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Denk doch, was du willst

Denk doch, was du willst

Titel: Denk doch, was du willst
Autoren: Thorsten Havener
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Ingo Nommsen für das ZDF einen Beitrag. In der Sequenz sollte ich zunächst eine Stecknadel finden, die im Botanischen Garten von München versteckt war. Danach sollte ich dann dem Moderator einen Trick zeigen, den er selbst später anwenden wollte. Ich entschied mich für die gerade erklärte Nummer. Was ich nicht bedacht hatte: Es war Winter. Fast alle Leute hatten Handschuhe an oder hatten so kalte Hände, dass die Handrücken sowieso knallrot waren. Dieser Tipp ging demnach komplett daneben.

Magie der Worte
    «Gerade Worte im – oder auch: womit gerade er.» Ein komischer Satz ist das, was soll der Wortsalat denn bedeuten? Ganz einfach, es geht mir an dieser Stelle nur darum, Ihnen zu zeigen, wie wir durch Wortdreher Bedeutungen verändern können. Plötzlich ist ein neuer Blickwinkel da. Dadurch ändert sich der Satz nicht wirklich, er signalisiert nur etwas völlig anderes. Genau das mache ich jetzt. Durch einen kleinen Dreh komme ich zur «Magie der Worte». Dafür muss in der Überschrift kein Buchstabe hinzugefügt oder weggenommen werden. Einfaches Umstellen genügt, und schon ist die Bedeutung eine andere. Die Welt ist das, wofür wir sie halten.
    Sprache schafft Bewusstsein, sie ist die Kleidung unserer Gedanken, und die macht schließlich Leute. Diese Erkenntnis ist bei weitem nicht neu. In George Orwells Roman «1984» schreibt etwa die politische Kaste eine offizielle Sprache vor. Der Staat bestimmt hier, was gedacht werden soll. Das ist Sprachbildung von oben par excellence. Und findet übrigens in gewisser Weise überall statt. Bei Begriffen wie «Menschen mit Migrationshintergrund», «Auszubildende» und «Farbige». Das sind solche Fälle.
    Sprache schafft Bewusstsein, macht Meinungen. Umfragen in verschiedenen Ländern zeigten das. Hier wurden Bürger in einer Studie zum Beispiel gebeten, die Eigenschaften eines Tischs zu beschreiben. Es ging um keinen konkreten Tisch, sondern einfach um den Gegenstand an sich. Das verblüffende Ergebnis: Die, in deren Sprache dasWort «Tisch» einen männlichen Artikel hatte – wie wir Deutschen   –, schrieben der Sache hauptsächlich männliche Eigenschaften zu wie «robust». Die Franzosen dagegen verbanden ihn mit eher weiblichen Attributen, entsprechend dem Artikel.
    Da ich Sprache studiert habe und davon lebe, Menschen mit Worten zu unterhalten und zu inspirieren, liegt sie mir sehr am Herzen. Gerade der Perspektivenwechsel, der damit gesteuert werden kann, hat’s mir angetan.
    Damit schafft man es beispielsweise auch, den wahren Wert einer Sache zu erkennen.
    Eine Geschichte, die das sehr schön zeigt, ist folgende: Auf einer abgelegenen Südseeinsel lauschte ein Schüler aufmerksam der Erzählung der Lehrerin, die gerade erklärte: «Die Geschenke, die wir uns manchmal machen, sollen uns an die Liebe erinnern. Mit Gaben zeigen die Menschen, dass sie sich lieben.» Am nächsten Tag schenkte der Junge seiner Lehrerin eine Muschel von ausgesuchter Schönheit. Nie zuvor hatte sie etwas Schöneres gesehen. «Wo hast du denn diese wunderschöne und kostbare Muschel gefunden?», fragte sie ihren Schüler. Der Junge erklärte, dass es nur eine einzige Stelle auf der anderen Seite der Insel gebe, an der man gelegentlich eine solche Muschel finden könne. Etwa zwanzig Kilometer entfernt sei diese versteckt liegende kleine Bucht zu finden. «Sie ist einfach zauberhaft», sagte die Lehrerin. «Ich werde sie mein Leben lang bewahren und dich deshalb nie vergessen. Aber du hättest nicht so weit laufen sollen, nur um mir ein Geschenk zu machen.» Mit leuchtenden Augen sagte der Junge: «Der lange Weg ist ein Teil des Geschenks.»
    Ist die Geschichte eines unbekannten Autors nicht berührendschön? Nachdem ich davon in einem Seminar erzählt hatte, meinte einer der Teilnehmer: «Das, was du im Leben bekommst, ist immer so wertvoll wie das Opfer, das du dafür gebracht hast.» So ist es. Die Uhr, die wir zum Abitur geschenkt bekommen, ist vielleicht billiger als die, die wir uns später leisten können, aber dennoch wertvoller.
    Perspektivenwechsel macht cool
    Wenn ich abends ins Badezimmer komme und ein verschnoddeltes Waschbecken mit Lillifee- und Käpt’n-Sharky-Zahnpastaresten inklusive verschmiertem Spiegel vorfinde – und das fand ich eine Zeitlang jeden Abend so vor   –, kann es sein, dass mich das ärgert. Heute kommt es nur noch selten vor. Nicht das Verschmiertsein, sondern das Ärgern. Ich denke mir heute nämlich: «Cool, die Kinder haben von
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