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Der 7. Rabe (German Edition)

Der 7. Rabe (German Edition)

Titel: Der 7. Rabe (German Edition)
Autoren: Sandra Gernt , Sandra Busch
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in ihm wütete. „Warum?“ Er war sich nicht sicher, ob er diese schwerwiegendste aller Demütigungen überleben würde. Seltsamerweise glaubte er Farres, dass der es nicht aus Grausamkeit oder Gier nach seinem Fleisch tun wollte. Dafür verhielt sich der Wolf zu zögerlich, sein flackernder Blick, seine ganze Körpersprache verrieten, wie unangenehm ihm das alles war.
    „Ich muss dich markieren. Mit meinem Speichel und meinem Samen. Erst wenn ich dich gebissen und … und gefickt habe, gehörst du ganz und gar mir, sodass dich kein Wolf mehr ohne meine Erlaubnis anfassen darf.“
    „Wäre das nicht das Größte für euch? Gemeinschaftlich das Hühnchen rupfen und jede Menge Spaß dabei haben?“, fauchte Raj unbeherrscht. „Teilt das Rudel sonst nicht immer alles?“
    „Bleib leise, du Narr!“ Farres packte ihn hart am Nacken und zwang ihn auf diese Weise, sich ihm zuzuwenden. „Sämtliche Wölfe gieren nach deinem Blut, der Hass auf die Raben geht zu tief, um noch Raum für Ehre oder Menschlichkeit zu lassen. Nur die Gesetze des Rudels werden geachtet und bieten dir ein kleines bisschen Schutz. Wenn ich es nicht tue, wirst du in unserem Hort in Stücke gerissen!“
    „Warum interessiert dich das? Du wolltest auf meiner Leiche tanzen, weißt du noch?“, zischte Raj. Er brauchte die Wut. Sie allein lenkte ihn von der Panik und seinem gepeinigten Leib ab.
    „Du bist anders als die restliche Rabenbrut.“ In Farres’ grünen Augen schimmerte Staunen und etwas wie widerwillige Anerkennung. „Du warst nicht dabei, als das große Schlachten losging. Du hast keine Angriffe auf Wolfshorte geflogen und dabei Frauen und Kinder niedergemetzelt. Du hasst uns nicht.“
    Widerstrebend streckte er die freie Hand aus und strich über Rajs Wange. Der schüttelte heftig den Kopf, ungeachtet des Schmerzes und entzog sich ihm.
    „Ich weiß nichts von getöteten Kindern. Aus den Briefen meiner Brüder weiß ich lediglich, dass die Wölfe sinnlos über uns herfallen, seit Farouche an der Macht ist, und ohne Gnade jeden Raben umbringen.“
    Er starrte in die Augen des Wolfes, doch wie in der Nacht zuvor fehlte ihm die Kraft, das Duell zu gewinnen. Auf den Knien zu hocken, während die Fesseln seine Arme nach unten zwangen, überstieg bereits seine Kräfte. Gegen Farres war er körperlich in jeder Hinsicht unterlegen. Es gab kein Entkommen.
    „Nun mach schon!“, flüsterte er schließlich am ganzen Leib zitternd und senkte den Kopf so gut es ging, um seine Angst nicht zu zeigen. „Bringen wir es hinter uns.“
    „Ich werde dir den Knebel wieder anlegen“, erwiderte Farres zögerlich. „Ich zweifle nicht an deiner Tapferkeit, aber ich habe schon einmal den Fehler begangen, dich aus Mitleid zu schonen und dadurch alles nur noch schlimmer gemacht.“
    Raj knurrte widerstrebend seine Zustimmung. Wie wahnsinnig musste er sein, dass er freiwillig zu so etwas Ja sagte! Als Farres’ Hand allerdings mit dem Knebel vor seinem Gesicht auftauchte, zuckte er unwillkürlich zurück.
    „Warte … warte …“ Schwer atmend rang er um Fassung. Ach, was sollte er noch weiter um seine Ehre kämpfen? Die war ihm bereits vollständig genommen, er konnte seinen Stolz getrost hinterherwerfen und sich wenigstens eine kleine Gnade erbetteln.
    „Bitte mach mich los“, wisperte Raj. „Die Fesseln bringen mich um. Ich kann mich sowieso nicht wehren.“
    Mit einem seltsamen Ausdruck in den unirdisch grünen Augen folgte Farres dieser Bitte. Danach akzeptierte Raj demütig den Knebel, während er auf den Knien blieb und sich mit dem unverletzten Arm am Baumstamm vor ihm abstützte. Er zitterte, es kostete all seine Beherrschung, einigermaßen ruhig und aufrecht zu bleiben. Dem Feind den bloßen Rücken zuzuwenden. Zu wissen, was gleich folgen würde und es einfach nicht begreifen zu wollen. Die Schmerzen seines zerschundenen Körpers zu ertragen, ohne loszuweinen. Raj konnte kaum atmen vor Angst und die geprellten Rippen machten es nicht besser.
    Er fuhr unterdrückt schreiend zusammen, als Farres ihm den Arm wegzog, mit dem er sich stützte, und ihm half, sich mit dem Oberkörper auf den Boden zu legen, den Kopf auf seiner nassen Hose gebettet.
    Es atmete sich etwas leichter in dieser Haltung. Vermutlich würde es auch seine Verletzungen schonen, wenn er gleich durchgeschüttelt wurde.
    Oh Gott, bloß nicht darüber nachdenken! Raj war übel, ohne den Knebel würden seine Zähne vermutlich klappern und sein Herz hämmerte bis hoch zu den
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