Die Shaws?«
      »Die Luftwaffe startete damals gerade neue Angriffe auf London. Der ›Kleine Blitz‹, so wurden diese Angriffswellen genannt, und das paßte dem britischen Geheimdienst sehr gut ins Konzept.«
      »Wie das?«
      »Weil viele Leute bei den Bombardierungen ums Leben kamen, Leute wie Sir Maxwell Shaw und seine Schwester Lavinia, die während eines Luftangriffs im Januar 1944 starben. Sehen Sie sich mal die Times von diesem Monat an. Dort finden Sie eine entsprechende Todesanzeige.«
    »Und Michael Ryan und Mary? Jack und Eric Carver?«
      »Sie schafften es nicht bis in die Times, aber sie endeten alle am gleichen Ort, in einem Krematorium in Nord-London. Fünf Pfund graue Asche und keine Autopsie. Alle als Bombenopfer registriert und zu den Akten gelegt.«
      »Es ändert sich wirklich nichts«, sagte ich. »Und die anderen?«
      »Canaris blieb nicht mehr lange am Leben. Er fiel noch im selben Jahr in Ungnade, dann schlug im Juli ein weiteres Attentat auf den Führer fehl. Canaris wurde mit vielen anderen verhaftet. Sie töteten ihn während der letzten Kriegswoche. Ob Rommel ebenfalls beteiligt war, ist nie ganz geklärt worden, doch der Führer war von seiner Schuld überzeugt. Es ging nicht an, daß der Held des Volkes als Verräter am Nationalsozialismus entlarvt wurde, daher wurde Rommel die Möglichkeit geboten, Selbstmord zu begehen.
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