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Denn niemand hört dein Rufen

Denn niemand hört dein Rufen

Titel: Denn niemand hört dein Rufen
Autoren: Mary Higgins Clark
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Zimmer tasteten und dann enttäuscht feststellen mussten, dass ihnen der große Fisch doch nicht ins Netz gegangen war.
    Müsste er sich keine Sorgen um Henry Links neugierigen Schwiegersohn machen, der wegen des Kombis vielleicht zur Polizei ging, hätte er eine Weile in diesem schäbigen Motel dreißig Meilen nördlich von Glen Rock ausharren können. Vergangene Nacht hatte er relativ gut geschlafen, er fühlte sich einigermaßen sicher. Der Besitzer, ein schlurfender Alter mit dicken Brillengläsern, würde ihn nie und nimmer mit dem Bild auf seinem kleinen Fernseher in Verbindung bringen.
    Aber was half das alles, wenn der Kombi gemeldet wurde und jeder Polizist im Umkreis von hundert Meilen nach ihm Ausschau hielt?
    Es blieb ihm immer noch die Möglichkeit, nach North Carolina zu fahren, wo er unter den unzähligen Neuankömmlingen, die sich dort niederließen, untertauchen könnte. Doch das Bedürfnis, zu Emily zurückzukehren,
war überwältigend. Er würde, beschloss er, noch eine Nacht hierbleiben, für die nächsten Tage im Voraus zahlen und den Kombi hier stehen lassen. Am Morgen wollte er den Bus nach Port Authority in New York nehmen und dann, nach Einbruch der Dunkelheit, einen weiteren nach Glen Rock.
    Er würde sich durch die Gärten der Gegend schleichen, und wenn er Glück hatte, würde sein Zweitschlüssel für das gemietete Haus noch passen. Er würde sich durch die Hintertür ins Haus schleichen und dort abwarten. Natürlich würde Emily bewacht werden. Er wusste, wie so etwas ablief. Natürlich dürfte sie die Schlösser ausgewechselt haben. Aber wenn sie Bess noch einmal in den Garten ließ, kurz bevor sie zu Bett ging, öffnete sie immer für ein, zwei Minuten die Tür.
    Klar, Bess würde bellen, wenn sie ihn sah. Aber er würde die kleinen Leckereien besorgen, die sie so sehr liebte, und ihr einige davon hinwerfen. Mehr Zeit brauchte er nicht, um sich Zutritt zum Haus zu verschaffen.
    Es war ein guter Plan.
    Und er wusste, er konnte ihn durchziehen.

77
    E mily fuhr umgehend nach Hause, nachdem sie das Büro des Bezirksstaatsanwalts verlassen hatte. Ich muss sehr sorgfältig vorgehen, dachte sie, und mir meiner sehr sicher sein. Ich werde sämtliche Berichte durchgehen, die Billy vor zweieinhalb Jahren mitgebracht hat, und sie Seite für Seite, Wort für Wort, mit der vollständigen Jamie-Evans-Akte vergleichen.
    Die Phantomzeichnungen unterscheiden sich grundlegend. Steve Murphy hat bestätigt, dass während der Ermittlungen im Fall Evans nur eine Zeichnung angefertigt worden ist – jene, die ich heute Morgen zu Gesicht bekommen habe. Welche Berichte hat Billy ebenfalls nicht mitgebracht? Was werde ich noch alles finden?
    Als sie in ihre Straße einbog, sah sie, dass Madeline Kirks Haus immer noch mit gelbem Absperrband umgeben war, vor Zachs Haus und ihrem eigenen aber war alles entfernt worden. Sie konnte es kaum erwarten, den neuen Mieter kennenzulernen. Egal, wer es war, er konnte nur besser sein als der letzte.
    Sie winkte dem Polizisten im Streifenwagen am Randstein zu und fand es, wie sie sich eingestand, äußerst beruhigend, ihn hier zu sehen. Der Schlosser und die Leute von der Alarmanlage sollten im Lauf des Tages bei ihr eintreffen. So hatte sie es am Tag zuvor ausgemacht, damit ihr vor deren Ankunft noch einige Stunden blieben, in denen
sie sich in aller Ruhe mit der Aldrich-Akte befassen konnte.
    Richards Anruf letzte Nacht hat alles über den Haufen geworfen, ging ihr durch den Kopf, als sie den Wagen abstellte und ausstieg. Vor dem Anruf hätte ich mir nie träumen lassen, dass ich heute Morgen in Ted Wesleys Büro erscheine und anschließend Gregg Aldrich auf Kaution freilasse. Und als ich nach New York fuhr, hätte ich mir ebenso wenig träumen lassen, dass mein Ermittlungsbeamter Indizien verschwinden lässt.
    Sie trat ins Haus und wurde stürmisch von Bess begrüßt. »Bell, so laut du willst, Bess«, sagte sie, als sie den kleinen Hund auf den Arm nahm. »Und nein, wir gehen nicht raus zu einem Spaziergang. Ich werde dich in den Garten lassen, das muss reichen.«
    Sie entriegelte die Verandatür und blieb auf den Stufen stehen, während Bess durch den Garten und das raschelnde Laub jagte. Der Tag hatte mit strahlendem Sonnenschein begonnen, jetzt aber war der Himmel bewölkt, und es lag Regen in der Luft.
    Emily wartete fünf Minuten, dann rief sie: »Willst du was Leckeres, Bess?« Der Trick funktionierte immer, dachte sie sich, als Bess bereitwillig ins Haus tollte.
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