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Depression! Wie helfen? - das Buch für Angehörige

Depression! Wie helfen? - das Buch für Angehörige

Titel: Depression! Wie helfen? - das Buch für Angehörige
Autoren: John P. Kummer Fritz Kamer
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wird oder ob Zeit verloren geht. Letzteres ist leider oft der Fall, wie wir immer wieder feststellen müssen.
    Persönlich habe ich beim Auftreten einer Depression – allerdings fast immer etwas zu spät – den Psychiater aufgesucht und das war sicher eine gute Lösung. Es hängt allerdings viel davon ab, ob eine gut funktionierende therapeutische Beziehung Arzt – Patient aufgebaut werden kann.
    Moderne Märtyrer: Modekrankheit Burnout
    Der Begriff »Burnout« wurde 1974 von einem Psychotherapeuten in den USA geprägt. Er bezeichnet sehr anschaulich einen körperlich-geistigen (und wohl auch seelischen) Zustand der Erschöpfung, der nach strenger, langanhaltender, ruhepausenarmer geistiger Arbeit eintreten kann. In den letzten 20 Jahren ist der Stress in der Arbeitswelt kontinuierlich gestiegen, was sehr oft zu Erschöpfungsdepressionen führt, besonders in den Führungsetagen von Firmen und Organisationen jeglicher Art.
    Nun ist meine Depression keine Krankheit, mit der man bei einem Cocktailempfang auf Bewunderung stößt. Das Opfer einer Herzattacke ist da besser dran, denn es hat sich für die Firma aufgeopfert und ist herzkrank geworden. Es verdient den Dank und sogar die Bewunderung der Firma und der Kollegen.
    Wenn jemand, der hart arbeitet, eine Depression erleidet, spricht man oft von mangelndem Willen und Einsatz, oder sogar von Charakterproblemen. Dagegen passt die Bezeichnung »Burnout« vorzüglich zum vorliegenden Zustand der Erschöpfung, Kraftlosigkeit und der Unfähigkeit, am Ball zu bleiben. Im Frühstadium eines Erschöpfungszustandes ist die Symptomatik des Burnouts gleich derjenigen einer leichten Erschöpfungsdepression. Ich bin überzeugt, dass sich ein Burnout in diesem Stadium durch eine Auszeit von etwa einem Monat heilen lässt.
    Wenn das Zustandsbild nach dieser Zeit immer noch dasselbe oder sogar schlechter geworden ist, muss jedoch von einer schweren Depressionskrankheit gesprochen werden. Also können die Kollegen annehmen, dass jemand, der erst nach vier Monaten an seinen Arbeitsplatz zurückkommt, an einer Depression erkrankt war.
    Was ist denn nun der Unterschied zwischen Burnout und Depression? Das kommt sehr auf die Betrachtungsweise an. Ein Burnout kann die Reaktion auf eine Arbeitsüberlastung sein. Sobald dieser Auslöser wegfällt, wird der darunter Leidende nach einer Erholungspause wieder funktionsfähig. Falls jemand aufgrund des biopsychosozialen Modells 1 zu Depressionen neigt, wird sich das Burnout mit einiger Wahrscheinlichkeit zu einer Depressionskrankheit entwickeln, die dann unter Umständen Monate dauert.
    Ich bin der Meinung, dass das Ersetzen des Begriffs »Depression« durch den schönfärberischen Begriff des »Burnout« dem Kampf gegen die Stigmatisierung der psychischen Krankheiten einen Bärendienst erweist. »Burnout« klingt modern. Man ist Opfer und nicht »verrückt«. Aber auch diese Bezeichnung leidet bereits unter dem Stigma, da sie als Zustandsbild einer psychischen Störung bezeichnet wird.
    Die Klassifikationssysteme DSM-IV (Diagnostic and Statistic Manual of Mental Disorders der American Psychiatric Association) und ICD-10 (International Classification of Diseases, WHO, 1978), die auch von der Psychiatrie international für die Bezeichnung psychischer Erkrankungen angewendet werden, führen Burnout (noch) nicht als Krankheit auf.
    Gewichte an den Füßen: Gewissensbisse
    Auch wenn es mir gut geht, habe ich im täglichen Leben mit Selbstvorwürfen zu kämpfen – wie (fast) jedermann. Man muss und kann mit ihnen umgehen, indem man sie auf der Soll-Seite seines persönlichen Kontos verbucht. Zum Glück gibt es auch die HabenSeite, auf der vermerkt ist, dass gute Verhältnisse zu anderen Menschen bestehen, dass Gefühle im Gleichgewicht sind, dass man mit sich und der Welt im Einklang leben kann. Vielleicht hat man da und dort sogar Gutschriften, aber da sollte man vorsichtig sein und sich nicht allzu sehr darauf verlassen. Geben und Nehmen spielen auch bei Gefühlen eine wichtige Rolle und tragen zum inneren Frieden bei.
    Ganz anders ist es beim Burnout oder in der Depression. Da brechen Gewissensqualen, Selbstvorwürfe, Schamgefühle wie eine Lawine über einen herein. Zuerst kommen die Ängste, dass man die Berge von Problemen einfach nicht mehr schaffen wird. Anfangs waren das ja keine Berge, sondern einige Arbeiten, die man zu erledigen hatte, sei es im Beruf oder auch im Privatleben, wo sich die Krankheit ebenfalls einnisten kann. Diese
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