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Der 7. Tag (German Edition)

Der 7. Tag (German Edition)

Titel: Der 7. Tag (German Edition)
Autoren: Nika Lubitsch
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wir trauen konnten.
    Denn eins war ziemlich schnell klar, mir eher als
Michael. Die sonderbare Wandlung des Ulli Henke vom loyalen Freund zum Gegner,
vom ehrlichen Anwalt zum Betrüger musste andere Ursachen haben als reine
Geldgier. Wir tippten auf Mafia. Als Rechtsanwalt, zumal als Strafverteidiger,
lernt man eine Menge Menschen kennen. Wir haben nächtelang nach möglichen
Motiven gesucht. Wenn Ullrich Henke, wie wir über Michaels Kontakt wussten,
nicht mit dem Geld abgehauen ist, so wird er sich damit freigekauft haben.
Freigekauft also wovon?
    Wir haben also Nacht für Nacht hier auf der Terrasse
gesessen und Theorien aufgestellt. Und irgendwann haben wir gemerkt, dass wir
nicht weiterkamen. Ulli muss irgendwie erpresst worden sein. Worauf hatte er
sich also eingelassen?
    Wir hatten natürlich schlicht das Problem, dass wir
bei dem vermuteten Mafiahintergrund sehr vorsichtig sein mussten, überhaupt
Kontakte in Deutschland zu nutzen. Da weiß man nie, wem man trauen kann und wem
nicht. Irgendwo muss es doch eine verdammte Spur geben. Wir kamen endlich zu
dem Schluss, dass wir uns Unterlagen beschaffen mussten, an die man auf legalem
Weg nicht herankam. Ich möchte, dass wir jetzt gemeinsam einen Besuch machen.
Sie sollten jemanden kennen lernen. Aber bitte bedenken Sie: Auch hier gilt,
keinen Namen, keine Ortsangabe, keine Fotos.“
    Natürlich sind wir einverstanden.
    „Es kann aber dauern“, sagte Gregor. „Und bitte
erwarten Sie nicht zu viel. Er ist sehr krank.“
    Gregor verfrachtet uns in seinen Jeep. Die Fahrt
geht einmal quer über die Insel. Das Ziel ist ein kleiner Yachthafen. Der
Besitzer der ziemlich heruntergekommenen Bootstankstelle scheint ein Freund von
ihm zu sein. Sie palavern und dann winkt uns Gregor, mitzukommen. Wir steigen
in eine ebenso heruntergekommene Yacht, der man nur ungern bei einem Sturm sein
Leben anvertrauen würde. Sein Freund stellt noch ein Sixpack Bier in das Boot
und wirft Gregor das Tau zu.
    Mit ohrenbetäubendem Lärm setzt Gregor den Motor in
Gang. Und dann geht es mitten hinein in das grünblaue Wasser, immer dem
Horizont entgegen. Die Fahrt dauerte ziemlich lange, und sensiblere Mägen
hätten sie kaum schadlos überstanden. Der Motor spuckt und ruckt, tut aber
seinen Dienst. Ein paar Stunden sehen wir außer weißen Kreuzschiffen und ein
paar Tankern nichts am Horizont. Als die Sonne sich bereits zu einem gelben
Wasserball formt, erscheint endlich die Silhouette einer kleinen Insel im
Abendlicht. Gregor macht das an Bord befindliche Schlauchboot flott. Geschickt
wirft er den Anker aus und dann kletterten wir in das orangefarbene Gummiboot,
das keinen Deut vertrauenerweckender aussieht als die Yacht.
    Gregor wirft uns die Paddel zu und steuert einen
kleinen, verlassen aussehenden Sandstrand an. Ein Schild warnt uns, dass die
Insel Privatbesitz und bewacht sei. Ein zweites Schild warnte vor dem bissigen
Hund. Kaum hatten wir es gelesen, stürzt ein zähnefletschendes Ungeheuer auf
uns zu. Wir wollen schon wieder ins Boot flüchten, als das zähnefletschende
Ungeheuer Gregor anspringt und ihm das Gesicht leckt. Man kennt sich
offensichtlich. „Das ist Pipo“, lacht Gregor. Hinter einem Baum tritt ein Mann
mit einem Gewehr hervor. „Hallo, Gregor!“ begrüßt er unseren Führer. „Hallo
Friday, wie geht es Peter?“ fragt Gregor, nachdem er uns vorgestellt hat.
    „Sehr schlecht, gut dass du noch einmal vorbeikommst.
Es geht wohl zu Ende mit ihm.“
    Gregor winkt uns, zu folgen. Wir waten im tiefen
Sand durch einen kleinen Wald, hinter dem ein blaues, ziemlich verwittertes
Holzhaus steht.
    „Ich möchte euch Peter vorstellen. Früher war er
Geheimagent im Dienste einer Großmacht und auf wundervoll saubere Einbrüche
spezialisiert. Jetzt ist er nur noch ein netter Rentner, der seinen
wohlverdienten Ruhestand unter der Sonne genießt. Zumindest so lange, bis der
Krebs ihn ganz aufgefressen hat. Peter ist ein alter Freund von mir, und wirkliche
Freunde sind hier unten etwas Seltenes.“
    Wir betreten die schummrige Kühle des Holzhauses. An
der Decke dreht sich träge ein Ventilator, dessen Geräusch sich mit dem Knarren
der abgeschabten Dielen vermischt.
    „Wartet hier“, sagt Gregor, ich will erst allein mit
Peter reden.“
    Friday serviert Rumpunsch. Nach einer guten halben
Stunde ist Gregor wieder da und winkt uns zu folgen.
    „Bitte macht es kurz, Peter ist ziemlich schwach.“
    Unsere Augen haben sich inzwischen an die Dunkelheit
im Haus gewöhnt. Wir
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